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eter Hoeltzenbein ist als Senior Asso-
ciate im Düsseldorfer Büro von Bird &
Bird im Bereich des deutschen und
europäischen Kartellrechts tätig. Er führt
Fusionskontrollverfahren durch und ver-
tritt Mandanten in Untersagungs- und
Bußgeldverfahren vor dem Bundeskartell-
amt und der Europäischen Kommission.
Darüber hinaus berät er bei der Gestaltung
von Vertriebssystemen und zum Technolo-
gietransfer. Das Spektrum meiner Tätig-
keit im Kartellrecht ist außerordentlich
groß, was nicht zuletzt mit der besonderen
Ausrichtung von Bird & Bird auf dem
Gebiet des gewerblichen Rechtschutzes zu
tun hat, sagt Hoeltzenbein. Was den
Schutz geistigen Eigentums angeht, ist
Bird & Bird einer, wenn nicht der
Marktführer in Europa. Viele der kartell-
rechtlichen Fälle weisen bei Hoeltzenbein
einen
Bezug
zum
Patentrecht
auf.
Patentpools, Zwangslizenz, Technologie-
transfer: Die Schnittstelle hin zum gewerb-
lichen Rechtsschutz ist momentan sicher-
lich einer der spannendsten Bereiche im
Kartellrecht.
Das Kartellrecht ist aber nicht nur juri-
stisch hoch anspruchsvoll. Über das juristi-
sche Rüstzeug hinaus ist dabei vor allem
die Fähigkeit gefordert, komplexe ökono-
mische Zusammenhänge verstehen zu
können. Kein Fall ist wie der andere. Wir
haben viel mit sehr fortschrittlichen Unter-
nehmen und innovativen Produkten zu
tun. Da muss man jedes Mal neu begrei-
fen, wie die Märkte funktionieren. Vor
allem muss man das hinterher auch
anschaulich und mit einfachen Worten
darstellen können. Das gehe nicht immer
ohne Ortsbesichtigung ab. Letztens ha-
ben wir einen Hersteller von Flugsimulato-
ren beraten. Die bauen nur Einzelstücke.
In diesem Fall hat es mir bei der Beratung
sehr geholfen, ein Gefühl für die enorme
Komplexität der Produkte und das Zusam-
menspiel mit den verschiedenen Zuliefe-
rern zu gewinnen. Die haben mir das dann
während eines Fluges im Simulator er-
klärt.
Kartellrechtler müssten häufig gegen
den Ruf ankämpfen, Bedenkenträger zu
sein, meint Hoeltzenbein. Bei komplexen
oder noch unklaren Sachverhalten sei es
oft nicht möglich, aus dem Stegreif klare
Antworten zu geben. Wenn ich unseren
Gesellschaftsrechtlern mitteilen muss, dass
sie ihren Deal so nicht durchziehen kön-
nen, muss ich das Problem in einer Weise
auf den Punkt bringen können, dass das
Problem auch für einen Nichtwettbe-
werbsrechtler ohne weiteres klar wird. Das
mache ein proaktives Vorgehen und die
fortlaufende Sensibilisierung der Kollegen
für kartellrechtliche Fallstricke erforderlich.
Stress könne allerdings entstehen, wenn
die kartellrechtliche Brisanz erst in einem
fortgeschrittenen Stadium einer Transak-
tion bemerkt werde oder aus anderen
Gründen ein besonderer Zeitdruck besteht.
In einem solchen Fall helfe es, einen guten
Draht zu den Fallbearbeitern bei den Wett-
bewerbsbehörden zu haben. Vor Ostern
hing ein Deal allein von einer kartellrecht-
lichen Rechtsfrage ab. Das Bundeskartell-
amt tat sich schwer darin, unserer Auffas-
sung
zu
folgen.
Wir
mussten
viel
Überzeugungsarbeit leisten, während der
Deal wegen der Verzögerung zu platzen
drohte. Gründonnerstag kam langsam
Bewegung in die Sache. Der Berichterstat-
ter blieb dann eigens für uns noch bis spät
in den Abend am Ball, nur um nach absch-
ließender Würdigung unserer Argumente
dann doch noch grünes Licht zu geben.
