Im Doppelpack

Phillip Boa and the Voodooclub bringen ihr neues Album „Fresco“ nur als Beimischung zur Best-of-Singles-Compilation „Blank Expression“ heraus

Thomas Claer

Fragwürdig, sehr fragwürdig, diese Veröffentlichungspolitik! Da erscheint „Fresco“, die neue Phillip Boa-Platte, lediglich als Zugabe in der „Deluxe Edition“ von „Blank Expression“, der inzwischen – je nach Zählweise – dritten oder vierten oder fünften Greatest Hits-Sammlung der einstigen Indie-Pioniere. Sollte das neue Werk so schwach sein, dass hier von einer selbständigen Veröffentlichung abgesehen und stattdessen nur zum wiederholten Male die gute alte Zeit beweihräuchert wird?
Hört man dann aber mal rein in diesen auch optisch und haptisch sehr ansprechenden Doppelpack, so ist man schnell wieder versöhnlich gestimmt. Nicht weniger als 19 Höhepunkte aus dreißig Jahren versammelt CD Nr. 1. Und besonders zu erwähnen ist dabei, dass so großartige Songs wie „Diana“, „Punch & Judy-Club“, „Faking to Blend in“ oder „Sunny When It Rains“, um nur einige zu nennen, gar keine Berücksichtigung fanden, ganz einfach, weil es mittlerweile längst so viele überragende Boa-Klassiker gibt, dass man leicht mehrere Best-of-CDs mit ihnen hätte füllen können. Besonders gefallen hat mir neben dem Albumtitel „Blank Expression“, der auf die erste frühe Boa-Compilation „Thirty Years of Blank Expression“ aus den Achtzigern anspielt, die noch wenig bekannte Akustik-Version von „Deep in Velvet“ mit Cello und Banjo vom wunderbaren „Reduced!“-Album von vor drei Jahren, das ich mir aus diesem Anlass dann auch endlich einmal zugelegt habe… Kurz, diese Sammlung dokumentiert den hohen Rang, den sich Phillip Boa & the Voodooclub über die Jahre erarbeitet haben, in denen sie auch nach manchem schwächeren Album, vor allem in den Neunzigern und Nullern, immer wieder zur alten Größe zurückgefunden haben. Bester Beweis für Letzteres ist der vorzügliche neue Song „Twisted Star“ von der beiliegenden Fresco-CD. Und obwohl man auf ihr weitere Kracher dieses Kalibers vergeblich sucht, muss sie sich insgesamt doch keineswegs verstecken. Mit ihren teils melancholischen und ruhigeren Stücken und ohne die sonst gelegentlichen bombastischen Verirrungen überzeugt sie mehr im Unspektakulären. Das Urteil lautet: gut (15 Punkte) für die Best-of-CD und voll befriedigend (10 Punkte) für Fresco.

Phillip Boa & the Voodooclub / Blank Expression: Deluxe Edition
Doppel-CD. Best of-Album + New Album
Vertigo Berlin (Universal Music) 2016
ASIN: B01KN53FOE

Veröffentlicht von on März 13th, 2017 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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