Verfassungsrecht im Fokus

Der Degenhart und Hillgruber/Goos als Duo

Michael Stern

Degenhart – Staatsrecht I:
Jedes Jahr – pünktlich zum Semesterbeginn – erscheint der Degenhart in Neuauflage. Studenten im Anfangssemester kommen an diesem Werk praktisch nicht vorbei. Es hat sich längst zu einer Institution im Staatsrecht entwickelt. Mittlerweile ist es in 32. Auflage erschienen. Und das Buch hat nicht nur in Deutschland seine Leser gefunden. Seit 2015 existiert sogar eine koreanische Ausgabe des Lehrbuches.
Der Aufbau gleicht dem typischen Aufbau aus der „Schwerpunkte Pflichtfach“-Reihe des C.F. Müller Verlages. Lehrbuch und Fallbuch werden in didaktischer Weise miteinander vereint. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf dem Lehrbuch, aber der Einsatz von Fällen sorgt dafür, dass Gelesenes überprüft und repetiert wird.
Gerade im Verfassungsrecht ist es für Studenten unabdingbar, dass sie sich auch mit den neuen Entwicklungen auseinander setzen. Die neuesten Urteile des Bundesverfassungsgerichtes sollten unbedingt durchgearbeitet werden. Nicht selten werden Klausuren anhand von neuen Urteilen erstellt oder zumindest inspiriert. Als beispielhaft mag das Urteil zum OMT-Programm der Europäischen Zentralbank angeführt werden, das den Studenten auch die immer stärker werdende Rolle der EU vor Augen führt.

Flankiert wird das Lehrbuch von zwei Fallbüchern, die ebenfalls aus der Feder Degenharts stammen: „Klausurenkurs im Staatsrecht I“, der die Zwischenprüfung abdeckt, und „Klausurenkurs im Staatsrecht II“, der auf die erste juristische Staatsprüfung vorbereitet. Mit diesem Komplettprogramm sollte es keine ungeklärte Frage im Verfassungsrecht mehr geben. Und für Studenten ist es sehr vorteilhaft, dass alle Werke von einem Autor stammen, so dass ein in sich stimmiges „Gesamtwerk“ entsteht, das zweifellos seinesgleichen sucht. Im Staatsorganisationsrecht ist der Degenhart unschlagbar und didaktisch nur zu empfehlen.

 
Hillgruber, Goos – Verfassungsprozessrecht:
Studenten sind im Allgemeinen sehr gut im Verwaltungsprozessrecht aufgestellt. Die einzelnen Klagearten und ihre Abgrenzung werden gut gekonnt und im Examen in der Summe auch zufriedenstellend gelöst. Allerdings sind im Verfassungsprozessrecht die Kenntnisse deutlich lückenhafter. Das mag daran liegen, dass in den ersten zwei Semestern Staatsorganisationsrecht und Grundrechte behandelt werden und Studenten erstmal eine gewisse Zeit brauchen, um sich in die juristische Prozess-Thematik einzudenken. Im dritten Semester kann man das allgemeine Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozessrecht besser einordnen und verstehen, als man das Verfassungsprozessrecht im ersten Semester erfassen kann. So verwundert es nicht, dass sich im Verfassungsprozessrecht Wissenslücken auftun, die der Hillgruber/ Goos zu schließen weiß. Die Gliederung des Werkes ergibt sich im Großen und Ganzen aus den Verfahren, die vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen werden. Hinzu kommen Kapitel über die Stellung des Bundesverfassungsgerichts, die Verfahrensgrundsätze und ein sehr lesenswertes Kapitel über das Verhältnis des Bundesverfassungsgerichts zu der europäischen Gerichtsbarkeit.
Studenten sollten die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Kompetenzstreitigkeiten, Normenkontrollen und Verfassungsbeschwerden fehlerfrei beherrschen. Gerade in der Klausursituation ist es absolut erforderlich, dass diese Punkte dem Kandidaten aus der Feder fließen, damit er Zeit spart und sich auf die Begründetheit konzentrieren kann. Die Kapitel enden mit einem Prüfungsschema des jeweiligen Verfahrens. Für Studenten, die diese Schemata zielgerichtet als Repetition einsetzen wollen, wäre es wünschenswert, dass die Schemata etwas mehr Informationen enthielten als nur den Titel des Gliederungspunktes. Vielleicht könnte diese Anregung in einer Neuauflage aufgegriffen werden.
Von diesem marginalen Kritikpunkt abgesehen, weiß der Hillgruber/ Goos zu überzeugen. Gerade Studenten, die das Verfassungsprozessrecht am Anfang des Studiums eher stiefmütterlich behandelt haben, werden mit diesem Werk examensfit gemacht und können nur profitieren. In Kombination mit dem Degenhart sollte jede Staatsrechtsklausur gemeistert werden.

 

Christoph Degenhart
Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht: Mit Bezügen zum Europarecht.
32., neu bearbeitete Auflage 2016, 389 S.
C.F. Müller
ISBN 978-3-8114-4165-1

Christian Hillgruber, Christoph Goos
Verfassungsprozessrecht
4., neu bearbeitete Auflage 2015 418 S.
C.F. Müller
ISBN 978-3-8114-9363-6

Veröffentlicht von on Jan 16th, 2017 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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