Irmtrud Wojaks Biographie des aufrechten Juristen Fritz Bauer
Florian Wörtz
Kaum eine Juristen-Biographie der Nachkriegsgeschichte ist so spannend und ereignisreich wie die von Fritz Bauer, Jurist aus „Freiheitssinn“. Mit seiner Stellung als hessischer Generalstaatsanwalt allein hätte Bauer wohl kaum größere Spuren hinterlassen können, doch Bauers großem Engagement ist es zu verdanken, dass die juristische Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Dritten Reichs nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Gang kam.
Irmtrud Wojak, Leiterin des Bereichs Historische Forschung beim InternAbmeldenationalen Suchdienst in Bad Arolsen, gibt mit ihrer Bauer-Biographie einen detaillierten und äußerst lesenswerten Einblick in das Leben dieses aufrechten Juristen, der in den letzten Jahren bedauerlicherweise allzu sehr in Vergessenheit geraten ist.
Wojak beginnt mit Kindheit und Jugend Bauers. 1903 in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Stuttgart geboren studierte Bauer später Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, München und Tübingen. Als jüngster Amtsrichter Deutschlands wurde von den Nationalsozialisten aus dem Amt verjagt und im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert. 8 Monate später gelang ihm die Flucht, die ihn zunächst nach Dänemark, später nach Schweden führte. Er kehrte 1949 zunächst nach Braunschweig als Landgerichtsdirektor und Generalstaatsanwalt zurück bevor er ab 1956 bis zu seinem Tod in Frankfurt/Main als Generalstaatsanwalt arbeitete. Bauer kämpfte unverdrossen für eine Aufarbeitung der deutschen Geschichte – in einer Zeit, als viele im Dritten Reich vorbelastete Juristen ihren Platz im Staatsdienst der Bundesrepublik fanden und der Zeitgeist nicht unbedingt nach einer Aufarbeitung dieser Epoche dürstete. Bauer kommen gerade in seiner Frankfurter Zeit große Verdienste gerade bei den Auschwitz-Prozessen 1963 – 1965 zu, der die deutsche Öffentlichkeit intensiv mit der „Endlösung der Judenfrage“ konfrontierte. Dem israelischen Geheimdienst Mossad gab Bauer wichtige Hinweise für die Festnahme von Adolf Eichmann.
Die Bauer-Biographie zeichnet ein interessantes Bild eines faszinierenden Lebenslaufs. Wojak spannt nicht nur einen weiten Bogen von Kindheit bis zum Tod, sondern schildert detailliert auch Bauers Lebensstationen. Gelegentlich etwas pauschalisierende Urteile, beispielsweise die eher allgemeine Verantwortlichmachung von Adenauers Politik für die Rückkehr belasteter Juristen in den Staatsdienst, schmälern den Lesegenuss nicht.
Fazit: Für an Zeitgeschichte interessierte Juristen ist dieses Buch eine sehr empfehlenswerte Lektüre. Für alle anderen ist dieses Buch ein Beleg, dass das fehlende Interesse an juristischer Zeitgeschichte ein bedauerliches Defizit ist.
Irmtrud Wojak
Fritz Bauer 1903 – 1968 – eine Biographie
Verlag C.H. Beck, München 2009, gebunden, 638 Seiten, 34,00 EUR
ISBN-10 3406581544