Der Generationenwechsel des „Hachenburg“ zum „Ulmer, Habersack und Winter“ ist geglückt
Patrick Mensel
Er ist das dritte Glied in dem Mammut-Projekt eines Großkommentars zum GmbHG aus dem Hause Mohr Siebeck: Der dritte Band, der die §§ 53-87 umfasst, vervollständigt die Reihe, die von Peter Ulmer, Matias Habersack und Martin Winter herausgegeben wird. Die Anzahl der Bearbeiter beläuft sich auf 15, wobei ungefähr die Hälfte von ihnen Professoren, die andere Hälfte Rechtsanwälte und / oder Notare sind. Manch einer mag den Erscheinungszeitpunkt des dritten Bandes als unpassend ansehen. Die Erläuterungen befinden sich auf dem Stand von Anfang 2008, so dass das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) natürlich noch einige Veränderungen im Kommentar nach sich ziehen könnte. Die Verfasser lösten das Problem geschickt, indem neben dem geltenden Gesetzestext mögliche Änderungen des Regierungsentwurfes kursiv abgedruckt werden. Aus Ex-ante-Sicht ist diese Vorgehensweise mehr als legitim. Wie die Herausgeber im Vorwort unterstreichen, wollten sie die Veröffentlichung des Dritten Bandes nicht durch das zähe Gesetzgebungsverfahren verschleppen, zumal das derzeit geltende Recht die GmbH ohnehin noch auf lange Sicht prägen wird.
Die Kommentierung zu § 53, der Zentralvorschrift des GmbHG für Gesellschaftsvertragsänderungen nach erfolgter Eintragung in das Handelsregister, wird von Ulmer vorgenommen. Der Rechtscharakter des Gesellschaftsvertrages wird genauer unter die Lupe genommen. Die Abgrenzung zwischen Satzungsbestimmungen und schuldrechtlichen Nebenabreden wird klar und präzise durchgeführt. Seine Ausführungen zu den Satzungsdurchbrechungen setzen neue Maßstäbe und werden Literatur und Rechtsprechung sicher neue Denkanstöße liefern.
Im Anhang zu § 77 ist ein längerer Exkurs über das GmbH-Konzernrecht durch Casper zu finden. Das Kapitel „Haftung aus existenzvernichtendem Eingriff“ geht auf die Entwicklung der Rechtsprechung ein, wobei die Grundsatzurteile (KBV und Trihotel) genau analysiert werden. Der BGH hat hier die Haftungsvoraussetzungen neu formuliert bzw. aufgestellt. An dieser Stelle wird die praxisrelevante Bedeutung des Themas besonders deutlich, vor allem was die Auswirkungen der Innen- und Außenhaftung betrifft.
Auch die Strafvorschriften im 6. Abschnitt (§§ 82, 84, 85) werden gekonnt kommentiert. Die Falschangabetatbestände des § 82, die bereits im Vorfeld des Betruges eine Strafbarkeit begründen können, werden ausführlich erläutert. Die dabei bestehenden Probleme zu § 263 – Beweisprobleme und Erwägungen praktischer Art aus Sicht der Staatsanwaltschaft – werden umfassend aufgezeigt. Auch aufgehobene Straftaten wie die gesellschaftsrechtliche Untreue werden erläutert und ihre Entwicklung wird aufgezeigt, wie die zu § 266 StGb, dessen Täterkreis jeden mit einer Vermögensbetreuungspflicht umfasst und nicht nur bestimmte Personen. Das Verhältnis von Vermögens- und Wirtschaftsstrafrecht, die Probleme von Sonderdelikten rund um Täterschaft und Teilnahme sowie die Vorbereitung der Verteidigung von Angeklagten machen diesen Teil des Kommentars überaus wertvoll.
Die Gestaltung des Kommentars kann nur als gelungen angesehen werden. Jeder Norm folgen eine ausführliche Inhaltsübersicht und ein umfangreicher Literaturverweis. Die eigentliche Kommentierung wirkt auch über lange Leseabschnitte nicht ermüdend. Dazu trägt der große Zeilenabstand maßgeblich bei – ein Umstand, den man in anderen Kommentaren leider oftmals vermisst.
Der Großkommentar wird höchsten Ansprüchen gerecht. Der Generationenwechsel des „Hachenburg“ zum „Ulmer, Habersack und Winter“ hat sich überaus erfolgreich vollzogen. Es ist eine Reihe mit Zukunft und jeder einzelne Band ein verlässlicher Wegbegleiter durch das GmbHG.
Peter Ulmer, Mathias Habersack, Martin Winter (Hrsg.)
GmbHG Großkommentar
Band III (§§ 53 – 87)
Mohr Siebeck, Tübingen 2008, 1.414 Seiten, 219,- €
ISBN 978-3-16-149279-2