Wiedergeborener Geliebter

Recht cineastisch, Teil 8: Das Klon-Drama “Womb“ mit Eva Green

Thomas Claer

drum-herum-tc-recht-cineastisch-wombEva Green ist eine Schauspielerin zum Niederknien. Wie sie 2003 in „Die Träumer“ von Bernardo Bertolucci als Pariser Professorentochter im Mai 1968 in einer Art vorweggenommenem Mini-Flashmob Hand in Hand mit Bruder und Liebhaber durch den Louvre stürmte und sich mit ihnen im pantomimischen Filmzitate-Raten übte, das verschlug einem den Atem. Später hat Eva Green dann aber auch weniger schmeichelhafte Dinge getan, wurde 2006 zum James Bond-Girl und posierte gar in Werbespots, so dass man schon geneigt war, sie abzuschreiben. Und jetzt das: eine triumphale Rückkehr zum Autorenkino in den Film eines weitgehend unbekannten ungarischen Regisseurs. Dieser Streifen ist so independent, dass er eine Woche nach seinem Start in gerade einmal drei Berliner Kinos gezeigt wurde und sich abends im „Hackesche Höfe Kino“, während sich draußen die Massen in den Cafés drängelten, ganze vier Besucher verloren. Dabei hätte „Womb“ durchaus mehr Beachtung verdient, denn es werden große, abgründige Fragen verhandelt und die fatalen Konsequenzen aufgezeigt, die ein allzu optimistischer Einsatz neuer biotechnischer Errungenschaften mit sich bringen kann.
Zwischen den zwölfjährigen Kindern Rebecca und Tom reift während Rebeccas Ferienaufenthalt in einer abgelegenen Küstengegend an der Nordsee bei ihrem Großvater einen Sommer lang eine tiefe Freundschaft. Als Rebecca zu ihrer Mutter nach Tokio zieht, schwören sie sich ewige Treue. Nach zwölf Jahren kommt Rebecca in das Haus ihres verstorbenen Großvaters zurück und trifft in der Nachbarschaft auf den noch immer dort lebenden, inzwischen Biologie studierenden Tom. Die nur wenige Tage dauernde leidenschaftliche Romanze zwischen ihnen findet ihr jähes Ende, als Tom bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt. Wir befinden uns, was erst an dieser Stelle deutlich wird, bereits in der nahen Zukunft. Das reproduduzierende Klonen von Menschen ist möglich und bezahlbar. So lässt sich Rebecca, die auf Tom nicht verzichten kann, das Erbgut ihres verunglückten Geliebten in den Unterleib einpflanzen und bringt ihn so gewissermaßen ein zweites Mal auf die Welt. Man kann sich vorstellen, wie es weitergeht: Die begehrlichen Blicke Rebeccas auf ihren biologisch nicht mit ihr verwandten, heranwachsenden Sohn, der doch notwendigerweise ein ganz Anderer ist als ihr früherer Geliebter, lassen den Zuschauer ratlos zurück. Ein Drama, das unter die Haut geht.

Womb
Deutschland/ Frankreich/ Ungarn  2010
Regie: Benedek Fliegauf
Drehbuch: Benedek Fliegauf
107 Minuten, FSK: 16
Darsteller: Eva Green, Matt Smith, Lesley Manville, Peter Wight, Istvan Lenart, Hannah Murray u.v.a.

Veröffentlicht von on Apr 26th, 2011 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT CINEASTISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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