„Ein Jurastudium ist in der Politik nicht von Nachteil“

Justament-Gespräch mit Jo Leinen (SPD), Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments

Persönlicher Hintergrund, Werdegang

Herr Leinen, Sie haben nach dem Jurastudium zunächst als Rechtsanwalt gearbeitet und sind dann in die Politik gegangen. Was hat diesen Schritt motiviert?

Ich war schon immer an öffentlichen, also politischen Themen interessiert. Ich bin in einem Dorf im Kreis Saarlouis an der saarländisch-lothringischen Grenze große geworden und hatte schon sehr früh Interesse an den Nachbarn in Frankreich. So bin ich auch zu den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) und zur Europäischen Bewegung gestoßen. Die Europäische Akademie in Otzenhausen mit ihren Konferenzen und Seminaren hat mein Europa-Interesse zusätzlich beflügelt.

Haben Sie sich als Jurist für politische Aufgaben gut gewappnet gefühlt? Bringt die Vertrautheit mit der juristischen Praxis Vorteile mit sich? Heute ist es dagegen ja nicht selten, dass Politiker-Biographien quasi direkt vom Kreissaal über den Hörsaal in den Plenarsaal münden.

Mein Wechsel von einem idyllischen saarländischen Dorf in eine mittelgroße deutsche Stadt hat mir die Umweltprobleme der Industriegesellschaft vor Augen geführt. Ende der 60er Jahre war die Luftverschmutzung überall sehr hoch, die Flüsse waren dreckig, die Lärmbelästigung enorm und die Abfallberge wuchsen. In Bonn habe ich eine Bürgerinitiative für Umweltschutz gegründet. Solche Umweltinitiativen entwickelten sich in den 70er Jahren in fast jeder Stadt. Die Umweltpolitik rückte von Rand in das Zentrum der Politik. Um all die Forderungen der Umweltbewegung in die Tat umzusetzen, habe ich den Sprung von der außerparlamentarischen Bewegung in die staatlichen Institutionen, in diesem Fall das saarländische Umweltministerium und den saarländischen Landtag gemacht. Ich bin froh, dass ich eine Reihe von Jahren in meinem Beruf als Rechtsanwalt arbeiten konnte. So ist mir eine breite Palette von Problemen und Konflikten in unserer Gesellschaft vertraut gewesen. Politiker als Beruf und nicht als Berufung stellt in der Tat ein gewisses Problem dar. Der Bezug zum Alltag kann sehr schnell verloren gehen. Die Ausbildung mit dem Jurastudium ist in der Politik nicht von Nachteil. Letztendlich werden Normen unterschiedlicher Art verabschiedet, von Gesetzen bis zu Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Die systematische Kenntnis der Rechtsordnung und des Rechtsstaaten bringt eine gewisse Vertrautheit bei der Ausübung von politischen Ämtern. Politik ist allerdings keine Wissenschaft sondern, wie Max Weber es schon Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben hat, die Kunst des jeweils Möglichen.

Sie waren lange Jahre Umweltminister im Saarland, sind später als Europaabgeordneter nach Brüssel gewechselt. Heute sind Sie Mitglied des Umweltausschusses. Wie unterscheiden sich die beiden Ebenen? Gibt es Gemeinsamkeiten?

Alle politischen und gesellschaftlichen Ebenen haben ihre jeweiligen Herausforderungen und Berechtigungen, von der Kommunalpolitik bis zur Internationalen Politik. Die Kommunalpolitik hat sicherlich die größte Bürgernähe, da von der Taufe bis zur Bahre die entsprechenden Dienstleistungen und Angebote vor Ort bereit gestellt werden. Als föderales Land bietet die Bundesrepublik Deutschland auf der Regionalebene eine volle institutionelle Ausstattung mit Parlamenten und Regierungen. In den letzten 20 Jahren ist allerdings ein gewisser Aderlass an Handlungsmöglichkeiten und Kompetenzen für die Länder festzustellen. Sowohl Richtung Berlin als auch Richtung Brüssel wurden in dieser modernen und vernetzen Welt Kompetenzen abgegeben.
Die Arbeit im Europäischen Parlament ist eine der spannendsten und interessantesten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann. Hier ist Europa direkt erlebbar, durch das einig transnationale direktgewählte Parlament auf der Welt. Mit Bürgervertretern aus 27 Staaten und Völkern an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten ist aufwändig und manchmal auch aufreibend. Nach über 50 Jahren Europäischer Einigungsgeschichte gibt es mittlerweile dennoch immer wieder Wege zu den notwendigen Entscheidungen. Der Umweltausschuss ist einer der großen Ausschüsse im EP. Umweltstandards und Umweltziele für 500 Millionen Menschen zu beschließen ist sowohl eine große Verantwortung als auch eine attraktive Aufgabe. Meine politische Arbeit seit fast 40 Jahren hat zwei gerade Linien: Frieden mit der Natur zu schaffen durch ein größeres Umweltbewusstsein und Frieden zwischen den Menschen zu schaffen durch die Überwindung von Nationalismus und die Herstellung einer politischen Union in Europa.

