Schlagen, schießen, stechen

Ein Überblick über das neue Waffengesetz

Frank B. Metzner und Joachim Friedrich

Mit den Amokläufen von Erfurt (2002) und Winnenden (2009) ist das Waffengesetz im Blickpunkt des öffentlichen Interesses und wurde mehrfach, gerade in Bezug auf die gerichtliche Praxis mit den Stichworten „Erlaubt und Verboten“, geändert. Dadurch besteht bei vielen Juristen eine Rechtsunsicherheit, weswegen das Autorenteam in diesem Artikel auf die wichtigsten Punkte eingehen möchte:

– Zuerst ist klar und kritisch anzumerken, dass verantwortliche Politiker teilweise nicht die geringste Kenntnis über Waffen, deren mögliche Wirkung und tatsächliche Verwendung „auf der Straße“ haben. Deswegen sind einige Entscheidungen/Regelungen/Veränderungen in Bezug auf das Waffenrecht schlichtweg unlogisch, welche in einer Demokratie aber hinzunehmen sind.

– Das neue Waffengesetz (WaffG) gilt seit 01.04.2008 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl bei strittigen Fragen grundsätzlich beim Fachkommissariat der jeweiligen Polizeibehörde (Waffen- und Sprengstoffkommissariat) , beim Ordnungsamt (Waffenbehörde) oder auch beim Bundeskriminalamt (BKA) nachzufragen ist, sollte Juristen die wichtigsten Paragraphen kennen, die geläufigsten Waffen einschätzen können und auch dabei die Eigensicherung nicht außer acht lassen. Denn nicht immer geht die Gefahr vom Eigentümer aus, manche Waffen (z. B. der Schießkugelschreiber) sind schon konstruktionsbedingt Handhabungsunsicher.

– Grundsätzlich ist zuerst die Waffeneigenschaft zu prüfen, d. h. ob der „Gegenstand“ überhaupt unter das Waffengesetz fällt. Waffen sind gemäß § 1 (2) Nr. 2 WaffG Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen; die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind. Praxistipp: Prüfen ob eine Waffe unter diese Definition fällt (z. B. das Bajonett -ja-, der einfache Besenstil -nein-). Bitte nie dem laienhaften Fehler verfallen und „die Gefährlichkeit überprüfen“, z. B. in Bezug auf einen Baseballschläger der nicht unter das Waffengesetz fällt.

– Aber Vorsicht: Auch wenn das Waffengesetz nicht greift, können Polizeibeamtinnen/Polizeibeamte gefahrenabwehrende Maßnahmen nach dem länderspezifischen Polizeirecht ergreifen. Zudem können noch Paragraphen/Bestimmungen des Strafrechts, des Versammlungsrechts, pp. oder auch Sicherheitsbestimmungen (in gefährdeten Objekten, in Flughäfen, pp.) tangiert sein.
– Schlagstöcke, die einen eindeutigen Waffencharakter haben, wie z. B. durch einen konischen Verlauf, eine Handschlaufe, einen ausgeformten Griff, ein Parierelement fallen unter das Waffengesetz. Dies kann ein normaler Schlagstock, ein Teleskopschlagstock (ASP, Bonowi, Monadnock, etc.), ein Räum- und Abdrängstock, ein MES/Tonfa, pp. sein. Als Neuerung besteht hier ein Führverbot gemäß § 42a (1) Nr. 2 WaffG. Unter Führen ist vereinfacht das zugriffsbereite Tragen der Waffe im unmittelbaren Einwirkungsbereich (am Gürtel, in der Jacke, pp.) außerhalb des eigenen befriedeten Besitztums/Geschäftsräume zu verstehen. Ausnahmen von dem neuen Führverbot sind nur bei Film- und TV-Aufnahmen, bei Theatervorführungen, im Zusammenhang mit der Berufsausübung, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck möglich.

– Messer mit einhändig feststellbaren Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer über 12 cm Klingenlänge, dürfen erworben, transportiert und besessen werden, jedoch fallen sie auch unter der Führverbot von § 42 a (1) Nr. 2 WaffG. Es gelten die gleichen schon aufgeführten Ausnahmen. Z. B. darf somit der Koch, der Angler in Zusammenhang mit seinem Beruf, seinem Hobby ein feststehendes Messer mit 20 cm langer Klinge führen.

– Geführt werden dürfen weiterhin „normale Taschenmesser“ (Schweizer Messer alter Bauart, pp.) und feststehende Messer bis 12 cm Klingenlänge (z. B. klassisches Fahrtenmesser), soweit sie keine Waffenklingen (z. B. Dolchklinge) aufweisen.

– Die Missachtung des Führverbot stellt jedoch keine Straftat, sondern „nur“ eine Ordnungswidrigkeit da. Die ersten Gerichtsentscheidungen sprechen jedoch eine eindeutige Sprache, schon Ersttäter werden zu mindestens 500 Euro Geldstrafe verurteilt.

