Vor 40 Jahren erschien „Für usszeschnigge!“ von BAP
Thomas Claer
Mit der deutschen Sprache in den Liedertexten der populären Musik ist es ja so eine Sache. Es lässt sich nun einmal nicht gut in dieser eckigen, kantigen, widerborstigen Sprache singen. Dagegen hilft zweierlei: entweder ins Englische ausweichen, was natürlich sehr fantasielos ist. Oder man singt in deutschen Dialekten – und siehe da: Es harmoniert doch gleich viel besser. Wohl beinahe alle unsere regionalen Mundarten sind, wenn man sie denn beherrscht, weitaus einfacher und flüssiger singbar als das Hochdeutsche. Ihr weiches Dahinfließen schmiegt sich der Musik förmlich an. Plattdeutsche Texte zum Beispiel passen wunderbar zu Rockmusik, wie Torfrock und Achim Reichel schon in den Siebzigern bewiesen haben. Bayrisch hingegen geht sehr gut mit bläserbetontem Jazz, wie es Haindling seit den Achtzigern sehr überzeugend vorexerziert hat. Auf Österreichisch lässt sich sogar fabelhaft rappen, wie es der Sänger Falco („Wer sich an die Achtziger erinnern kann, der ist nicht dabeigewesen.“) in ebenjenem Jahrzehnt gezeigt hat.
Und dann waren da auch noch BAP, die vor nunmehr vierzig Jahren ihren Durchbruch mit Rockmusik auf Kölsch feiern konnten. „Für usszeschnigge!“, das Ende 1981 erschienen ist, war damals bereits ihr drittes Album, verhalf der rheinischen Rock-Combo aber mit dem Mega-Hit „Verdamp lang her“ zum ganz großen Erfolg. Wer sich diesem wirklich exzellenten Album nähern will, ist gut beraten, all das auszublenden, was mit BAP in den vier Jahrzehnten danach passiert ist. Angesichts ihrer übergroßen Popularität positionierte sich die Band mit den inhaltlich engagierten Texten später immer mehr als politisches Projekt. Sänger Wolfgang Niedecken avancierte – gleich neben Herbert Grönemeyer – zur moralischen Instanz der deutschen Popmusik. Kein Wunder, dass sie nie wieder so frisch und unbekümmert geklungen haben wie auf „Für usszeschnigge!“, was ganz ausdrücklich auch für die kölnischen Texte gilt. Und kaum zu glauben: Manchmal klingen diese hier sogar regelrecht unkorrekt!
Der „Müsli-Män“ macht sich über einen verbiesterten Öko-Anhänger lustig. In „Waschsalon“ lässt das technisch unbedarfte lyrische Ich stets seine Freundin die Waschmaschine bedienen. Dafür würde es aber heute vermutlich einen Shitstorm hageln… „Verdamp lang her“ ist ein trauriger, tief enttäuschter, ja verbitterter Blick zurück von einem, der viel auszuhalten hatte. Ein düsterer und wirklich starker Song! Was ebenso für die Großstadt-Hymne „Südstadt verzäll nix“ gilt. Und auch der Rest des Albums ist nicht schlecht. Klar, das Moralinsaure und Selbstgerechte in Niedeckens Texten findet sich auch schon auf dieser Platte, aber hier lässt es sich zumindest noch gut ertragen.
BAP
Für usszeschnigge!
EMI (Universal Music) 1981
ASIN: B000EHRXNQ