Justament-Debatte über Geschlechter-Quoten im öffentlichen Dienst, in Politik und Wirtschaft
Es ist ja nicht so, dass es hierzulande keine Quoten-Regelungen gäbe. Schon seit den Achtzigern gilt die Frauen-Quote als ein „wesentliches Element der Personalpolitik“. Gemeint ist damit vor allem die so genannte „relative Quote“, die besagt, dass bei gleicher Qualifikation eine Bewerberin einem Bewerber vorgezogen werden soll, bis ein Frauenanteil von x Prozent erreicht ist. Dafür sorgt etwa schon seit 2001 das Bundesgleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst (nicht zu verwechseln mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG von 2006, das lediglich Diskriminierungen verhindern soll). Und es hat ja auch gewirkt: Der Anteil der Richterinnen an den Amtsgerichten lag im Jahr 2010 bei immerhin schon 41,8 Prozent. In Nordrhein-Westfalen sind sogar über 60 Prozent der neu eingestellten Juristen in der Justiz weiblich. Doch ist der Frauenanteil in der höheren Richterschaft weiterhin deutlich geringer, und je höher man blickt, desto niedriger wird er. Liegt er bei den Landgerichten noch bei 35,6 Prozent, sind es in den OLGs nur noch 29,9 Prozent und beim BGH nur noch 25 Prozent.
Besser sieht es, wovon sich jeder allabendlich in den Fernsehnachrichten überzeugen kann, in der Politik aus: Was 1979 mit der Frauenquote bei den Grünen begann, haben inzwischen in ähnlicher Form auch alle anderen Parteien, seit 2010 sogar die CSU, bei der seitdem 40 Prozent der höheren Ämter mit Frauen besetzt werden sollen. Nur die Piraten tun sich hier noch schwer, aber die mischen ja auch erst seit Kurzem parlamentarisch mit.
In der Wirtschaft hingegen sieht es zumindest in den Chefetagen düster aus. In den Vorständen und Aufsichtsräten der großen Unternehmen hält sich der Frauenanteil stabil im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft ist bis heute nicht zustande gekommen. Es gilt weiter die freiwillige Vereinbarung zwischen Wirtschaft und Bundesregierung von 2001, deren Erfolge sich eher bescheiden ausnehmen.
Was ist also nun zu tun? Gilt es, die Gleichstellungs-Regelungen für den öffentlichen Dienst nachzubessern und eine Frauen-Quote für die Privatwirtschaft zu installieren? Oder sollte man lieber die Kirche im Dorf lassen und darauf vertrauen, dass der Markt schon alles regeln werde. Versichern uns doch viele weibliche Alpha-Tiere, dass sie es auch ganz gut ohne Quote geschafft hätten. Und nun seid Ihr an der Reihe, liebe Leserinnen und Leser: Eure Meinung ist mal wieder gefragt!
Die Redaktion
Also zunächst einmal sollte die Piraten-Partei eine Marina Weisband-Quote einführen ;-) Aber auch vielen Wirtschaftsunternehmen, so auch den bekannten Top-Kanzleien auf dem Anwaltsmarkt, würde ein höherer Frauenanteil gut zu Gesicht stehen. So könnten vielleicht auch bestimmte Branchen-Mechanismen aufgebrochen werden wie 80-Stunden-im Büro-Arbeitswoche und sich vor der Hausarbeit und der Kindererziehung drücken. Hier ist der Gesetzgeber gefragt.
Die Frauen haben es nicht leicht. Nicht alle wollen auf eine Familie verzichten. Und dann wird es besonders schwierig mit dem Wiedereinstieg in das Berufsleben, ganz zu schweigen von den Führungspositionen.
Ob der Gesetzgeber daran etwas ändern kann, bleibt fraglich. Denn es geht nicht bloß um eine neue Regelung. In erster Linie müssen die Geschäftsführer, Vorstandvorsitzende usw. die gesellschaftlichen Änderungen wahrnehmen und neue Wege einschlagen wollen.