Das war alles andere als eine Selbstver-
ständlichkeit und hat uns allen stressfreie
Ostern ermöglicht.
Einen weiteren positiven Aspekt seiner
Arbeit nennt Hoeltzenbein, dass man beim
Kartellrecht häufig mit Anwälten anderer
Sozietäten zusammenarbeite. Bei einem
Unternehmenskauf, der Gründung eines
Gemeinschaftsunternehmens oder einer
Gestaltung einer Kooperation haben die
beteiligten
Unternehmen
und
deren
Anwälte in aller Regel ein gemeinsames
Interesse daran, dass die Sache rund läuft.
Dann versucht man, aufkommende Pro-
bleme auch gemeinsam zu lösen. Er habe
dabei viel aus der Zusammenarbeit und
dem professionellen Umgang mit anderen
Kartellrechtlern gelernt.
Der Werdegang von Peter Hoeltzenbein
ist von seiner Begeisterung für den Sport
geprägt. Während seines Studiums gehörte
Hoeltzenbein zu den besten Ruderern der
Welt, war Weltmeister im Deutschland-
Achter und gewann Silber bei den Olympi-
schen Spielen. Die meisten Hausarbeiten
habe ich in Trainingslagern irgendwo in
Italien und Australien geschrieben; für
Vorlesungen war neben dem Training
kaum Zeit. Dafür hat ihm der Sport erste
praktische Erfahrungen als Rechtsberater
und schließlich auch die Begeisterung für
das Kartellrecht eingebracht. Als in den
neunziger Jahren das strikte Werbeverbot
im Rudern fiel, nahmen wir Sportler die
Vermarktung selbst in die Hand. Viele
Rechtsfragen in der Sportvermarktung
waren damals noch völlig offen. Da mus-
sten wir uns einiges ausdenken. Über die
Sportvermarktung kam Hoeltzenbein auch
zu seinem ersten bedeutenden Fall im Kar-
tellrecht. Der internationale Ruderverband
beanspruchte damals Werberechte an Boo-
ten und Ruderern und Hoeltzenbein legte
eine Beschwerde wegen des Missbrauchs
einer den Markt beherrschenden Stellung
bei der Europäischen Kommission ein. Ich
war damals noch nicht einmal Referendar;
da war das schon eine irre Sache, als wir
dann nach Brüssel zu Verhandlungen mit
der Kommission gefahren sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich
Hoeltzenbein nicht vorstellen können,
als Wirtschaftsanwalt zu einer der großen
Law Firms zu gehen. Ich hatte so meine
Bedenken, ob ich mich in einem solchen
Laden wohl fühlen könnte. Mir war
wichtig, nicht in eine Tretmühle zu kom-
men, in der ich dann den ganzen Tag
nichts anderes tue, als Anlagen für Fusi-
onsanmeldungen
zusammenzustellen.
Bird & Bird habe er dann auch mit Bedacht
ausgewählt. Schon allein bei dem Namen
hatte ich ein gutes Gefühl. Bird & Bird
war gerade neu in Deutschland und ich
war
quasi
von
Anfang
an
dabei.
Bei Bird & Bird sei sein Spektrum, ins-
besondere am Anfang, viel breiter ge-
wesen. Ich konnte schneller Verantwor-
tung übernehmen als das anderswo der
Fall gewesen wäre. Und nicht ohne Stolz
fügt er hinzu: Auch im Sportrecht sind
wir in Deutschland mittlerweile eine aner-
kannte Nummer.
Titel
8
justament april 2005
Kartellrechtler: keine Bedenkenträger
justament-Gespräch mit Bird & Bird-Anwalt Peter Hoeltzenbein
Peter Hoeltzenbein
ist Rechtsanwalt und als
Senior Associate im Düssel-
dorfer Büro von Bird & Bird
auf dem Gebiet des deutschen
und europäischen Kartell-
rechts tätig. Er führt Fusions-
kontrollverfahren durch und
vertritt Mandanten vor dem
Bundeskartellamt und der
Europäischen Kommission.