Der Kommentar zum Kündigungsschutzgesetz von Thüsing/Laux/Lembke
Jens Jenau
Der Praxiskommentar „Kündigungsschutzgesetz“ von Thüsing/Laux/Lembke offenbart nach einem kurzen Blick in das Inhaltsverzeichnis, dass er weit mehr bietet, als nur eine Kommentierung des wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetzes, des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Die Autoren widmen sich in ihren Ausführungen darüber hinaus den angrenzenden Gesetzen mit kündigungsrelevanten Vorschriften aus dem BGB, BetrVG, GG, BEEG, BBiG, MuSchG, PflegeZG, BDSG, SGB IX, TzBfG, InsO sowie den sozialversicherungsrechtlichen Problemen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, die im SGB III behandelt sind.
Herausgeber sind die bekannten Arbeitsrechtler Prof. Dr. Gregor Thüsing (Universität Bonn), Dr. Helga Laux, Richterin am BAG und Rechtsanwalt Dr. Mark Lembke, LL.M. (Cornell). Sie versammeln 14 erfahrene Arbeitsrechtler aus Richterschaft, Anwaltschaft und Wissenschaft um sich.
Ausweislich des Vorworts zielt der Kommentar darauf ab, sowohl Beratern als auch dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer schon im Vorfeld in den Stand zu versetzen, was möglich ist und was nicht. Es werden die Spielräume und die Grenzen einer einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber herausgearbeitet und wie und mit welchen Erfolgsaussichten sich der Arbeitnehmer natürlich dagegen zur Wehr setzen kann. Dazu kommentiert das Autorenteam nicht nur die materiellen und formellen Vorschriften des KSchG umfassend und praxisnah, sondern wendet sich ausführlich den kündigungs- und sozialversicherungsrechtlichen Normen anderer Gesetze zu, die bei Streitfällen rund um das Thema Kündigungen notwendiger Weise zu beachten sind.
Besonders nützlich ist, dass sich die Erläuterungen an der höchstrichterlichen Rechtsprechung des EuGH, des BAG oder des BSG anlehnen. Für den Praktiker wertvoll sind die vielfältigen praktischen Hinweise auf mögliche Vorgehensweisen oder Gestaltungsmöglichkeiten, Beispiele, Musterformulierungen (z.B. von Anträgen) und Übersichten, so dass die konkrete Umsetzung der Vorschriften in die Praxis ein Leichtes ist.
Der geneigte Nutzer des aktuellen Praxiskommentars erkennt schnell, dass sich mit diesem sämtliche Fragen aus dem Bereich des Kündigungsschutzrechts beantworten lassen. In der aktuellen Auflage sind bereits die neue Rechtsprechung des EuGH zur Kündigung wegen Krankheit, die Relevanz des AGG bei Kündigungssachverhalten, die europarechtskonforme Auslegung von kündigungsrechtlichen Vorschriften (z.B. §§17 ff. KSchG, § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB), die Zulässigkeit von Altersgruppen in der Sozialauswahl, die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu Bagatell- und Massenentlassungen sowie die Rechtsprechung zur Leiharbeit eingepflegt.
Aufmachung und Aufbau des Werks gefallen. Die Ausführungen haben ein übersichtliches Druckbild. In dem fünfteiligen Werk ist zunächst der Text des KSchG abgedruckt, dem sich Thüsings aufschlussreiche Einleitung anschließt, bevor die Kommentierungen der KSchG-Vorschriften in Teil drei und der weiteren Vorschriften zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (4. Teil) folgen. Teil fünf widmet sich den sozialversicherungsrechtlichen Problemen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sämtliche Kommentierungen sind zur Erleichterung der gezielten Suche mit fettgedruckten Schlagworten durchzogen. Der Fußnotenapparat ist nicht überfrachtet. Den ausführlichen Kommentierungen sind die jeweils zu erläuternde Norm sowie eine zumeist detaillierte Gliederung vorangestellt.
Eine schöne Besonderheit des Verlags ist, dass das komplette Kommentarwerk von der Internetseite www.haufe.de/eBook mittels Buchcode (siehe Einband) als pdf-Datei (7MB) oder epub (=electronic publication)-Datei (1MB) für den PC oder mobile Lesegeräte herunter zu laden ist. Über das verlinkte Inhaltsverzeichnis ist der schnelle Zugriff auf das entsprechende Kapitel möglich.
Hervorzuheben sind Liebschers Ausführungen zur verhaltensbedingten Kündigung, in der sie zum Beispiel die Arten Tatkündigung, Verdachtskündigung und Druckkündigung erläutert, bevor sie die Abgrenzung zur außerordentlichen Kündigung vollzieht. Danach wendet sie sich den Voraussetzungen mit dem pflichtwidrigen Verhalten, Rechtfertigungsgründen und Verschulden zu. Im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, die Abmahnung mit ihren Voraussetzungen und die Gleichartigkeit weiterer Vertragsverletzungen thematisiert. Innerhalb der Interessenabwägung bearbeitet sie Kriterien zugunsten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers sowie sonstige Kriterien. Den Ausführungen zum gerichtlichen Verfahren folgen die alphabetischen Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung. Auffällig ist auch die äußerst umfangreiche Auseinandersetzung Thüsings mit der Sozialauswahl. Die Prüfungsstufen bei der Sozialauswahl hält er in einem Schaubild fest. Er beleuchtet die in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer, deren Vergleichbarkeit, die Sozialauswahlkriterien, die Ausnahmen von der Sozialauswahl, den Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers bis zur Darlegungs- und Beweislast. Auf die Auswirkungen der europarechtlichen Diskriminierungsregeln sowie deren innerstaatlichen Umsetzung durch das AGG geht er dabei auch ein. Ferner setzt er zur Veranschaulichung verschiedene Punkteschemata ein. Darüber hinaus verdienen die Kommentierungen der in Teil 5 platzierten sozialrechtlichen Probleme besondere Erwähnung. Eingängig bereitet Ricken die verschiedenen Ruhens- und Sperrzeitfragen (z.B. die Rechte und Pflichten der Ausbildungs- und Arbeitssuchenden, das Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung sowie bei Entlassungsentschädigung) auf.
Fazit: Der aktuelle Praxiskommentar „Kündigungsschutzgesetz“ bietet eine verständliche und praxisorientierte Aufbereitung des gesamten Kündigungsschutzrechts, so dass der Nutzer ohne weiteres die sich täglich in der Beratung stellenden kündigungsrechtlichen Fragen lösen kann. Dies ist dem zwischen Praktikern und Wissenschaftlern ausgewogenen Autorenteam mit großer Erfahrung auf diesem komplizierten und erheblich von der Rechtsprechung geprägten Gebiet zu verdanken. Aus meiner Sicht ist das Werk uneingeschränkt zu empfehlen, da es hier gelingt, in den Kommentar auch die Vorzüge eines Handbuchs einfließen zu lassen.
Kündigungsschutzgesetz
Thüsing/Laux/Lembke (Hrsg.),
3. Aufl. 2014, 1.316 S., 98,00 EUR,
Verlag Haufe-Lexware
ISBN: 978-3-648-05014-9