Tragische Asymmetrie

Recht cineastisch, Teil 6: „Same Same But Different“ – Detlev Bucks erster Liebesfilm

Thomas Claer

drum-herum-recht-cineastisch-same_same_but_different_intWenn Detlev Buck (Jahrgang 1962), immerhin schon ein alter Hase im Filmbusiness, nach langen Jahren als Regisseur (und nebenbei auch als sehr passabler Schauspieler) nun erstmals einen Liebesfilm gedreht hat, dann unterstreicht das nur seine vorsichtige Distanz zu diesem immer heiklen, fast unvermeidlich kitschnahen Genre. Das Experiment, so kann man sagen, ist gelungen. Der für seinen trockenen Humor und die immer ein wenig „independent“ anmutenden Filme bekannte Buck bringt auch die Geschichte von Ben (David Kross) und Sreykeo (Apinya Sakuljaroensuk) handwerklich sehr routiniert, gekonnt und stilsicher auf die Leinwand. Bemerkenswert ist vor allem, dass er diesmal nahezu gänzlich ohne Witz oder Ironie auskommt.
Es ist eher die Geschichte selbst, die nachdenklich macht. Der Hamburger Abiturient Ben begibt sich mit einem Kumpel auf eine Abenteuer-Rucksackreise nach Kambodscha. Dort verliebt er sich in einer Disko in die junge Prostituierte  Sreykeo, die, wie sich später herausstellen wird, HIV-positiv ist. Nach langen Wirren, mehreren Transkontinentalflügen, unzähligen Videotelefonaten und erheblichen finanziellen Aufwendungen auf Seiten von Ben (nicht zuletzt für Sreykeos Medikamente), entscheidet er sich für diese Liebe und ist bereit, Sreykeo zu heiraten. Nicht, dass hier etwas konstruiert wirken würde, die Handlung beruht auf einem autobiographischen Roman, und man glaubt gerne, dass sich alles so zugetragen hat. (Ausgenommen der Umstand, dass Sreykeo, die von einem früheren Kunden Deutsch gelernt haben soll, sich so vergleichsweise reibungslos mit Ben in dessen Sprache zu verständigen vermag. Das kann einfach nicht sein!) Bedenklich ist eher die Konstellation an sich, die zwischen den Protagonisten bestehende fundamentale Asymmetrie, die ein trübes Licht auf diese Liebe wirft. Für Sreykeo ist Ben nun einmal die einzige Chance, nicht nur ihrem Elend zu entkommen – die Armut in Kambodscha wird in drastischen Bildern gezeigt – sondern sich überhaupt mittelfristig am Leben zu erhalten. Und wer will es ihr da verdenken, dass sie mit allen Mitteln um Ben wirbt? Die Frage ist müßig, ob sie sich unter anderen Umstände auch nur ansatzweise für ihn interessiert hätte. Ben hingegen wird durch seine aufopfernde Zuwendung zu einer Art Lichtgestalt – im scharfen Kontrast zu den anderen westlichen Kambodscha-Besuchern im fließenden Übergang zwischen Hippitum und Sextourismus. Sehr treffend fängt der Film das Heuchlerische und Abstoßende dieses Milieus ein. Auch wenn mit den Liebenden schließlich alles – gegen jede Wahrscheinlichkeit – zu einem guten Ende kommt. Romantisch mag man diese Liebe dennoch nicht nennen.

Same Same But Different
Deutschland 2009
106 Minuten, FSK 6
Regie: Detlev Buck
Drehbuch: Ruth Thoma, Michael Ostrowski, Detlev Buck
Darsteller: David Kross, Apinya Sakuljaroensuk, Stefan Konarske, Jens Harzer, Anne Müller, Michael Ostrowski u.v.a.

Veröffentlicht von on Jun 21st, 2010 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT CINEASTISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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