Kernenergie

Sie waren schon früh in der Anti-Kernkraftbewegung engagiert. Hat sich mit der Energiewende für Sie ein politischer Lebenstraum erfüllt?

In der Tat hat die Bundesregierung mit der Energiewende und dem Ausstieg aus der Atomkraft ein wichtiges Projekt für eine kohlenstoffarme Wirtschaft angestoßen. Mit diesem Schritt können viele Ziele im Bereich Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit erreicht werden. Durch den Anstieg der Produktion von erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz kann die Abhängigkeit von Energieimporten reduziert werden; zugleich wird durch mehr Arbeitsplätze und den Exporten der entsprechenden Technologien die heimische Wirtschaft angekurbelt. Eine Win-win Situation für Deutschland.
Damit dieses Projekt auch in die Realität umgesetzt wird, müssen allerdings Taten folgen. Es sind in erster Linie Investitionen in den Netzausbau nötig, damit die Offshore-Windenergie aus Norddeutschland auch in Süddeutschland genutzt werden kann. Die anfänglich benötigten finanziellen Mittel rentieren sich langfristig durch niedrigere Strompreise.

Halten Sie den Zeitplan von 10 Jahren für praktikabel? Könnte es nicht sein, dass – falls der Ausstieg aus der Kernkraft zu überhastet durchgeführt wird – Deutschland mit Wettbewerbsnachteilen im europäischen Vergleich rechnen muss und sich für den Verbraucher die Energiekosten erhöhen? In Frankreich gilt Atomstrom ja noch immer als sicher und billig und auch umweltschonend.

Der Zeitplan ist durchaus praktikabel, wenn jetzt die richtigen Entscheidungen getroffen werden und konsequent durchgesetzt werden. Subventionen für Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen müssen abgeschafft und durch Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz ersetzt werden. Kohlekraftwerke, die zurzeit geplant sind, werden in den nächsten 40 Jahren in Betrieb sein. Das lässt sich nicht mit dem europäischen und deutschen Ziel vereinbaren, den Ausstoß von Klimagasen bis 2050 um 80-95% zu reduzieren. Wenn die langfristigen Ziele nicht aus dem Auge gelassen werden, dann werden sich auch die Strompreise für die Endverbraucher nicht massiv erhöhen.
Schließlich: Müssten beim Atomausstieg nicht alle EU-Partner gemeinsam handeln? Es gibt Prognosen, wonach im Abstand von 20 Jahren zuverlässig mit einem schwerwiegenden Reaktorunfall zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund sitzen wir in Mitteleuropa immer noch auf einem Pulverfass.
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn ein europäischer Atomausstieg erzielt werden könnte, diese Möglichkeit erscheint aber zurzeit eher unwahrscheinlich. Wir sollten uns darauf konzentrieren, dass keine weiteren Atomkraftwerke gebaut werden – in Polen gab es vorübergehend derartige Pläne.
Als Saarländer haben wir das französische Atomkraftwerk in Cattenom direkt vor der Haustür und sind uns des Risikos sehr bewusst. Solange die Energiepolitik allerdings in der Kompetenz der Mitgliedstaaten bleibt, hat die EU nur geringen Einfluss auf die Nutzung der verschiedenen Energiequellen in den einzelnen Staaten. Durch langfristige Ziele für erneuerbare Energien kann die Nutzung von gefährlichen Energiequellen allerdings zunehmend eingeschränkt werden.

Bilanz der EU-Umweltpolitik, Ausblick

Wenn man die Stockholmer Umweltkonferenz von 1972 als den Beginn einer gemeinsamen europäischen Umweltpolitik betrachtet, welche Bilanz kann 40 Jahre später gezogen werden?

