Bella Italia

Das italienische Recht aus einer Hand

Matthias Wiemers

Die italienische Rechtsentwicklung weist einige Parallelen zu der Deutschlands auf. Ein einheitliches Italien gibt es zwar schon zehn Jahre länger als ein einheitliches Deutschland, aber gleichwohl kann man gelegentlichen in europapolitischen Kontexten erfahren, dass man in Italien auf Impulse der Rechtseinheit weniger aus Rom denn aus Brüssel erwartet. Gleichwohl gibt es auf dem deutschen Markt seit 1993 ein Buch zur „Einführung in das italienische Recht“ des Münchner Ordinarius Peter Kindler, der dort inzwischen eine Forschungsstelle für italienisches Recht betreibt – praktisch die erste Adresse für die juristische Erforschung dieses „Sehnsuchtslands der Deutschen“ in Deutschland.
Die nunmehr dritte Auflage ist im Frühjahr erschienen und ist in vier Teile sowie 21 Einzelkapitel (§§) gegliedert, die darauf angelegt sind, nicht nur die gesamte Rechtsordnung Italiens zu erschließen, sondern auch befähigen soll, sich italienische rechtsquellen zu beschaffen und Rechtsrat durch in Italien ansässige Rechtsanwälte zu erlangen (Kindler bringt zudem eine Liste deutscher Universitätsprofessoren, sie sich mit italienischem Recht auskennen – und spart dabei auch sich selbst nicht aus.).
Die Einleitung besteht nur aus einem kurzen Kapitel über Ziel und Gang der Darstellung (§ 1) und einer Übersicht über juristische Dokumentation und Hilfsmittel für deutsche Juristen (§ 2), wobei für die Neuauflage insbesondere Recherchemöglichkeiten im Internet nachgetragen wurden.
Der zweite Teil ist den „Grundlagen“ des italienische Rechts gewidmet und beginnt mit einem Kapitel zur Verfassungsgeschichte und zur Verfassungsentwicklung (§3). Didaktisch nachvollziehbar erfolgt ein Kapitel zum „Verfassungsrecht“ (§ 4) und ebenso „Das System der Rechtsquellen“ (§ 5). Der Grundlagenteil schließt mit einem Kapitel über „Gerichtsverfassung und Zivilprozess“ (§ 6) und einem über „Juristische Berufe und Ausbildung“ (§ 7), womit der Zielgruppe der JuS-Schriftenreihe besonders Rechnung getragen wird (Eine Orientierung sämtlicher Juristenausbildung am Leitbild des Richterberufs kennt das italienische Recht übrigens nicht.) Interessant ist hier der Hinweis des Autors, dass das traditionell vierjährige Rechtsstudium aufgrund einer Reform im Jahre 1999 nunmehr fünf Jahre dauert und zweistufig ist.
Der dritte Teil des Bandes umfasst nun das Privatrecht mit Einzelkapiteln über „Entstehung, Inhalt und Aufbau des Codice civile von 1942“ (§ 8), „Rechtsgeschäfte und subjektive Rechte“ (§ 9), „Allgemeines Vertragsrecht“ (§ 10), „Rechtssubjekte und Personenrecht“ (§ 11), „Familienrecht“ (§ 12), „Erbrecht und Schenkung“ (§ 13), „Sachenrecht“ (§ 14), „Allgemeines Schuldrecht (§ 15), „Kaufrecht“ (§ 16) und „Außervertragliche Schuldverhältnisse“ (§ 17). Der Hauptteil des Bandes schließt mit einem kürzeren Kapitel zum „Unternehmens- und Gesellschaftsrecht“ (§ 18).
Der vierte Teil des Bandes beinhaltet nicht etwa einfach das Verwaltungsrecht, sondern Rechtsgebiete, die mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu tun haben: „Staatsangehörigkeitsrecht“ (§ 19), „Fremdenrecht“ (§ 20) und „Internationales Privat- und Verfahrensrecht“ (§ 21). Mit diesem 21. Kapitel wird man zu tun haben, wenn Fälle in Italien gelöst werden müssen. Spielt der Fall in Deutschland, so bildet das deutsche IPR den Ausgangspunkt, woraus Kindler bereits im Vorwort hinweist. Denn der Band enthält insgesamt 17 praktische Fälle, die in den Text eingestreut sind.
Der Band macht neugierig auf eine Rechtsordnung, mit der die deutsche Rechtsordnung seit Jahrhunderten im Austausch steht – zunächst freilich nur in einer Richtung, wenn wir insbesondere an die Universität Bologna für die frühen Rechtsstudenten im Europa des Mittelalters denken.
Kindler weist zwar auf ein Kooperationsstudium zwischen den Universitäten Köln und Florenz hin und auch darauf, dass man in Innsbruck ein Vollstudium im italienischem Recht absolvieren kann. Einen Überblick für Studierende, wo in Italien sie gegebenenfalls Teile ihres Studiums absolvieren könnten, fehlen allerdings. Dies wäre wohl für die Hauptnutzer der JuS-Schriftenreihe wichtiger gewesen als die schon angesprochene Liste „An deutschen Universitäten tätige Sachverständige zum italienischen Recht“. Dennoch: aktuell und einmalig.

Peter Kindler, Einführung in das italienische Recht. JuS-Schriftenreihe. 3. Auflage, München 2022, 390 S., 69 Euro

Veröffentlicht von on Aug 1st, 2022 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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