– Anscheinswaffen dürfen nach § 42a Abs. 1 Nr. 1 WaffG künftig nicht mehr geführt werden. Ihr Besitz ist aber weiter möglich. Der Begriff einer Anscheinswaffe löst sich von der bisherigen Beschränkung auf Imitate von Kriegswaffen und sog. Pumpguns. Er erfasst nun folgende drei Fallgruppen:
1. Schusswaffen (d. h. Kurz- oder Langwaffen), die ihrer äußeren Form nach im Gesamterscheinungsbild den Anschein von Feuerwaffen hervorrufen und bei denen zum Antrieb der Geschosse keine heißen Gase verwendet werden;
2. Nachbildungen von Schusswaffen mit dem Aussehen von Feuerwaffen;
3. unbrauchbar gemachte Schusswaffen mit dem Aussehen von Feuerwaffen.

– Ausgenommen von den o. g. Regelungen sind solche Gegenstände, die erkennbar nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen bestimmt sind oder die Teil einer kulturhistorisch bedeutsamen Sammlung sind oder werden sollen. Das Waffengesetz nennt dazu beispielhafte Kriterien: Sind sie um mindestens 50 % größer oder kleiner als die imitierte Feuerwaffe, bestehen sie aus neonfarbenen Materialien oder weisen sie keine Kennzeichnungen von Feuerwaffen auf, unterstellt das Waffengesetz, dass sie als Imitate erkennbar sind. Offensichtliche Spielzeugwaffen als Teil einer Faschingskostümierung und Ähnliches sind durch das Gesetz somit nicht betroffen.

– Softair-Waffen sind Schusswaffen, bei denen mit geringer Geschossenenergie Plastikkugeln verschossen werden können. Sie gelten als vom Waffengesetz befreite Spielzeuge, sofern sie eine Geschossenergiegrenze von 0,5 Joule nicht überschreiten. (Der Grenzwert war im Zuge der Waffenrechtsnovelle 2002/03 auf 0,08 Joule abgesenkt worden, was aber mit europäischem Spielzeugrecht kollidierte.) Unter das Waffengesetz fallen aber solche Softair-Waffen, die mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen so geändert werden können, dass die Geschossenergie über 0,5 Joule steigt. Bei dem Energiegrenzwert von 0,5 Joule ist beim Auftreffen der Plastikgeschosse auf den menschlichen Körper nicht mit ernsthaften Verletzungen zu rechnen, solange die Augen geschützt sind. Dies hat eine vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebene Studie der Universität Magdeburg gezeigt.

– Elektroimpulsgeräte ohne Prüfzeichen (Trapez PTB) sind noch bis zum 31.12.2010 erlaubnisfrei, danach verboten. Distanz-Elektroimplusgeräte (sogenannte Air-Taser) sind verboten, der Erwerb und Besitz demnach strafbar.

– Die Transportbedingungen von Waffen wurden verschärft, z. B. zum Kampfkunst- oder Schießtraining. Hierbei ist ein geeignetes Behältnis zu wählen, was nun nicht mehr nur ge- sondern verschlossen (z. B. durch ein abschließbares Schloss -ob mittels Schlüssel oder Zahlenkombination ist freigestellt- ) sein muss. Eine einfache Trainingstasche, die halb-offen ist oder einen Reisverschluss hat, der nicht mit einem Schloss gesichert ist, stellt kein geeignetes Behältnis dar.

– Abschließend besteht nun eine generelle Waffensicherungspflicht gemäß § 26 (1) WaffG. Es ist z. B. nicht mehr erlaubt Klingenwaffen, z. B. Säbel oder Kampfmesser, zu Schmuckzwecken an die Wand des Wohnzimmers mit einem Nagel aufzuhängen. Dies könnte z. B. durch unbefugte Erlangung zu einem Missbrauch führen. Sie sind nun besonders zu sicheren, am besten in einem abschließbaren, stabilen Schrank. Darüber hinaus sind spezielle Waffenschränke mit DIN-Normen und geprüften Widerstandsgraden für Schusswaffen aller Art vorgeschrieben.

Schlagstöcke verschiedener Beschaffenheit. Die oberen beiden Modelle sind durch die Form, das Parierelement, den Handgriff und die Schlaufe sicher als Waffe einzustufen. Bei dem unteren Besenstil sind diese Merkmale nicht gegeben.

Schlagstöcke verschiedener Beschaffenheit. Die oberen beiden Modelle sind durch die Form, das Parierelement, den Handgriff und die Schlaufe sicher als Waffe einzustufen. Bei dem unteren Besenstil sind diese Merkmale nicht gegeben.

Baseballschläger sind keine Waffen im Sinne des Waffengesetzes, sondern Sportgeräte.

Baseballschläger sind keine Waffen im Sinne des Waffengesetzes, sondern Sportgeräte.

Ausziehbare Schlagstöcke sind ihrer Bauart nach zu unterscheiden. Sind die Teile flexibel und biegsam, sind sie als Stahlrute verboten (wie die beiden oberen Modelle). Sind sie starr und nicht biegsam, sind sie als Teleskopschlagstock (unteres Modell) als Waffe eingestuft.

Ausziehbare Schlagstöcke sind ihrer Bauart nach zu unterscheiden. Sind die Teile flexibel und biegsam, sind sie als Stahlrute verboten (wie die beiden oberen Modelle). Sind sie starr und nicht biegsam, sind sie als Teleskopschlagstock (unteres Modell) als Waffe eingestuft.

Veröffentlicht von on Aug. 10th, 2009 und gespeichert unter DRUM HERUM. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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