Liebes Tagebuch,

weißt du eigentlich, was der Jura-Look ist? Tja, als den Jura-Look bezeichnet man weitläufig das typische Aussehen von Juristen bzw. Juristen-Anwärtern. So kommt es vor, dass man Jura-Studenten an ihren Outfits erkennt. Das hört sich vielleicht ein wenig gaga an, dass man an der Kleidung von jemandem garantiert nicht erkennen kann, ob er Jura studiert. Aber das habe ich mit Freunden vor der Mensa schon einige Male getestet und in acht von zehn Fällen lagen wir richtig. Die, bei denen wir falsch lagen, waren BWL-Studenten. Ja, auch die haben ihren ganz eigenen Look, der dem der Juristen zwar ein wenig ähnelt, aber dennoch etwas anders ist. Die typische Jura-Studentin trägt am liebsten Perlen-Ohrringe, eine Barbour Jacke und schicke Schuhe. Den Jura-Studenten kann man in den Anfangssemestern leicht mit einem Assistenten verwechselt, weil er oft schon für den Besuch an der Universität in seinen Anzug schlüpft. Da würde mich interessieren, wie diese Herren überhaupt an ihre Anzüge kommen. – Juhuu, ich habe eine Zusage für das Jura-Studium, jetzt muss ich mir ein paar Lehrbücher und Anzüge kaufen. – Oder handelt es sich bei diesen um einen Schlag von Leuten, die schon zu Schulzeiten gerne Anzüge getragen haben?
Na ja, die meisten Jura-Studenten bleiben ihrem Look auch im Referendariat treu. Obwohl Juristen mit ständigen Gesetzesänderungen klar kommen müssen, so scheuen sie Änderungen, wenn es um ihr Aussehen geht. Also trägt man die gleiche Barbour Jacke mit den gleichen Perlenohrringen im Referendariat. Keine Spur von Pep oder eigener Individualität. Dabei würden  ein paar ausgefallen Riesen-Kreolen aus Ghetto-Gold sicherlich auch ganz gut zum Barbour Jäckchen passen.
Ich glaube, ich bin die einzige in meinem Jahrgang im Referendariat, die Turnschuhe trägt, und habe prompt im Plädierkurs den Hinweis bekommen, dass ich mit ordentlichem Schuhwerk in die Gerichtsverhandlung solle. Das ist mir auch klar! Die haben doch tatsächlich angenommen, dass eine, die sich traut, im Unterricht Turnschuhe zu tragen, dies auch vor Gericht machen wird. Eine, die halt nicht weiß, was sich gehört. Tja, ich habe auf den Hinweis hin trotzig reagiert und geantwortet „Das ist mir auch klar“ und prompt weitere strafende Blicke geerntet. Das wäre mir mit dem Juristen-Look sicherlich nicht passiert, aber das ist mir mittlerweile egal.
Aber ich muss dir gestehen, es gab mal eine Zeit, in der mir das überhaupt nicht egal war. Ich versuchte mich damals auch dem typischen Juristen-Look zu nähern, weil ich nicht mehr aus dem Rahmen fallen wollte. Also trug ich, ich wage es kaum zu sagen, auch Perlenohrringe und vom Rest möchte ich gar nicht sprechen. Genau genommen waren es ja nicht mal echte Perlen. Aber diese Phase habe ich glücklicherweise überstanden. Irgendwann war ich selbstbewusst genug, das zu tragen, worauf ich Lust habe, und mich nicht mehr wegen anderen zu verbiegen. Daher rate ich jedem: Seid und präsentiert euch so, wie ihr auch tatsächlich seid, und verstellt euch nicht. Damit kommt man im Leben immer am weitesten!

Deine Pinar

Veröffentlicht von on Apr 30th, 2009 und gespeichert unter LIEBES TAGEBUCH, PINAR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

10 Antworten for “Liebes Tagebuch,”

  1. Johannis Kraut sagt:

    Pinar, wir lieben dich!

  2. Kathrin sagt:

    Dem kann ich nur zustimmen. Während meins Jura-Studiums haben sich so viele Kommilitonen in Jura-Mäuschen verwandelt. dass es zum gruseln war. Ich hab da nie mitgemacht und werde das auch jetzt im Ref nicht tun.

    Es lebe der Sportschuh!!!!

  3. Paula Perle sagt:

    Falsche Perlen garantieren noch lange keinen gelungenen Stil. Dieser zeigt sich darin, ob man sich dem Anlass entsprechend kleidet, also die Turnschuhe zum Turnen und die Robe zum Gerichtstermin, nicht umgekehrt und nicht im Cocktailkleid zum Elternabend. Das erfordert etwas Übung, manche scheinen damit aber wohl eher überfordert zu sein oder imitieren einfach die Masse.
    Schade, denn man erweist mit der angemessenen Kleidung seinem Gegenüber Respekt . Oder wer möchte schon, dass seine Partygäste im Morgenmantel aufkreuzen?

  4. Florian sagt:

    Habe früher in Augsburg studiert, als die Jura-Fakultät noch nicht auf dem Uni-Campus war, sondern in einem ehemaligen Fabrikgebäude außerhalb. Dies teilten wir mit den Physikern und ich muss sagen, dass diese Kombination einfach herrlich war! Die Physiker waren übrigens an den Wollsocken und abgewetzten Jeans zu erkennen.

