Das Creifelds Rechtswörterbuch in 21. Auflage
Thomas Claer
Als bekennender Creifelds-Fan steht man natürlich bei einer Neuauflage immer gleich auf der Matte. In nun schon 21. Auflage liegt unser liebstes Rechtswörterbuch also inzwischen vor und ist natürlich wieder einmal ein Spiegel seiner Zeit geworden. Nicht nur die verkürzten Intervalle zwischen den Auflagen (die vorige erschien erst 2011), die obligatorische Steigerung von Seitenzahl (1573 statt 1500) und Preis (53 statt 46 Euro), sondern auch manche inhaltliche Modifikation zeigen, dass das Werk mittlerweile voll und ganz in den Zehnerjahren angekommen ist. Sein Anspruch ist es auch diesmal, „seiner Tradition entsprechend einen vollständigen und aktuellen Überblick über das gesamte in Deutschland geltende Recht“ zu bieten, wie es im Vorwort der Herausgeber heißt.
Man erinnert sich als, sagen wir, nun nicht mehr so ganz taufrischer Jurist ja noch sehr genau daran, wie oft der Creifelds einem damals in der Juristenausbildung aus der Patsche geholfen hat, wenn man mal wieder irgendwo nur Bahnhof verstanden oder die Zusammenhänge so gar nicht durchschaut hatte. Wie letztlich doch alles im Recht mit allem anderen zusammenhängt, dafür hat mir jedenfalls der Creifelds weitaus besser als irgendein anderes Buch die Augen geöffnet. Fairerweise muss man aber auch sagen: In den Neunzigern gab es noch kein Wikipedia. Den Begriff mal eben googlen, das ging seinerzeit noch nicht. Und so muss man heute im Zeitalter der aussterbenden Lexika notwendigerweise fragen: Was kann ein solches Wörterbuch, was Wikipedia oder ganz allgemein das Internet nicht viel besser (und gratis!) kann?
Testen wir es also einmal. Greifen wir einfach irgendwo in die Mitte des Buches. Unter M steht dort „Mäklervertrag“. Das ist ja lustig. Kein Mensch sagt „Mäkler“, alle sagen Makler. Nur im BGB (immerhin von 1900) heißt es „Mäkler“. Und Creifelds folgt dem BGB. Da steht dann unter 1. etwas zur Begriffsdefinition mit Verweis aufs BGB und anschließend unter 2. einiges über die praktisch sehr bedeutsame Frage, wann die Verpflichtung des Auftraggebers zur Zahlung entsteht. So weit so gut. Und bei Wikipedia? Da heißt es „Maklervertrag“ und darunter steht – viel, viel mehr. Klar, die haben ja auch mehr Platz im Netz. Besser und richtiger als bei Wikipedia ist das, was im Creifelds steht, nun aber auch nicht unbedingt. Ist also der Creifelds, unter uns gesagt, nicht gewissermaßen überflüssig geworden?
Nein, soweit darf man nun auch nicht gehen. Denn gerade diese Beschränkung auf das Wesentliche ist es doch, die ein solches Wörterbuch auszeichnet. Noch deutlicher wird es vier Stichworte über dem „Mäklervertrag“ bei „Machiavelli“. Dass der überhaupt im Creifelds auftaucht, ist allein schon ein Statement! „Florentinischer Historiker, Politiker und Literat, der in seinen Werken das Idealbild des durch keine moralischen Rücksichten gehemmten Alleinherrschers zeichnete“, steht dort. Und: „Als Machiavellismus wird seither eine ausschließlich vom Gebot der Klugheit getragene, von moralischen Bedenken freie Staatskunst bezeichnet, bei der allein der alle Mittel rechtfertigende Erfolg entscheidet.“
Treffer. Versenkt. Genau so viel sollte man als Jurist wissen. So auf den Punkt bringt es Wikipedia nicht! Und noch einen Vorteil hat der von einer ganzen Richter- und Professorenriege verfasste Creifelds: Man darf ihn getrost auch in wissenschaftlichen Arbeiten zitieren, Wikipedia dagegen eher nicht, zumindest nicht zu oft.
Ob diese unbestreitbaren Vorzüge allerdings ausreichen, um dem Creifelds noch zu vielen weiteren Auflagen zu verhelfen, wird die Zukunft zeigen.
Creifelds Rechtswörterbuch
21. neu bearbeitete Auflage 2014
Verlag C.H. Beck
1573 Seiten, EUR 53,00
ISBN 978-3-406-63871-8