Tucholsky lässt grüßen

Das „Steuer-Set für Vermieter“ von der Stiftung Warentest im Praxistest

Rüdiger Rath

Da ist man also seit mittlerweile 18 Jahren Wohnungseigentümer und darüber hinaus auch seit zwölfeinhalb Jahren Vermieter – anfangs nur weniger Einheiten, doch dann kamen mit der Zeit noch mehrere weitere hinzu. Die jährliche Steuererklärung nimmt bei mir dementsprechend allein ca. vier bis fünf volle Arbeitstage in Anspruch. Es ist für mich, wie ich immer sage, die anstrengendste Woche des Jahres. Aber ich muss zugeben, dass es mir auch großen Spaß macht. Nach und nach habe ich mir alle erforderlichen Kenntnisse dafür angeeignet und, so glaubte ich zumindest bisher, auch alle erdenklichen Tricks und Kniffe. Doch musste ich nun bei der Lektüre des von der Stiftung Warentest herausgegebenen „Steuer-Sets für Vermieter“ immer wieder an das schöne Diktum von Kurt Tucholsky denken: „Traue keinem, der sagt, er mache dieses oder jenes schon seit 20 Jahren so. Man kann etwas auch 20 Jahre lang falsch machen.“ An einigen Stellen kam mir sogar der Gedanke, ich sollte hier besser aufhören weiterzulesen und mich lieber dumm stellen, denn so einiges, was ich seit Jahren tue, müsste ich genaugenommen ein wenig anders machen. Andererseits zeigt jedoch der Umstand, dass ich damit bisher immer anstandslos durchgekommen bin, dass es offenbar doch eine gewisse Toleranzzone für das Finanzamt bei der Bearbeitung der Steuererklärungen gibt…

Jedenfalls gibt es in den sieben Kapiteln auf 144 Seiten doch so manches, das ich entweder noch nicht kannte oder zumindest bisher nicht auf dem Schirm hatte. Ganz überwiegend aber auch zu recht, da es für mich kaum relevant war und ist: Auch Ausgaben für Fachliteratur, für Vermietungs-Software oder für Beiträge zu Vermieterverbänden lassen sich als Werbungskosten absetzen. Na gut, aber das lohnt sich für mich nun wirklich nicht. Wenn man zu Eigentümerversammlungen in andere Städte reist, kann man nicht nur die Fahrtkosten absetzen, sondern auch Übernachtungskosten und sogar „Verpflegungspauschbeträge“. Nein, deshalb werde ich bestimmt nicht in teure Hotels oder Restaurants gehen, um mir dann ein paar Euro davon wieder zurückzuholen. Und das ohnehin vorhandene Deutschlandticket anteilig für die Fahrt zur Versammlung abzusetzen, das liefe nun wirklich auf Pfennigfuchserei hinaus.

Doch es gab bei der Lektüre auch wertvolle Aha-Effekte für mich: Wenn man erforderliche Belege für Ausgaben oder Anschaffungen verloren hat, darf man stattdessen sogenannte „Eigenbelege“ erstellen. Genial, das hatte ich noch nie gehört. Noch besser ist, dass die Home-Office-Pauschale von immerhin 6 Euro täglich grundsätzlich auch für Vermieter gilt. Auf diese Idee wäre ich von allein bestimmt nicht gekommen. Man darf es damit nur nicht übertreiben, denn wenn man zu viele „Arbeitstage“ für die Vermietung seiner Objekte angibt, wird man am Ende womöglich noch als „gewerblich“ eingestuft, was auf keinen Fall passieren darf, da dann noch Gewerbesteuern fällig würden. Überhaupt sollte man, wenn man schon eine Reihe an Objekten besitzt und davon überwiegend seinen Lebensunterhalt bestreitet, die drohende „Gewerblichkeit“ genau im Auge behalten. Doch leider gibt es hierfür keine festen Grenzwerte, und dieser ansonsten so brauchbare Ratgeber bleibt in diesem Punkt genauso vage wie alle sonstigen Quellen, die ich bislang zu dieser Frage herangezogen habe…

Gehofft hatte ich schließlich noch auf genauere Hinweise zur immer heiklen Frage, wie man zur Berechnung der AfA die Aufteilung zwischen Grundstücks- und Gebäudekaufpreis vornimmt. Aber hier gibt es, wie zu erfahren ist, gar keine allgemeinverbindlichen Regelungen. Bei mir hatte das Finanzamt das jahrelang selbst ausgerechnet, aber nun macht es das nicht mehr, und ich habe es für die jüngst erworbene Wohnung selbst getan, wobei ich die früheren Berechnungen vom Finanzamt für die anderen Wohnungen als Vorlage verwendete.

Alles in allem ist der Stiftung Warentest somit ein sehr nützlicher Ratgeber gelungen, mutmaßlich vor allem für Vermietungs-Neulinge, aber durchaus auch für „alte Hasen“. Das einzige, was stört, sind die leider immer wiederkehrenden Sätze wie „Näheres besprechen Sie am besten mit ihrem Steuerberater“ oder „Im Zweifelsfall sollten Sie sich immer steuerrechtlich beraten lassen“. Wer sich auf ein solches Steuer-Set einlässt, der hat doch wohl in der Regel den Ehrgeiz, sich selbst durch die Materie zu kämpfen, und will sich gerade nicht an einen Steuerberater wenden.

Das Steuer-Set für Vermieter
Stiftung Warentest, 2025
144 Seiten; 16,90 Euro
ISBN: 978-3-7471-0883-3

Veröffentlicht von on Juni 23rd, 2025 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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