    Was mir beim Thema krampfhafter Dress-Code auch noch einfällt sind bei Opern-Besuche (jaja, da möchten sich doch viele auch in Schale schmeißen) die Unmengen an falsch gebundenen Krawatten, farblich schockierenden Kombinationationen zwischen Hose, Hemd und Krawatte, peinliche Mickey-Mouse-Motiven auf den Krawatten oder der gute, alte Sakko aus den 70ern. Dabei ist Fasching doch immer nur im Februar…

  5. Anna sagt:

    Es hat mich gefreut, dass sich Pinar mit diesem Thema befasst hat. Endlich hat sich jemand gewagt, den Jura- Look zu kritisieren. Ich dachte schon, dass sei noch eine „heilige Kuh“.
    Ich selber bin Rechtsreferendarin in Hessen. Da sind wohl die Richter und Staatsanwälte viel lockerer, was die Bekleidung angeht. An dieser Stelle muss man auch sagen, Turnschuhe können teuerer sein als manch anderes Schuhwerk. Jeder soll wohl selbst für sich entscheiden, was und zu welchen Anlässen am besten passt. Heutzutage ist es sogar an einigen Gerichten üblich, dass die Rechtsanwälte keine Robe tragen. Was soll dann so schlimm an den Sportschuhe im Unterricht sein?!.
    Freue mich auf die nächste Justament- Ausgabe.

  6. Jaroslawa sagt:

    Pinar hat ein interessantes Thema aufgegriffen. Ich habe auch gerne meine Mitstudenten und ihren Klaidungsstil beobachtet. Ich kann nur dem zustimmen, was ich bei Pinar gelesen habe. An manch einer Uni sind sogar Halstücher bei den Jura-Studentinnen verbreitet (Möchte an dieser Stelle den Namen der Uni verschweigen).
    Ob echte oder falsche Perlen, es ist mir egal. Ich persönlich mag Perlenohrringe….egal was andere sagen. Sie sind klassisch und passen zu allem. Nun ja und mit Turnschuhen sollte man wirklich nicht in den Gericchtssaal; ob sie auh beim Unterricht nichts zu suchen haben, hängt davon ab, wo der Unterricht stattfindet( falls bei Gericht, dann eben nicht——ich weiß es nicht). Vielleicht ist dies genauso wichtig wie die Frage, ob Anwälteunbedingt eine weiße Krawatte beim Prozeß tragen müssen oder nicht und falls ja, ob man denjenigen des Saales „verbannen“darf…..

  7. Stanislava sagt:

    Hallo Pinar,

    um ehrlich zu sein….Jura-Studenten kann man echt von Kilometerweite an den Keidern, Schuhe und sogar an den Schals erkennen. Ich stand einmal am Bismarckplatz und habe auf eine Freundin gewartet, da sind plötzlich zwei Jungs vor mir vorbeigelaufen…mein erster Gedanke – Jura-Studenten. Sie waren echt so angezogen, dass sie nicht zu verwechseln waren :). Nicht desto trotz denke ich, dass man selbstverständlich seinem Stil treu bleiben muss und das tragen muss womit man sich am besten identifizieren kann und mit dem man sich von allen anderen Menschen auszeichnet, aber ich denke auch, dass es Plätze gibt, wo einer nicht bloss in Jeans, gestricktem Pullover und Sportshuhe auftauchen kann. Ich empfinde dieses Jura-Style eher als eine Tradition und ehrlich gesagt, gegen der Tradition kann man alleine nur schwer kämpfen…

  8. Natascha sagt:

    Ich möchte ein paar Bemerkungen machen, die eigentlich den Kleidungsstil aller deutschen Studenten betreffen. Wenn wir Besuch aus Russland haben, dann sind alle wirklich geschockt, dass die deutschen Studenten sich so schnell anziehen. In Russland ist es fast das Wichtigste, insbesondere für Studenntinnen, sich so schick und modern wie möglich zu kleiden. Warum eigentlich spielt die Kleidung in Deutschland so eine untergeordnete Rolle?

  9. Vera sagt:

    Ich selber habe in Regensburg Jura studiert und kenne den Jura Look natürlich auch. Uniform: Poloshirt, Perlenkette und Ohrringe, bei Mädchen Pferdeschwanz obligatorisch. Gerade Mädchen scheinen sich nach einer Uniformität zu sehnen!
    Natürlich tragen auch viele gerade von diesen Leuten Sportschuhe in der Uni. Ich kann mich noch sehr gut an das Jahr 2004 erinnern als plötzlich alle die gleichen Turnschuhe mit einem kleinen Raubtier drauf hatten. Oder die FlipFlop-Saison mit dem gleichen kleinen Tier drauf. Manche Mädels hatten die in allen Farben (oder haben munter in ihrer Mädelsclique durchgetauscht ?)
    Ich habe aber durch befreundete Mediziner schon gelernt, dass es bei denen genauso zugeht.
    Vielleicht gibt es aber noch einen Ort, an dem das mit der Jura-Uniform nicht so ist: Potsdam.
    Eine gute Freundin von mir hat dort studiert und als sie dann nach Regensburg wechselte war sie sehr erstaunt über die überall gleich aussehenden Mädels in Viergruppen, von denen immer drei ganz gut aussahen aber der vierten der Look (Pony, weißer Rock etc. was immer gerade modern ist-Jurastudentinnen wissen es) einfach überhaupt nicht stand.

  10. Alex sagt:

    Pinar, du sprichst mir aus der Seele! Mir ist allerdings aufgefallen, dass es an der Uni meistens nur ein bestimmter Studententyp ist, der im Jura-Look aufschlägt: Ehrgeizig, arrogant und aus wohlhabenden Verhältnissen stammend. Gerade weil ich gegenüber diesem Typ eine Abneigung entwickelt habe und mich von dieser Haltung distanzieren möchte, laufe ich sowohl an der Uni (als Wiss. Mitarbeiter) als auch im Referendariat möglichst leger rum. Ich hatte allerdings auch den EIndruck, dass dies meinen AG-Leitern im Referendariat nicht besonders gefallen hat, aber dazu kann ich stehen.

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