Frauenquote schön und gut, aber man sollte nicht in eine Position gelangen, nur weil man weiblich ist. Gute Arbeit hängt nunmal auch von der Leistung ab, die man erbringt. Vielmehr sollten Regelungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen, ganz real eine Führungsposition zu erreichen ohne auf Familie zu verzichten. Viele Frauen kommen noch nicht mal in die Nähe einer gut bezahlten Stelle, denn ihnen werden von vornherein Steine in den Weg gelegt.
Die Debatte ist unnötig – die Besten sollten eine Chance bekommen, und das unabhängig von Herkunft und Geschlecht…
Klar, die Besten s o l l t e n eine Chance bekommen, unabhängig von Herkunft und Geschlecht. Aber i s t es denn auch überall so? Glaubt jemand, dass es heute zwar genügend gute Politikerinnen bis hin zu Ministerinnen, Ministerpräsidentinnen und Kanzlerinnen gibt, aber nahezu keine guten Top-Managerinnen oder Investmentbänkerinnen? Oder ist die Politik durch die vielen „Quoten-Frauen“ in den letzten drei Jahrzehnten etwa schlechter geworden? Könnte es nicht sogar sein, dass es sich genau andersherum verhält? Hätte es die Finanzkrise mit geschlechtsparitätisch besetzten Bankvorständen und Investmentabteilungen in dieser Form gegeben? Ist es nicht offensichtlich, dass da mit so einigen großen Jungs die Hormone durchgegangen sind? Hat mal irgendjemand was von Diktatorinnen oder Gewaltherrscherinnen gehört (in Staaten, nicht in Partnerschaften ;-)? Die Schattenseite ist allerdings, zugegeben, dass es meistens Frauen sind, die die Männer in den Spitzenpositionen zu ihren „Bestleistungen“ anstacheln, aber das ist ein anderes Problem …
Ja, Frauen haben eben eine biologische Funktion in Sachen Fortpflanzung zu leisten – und solten den Männern deshalb in allem zu Diensten stehen, ein schönes Heim und ein warmes Bett oder Bad, am besten nicht allein, damit diese in aller Ruhe das Geld verdienen können, das Frauen so gerne ausgeben… . Das Emanzenzeitalter gehört auf den Müllplatz der Geschichte, so wie Ellis Schwatzer und die DDR…
Brauchen wir eine Frauenquote? Das sollte eigentlich eine rhetorische Frage sein. Und die Antwort sollte „nein“ lauten. Aber so einfach ist das in Deutschland leider nicht, denn das Egalitäre haben wir nicht erfunden. Magna Charta, Bill of Rights, Droits de l‘ homme, Frauenwahlrecht – wer hat’s erfunden? Jedenfalls nicht wir. Stattdessen wirkt in vielen konservativen Leitmilieus noch bis heute ein verschroben-verstaubter ästhetischer Selektionismus aus den Zeiten des guten alten autokratischen Patriachats nach, einer Zeit die erst in den 70ern mit der Reform des Eherechts ihren formaljuristischen Endpunkt fand. Gleiches gilt auch für Behinderte und Migranten. Die will man in der Deutschland AG auch nicht mitspielen lassen, darf man zwar nicht laut sagen, aber das wäre eben doch irgendwie unästhetisch. Ein CEO mit türkischen Wurzeln und vielleicht noch ein Frau. Sehr unangenehm. Und deshalb gehört auf einen groben Klotz auch ein grober Keil: eine bissige, strafbewehrte Quote für all jene die bislang nicht mitspielen dürfen!
Es sind ja auch andere Möglichkeiten der Förderung denkbar als Quoten. Wenn man das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und den Ausbau von Ganztagesbetreuung weiter angeht, schafft man auch bessere Ausgangsbedingungen, damit Frauen im Wettbewerb ihre Qualitäten zeigen können.