In den letzten 40 Jahren hat die EU-Umweltpolitik viel erreicht. Es ist ein breites Spektrum an Gesetzen zu verschiedenen Themen in der Umwelt-, Energie- und Klimapolitik entstanden, die sowohl die Natur und Artenvielfalt als auch die Gesundheit der Menschen schützen soll.
Als ganz konkretes Beispiel dienen europäische Standards für Luft- und Wasserqualität, die die gesundheitliche Beeinträchtigung durch verschmutztes Wasser und verpestete Luft minimieren. Hier spiegelt sich der konkrete Nutzen für den Bürger wieder.
Auch die Initiativen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität haben auf europäischer und internationaler Ebene ein großes Echo erfahren. In diesen Bereichen kann die EU eine Vorreiterrolle spielen und Partner in der Welt gewinnen. Besonders wichtig erscheint mir dabei auch, dass ein erhöhtes Bewusstsein für Umweltthemen geschaffen wurde. Vor allem in Europa haben wir aufgeklärte Bürger, die sich für Umweltschutz engagieren – das hat man nicht zuletzt in Deutschland bei den Anti-AKW-Demonstrationen gesehen.

Welchen Herausforderungen sieht sich die EU gegenüber?

In den nächsten Jahrzehnten wird sowohl der Klimaschutz als auch die Ressourceneffizienz in Europa eine wichtige Rolle spielen. Wenn dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur nicht bald Einhalt geboten wird, führt das zu drastischen Auswirkungen auf die weltweite Umwelt, die Nahrungsmittelproduktion und die Lebensbedingungen von Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern. Die Industriestaaten müssen eine Vorreiterrolle spielen und beweisen, dass eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen möglich ist.
Eine ähnliche Entkopplung muss auch im Bereich Ressourcennutzung stattfinden. Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen steigt jährlich an und übersteigt schon jetzt die Kapazitäten der Erde, die verbrauchten Ressourcen zu regenerieren. Zurzeit konsumiert die Menschheit 1,5 Planeten, dieser ökologische Fußabdruck muss durch effizientere Nutzung von Ressourcen drastisch reduziert und die Recyclingraten deutlich erhöht werden.

Die EU ist klimapolitisch auf einem guten Weg, um die notwendigen Reduktionsvorgaben im Hinblick auf den Treibhauseffekt zu erfüllen. Allerdings wird ein Großteil der Emissionen von anderen Staaten verursacht, beispielsweise den USA und China. Wie stark ist das Umweltbewusstsein außerhalb der EU-Staaten entwickelt?

Die EU kann sich als Vorreiter der Klimapolitik sehen. Durch ihre Gesetzgebung und Fortschritte im Bereich der klimafreundlichen Technologien kann sie vielen Staaten ein Vorbild sein. Wenn die EU dauerhaft beweisen kann, dass eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung bzw. Treibhausgasemissionen möglich ist, werden ihr auch andere Staaten folgen. Vor allem in China und Indien herrscht ein großes Interesse an Technologien für Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, da in diesen schnell demografisch und wirtschaftlich wachsenden Staaten in Zukunft noch mehr Energie benötigt wird und sie sich nicht in eine Importabhängigkeit sehen wollen. Ob Investitionen in klimafreundliche Technologien dann aus Gründen der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit oder wegen eines hohen Umweltbewusstseins erfolgt, ist zweitrangig.

Die EU wird weltweit häufig als „Softpower“ wahrgenommen, die aufgrund der komplexen Entscheidungswege nur langsam handeln kann. Aber beim Klimaschutz drängt die Zeit, kann die EU in einer sich rasch wandelnden Welt zukünftig überhaupt ein notwendiges gestalterisches Gewicht einbringen?

Die EU hat den Vorteil, dass sie einerseits frühzeitig erkennt, in welchen Bereichen im Umwelt- und Klimaschutz Handlungsbedarf besteht und andererseits trotz der komplexen Entscheidungsfindung Lösungswege anbieten kann. Ich sehe den Multilateralismus da nicht als großes Hindernis. Sicherlich muss angesichts der weiterhin wachsenden Union die Entscheidungsfindung verbessert werden, dennoch ist es bisher vor allem im Umweltschutz immer gelungen, internationale Trends zu setzen. Ein wichtiger Vorteil der EU ist, dass sie über die politischen Ziele und Instrumente hinaus auch das technologische und innovative Fachwissen bieten kann, die zur Erreichung dieser Ziele führt. Vor allem im Bereich klimafreundlichen Technologien schaut so die ganze Welt auf die EU.

Erneuerbare Energien

Die erneuerbaren Energien sind stark im Aufwind. Wie bewerten Sie die Stabilität dieser Energieform? Kann im Verhältnis zu den bisher dominierenden Energieformen eine vergleichbare Versorgungssicherheit gewährleistet werden?

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass erneuerbare Energien bis 2050 100% des Energiebedarfs abdecken können. Zurzeit mangelt es vor allem an der Möglichkeit, die Elektrizität zu speichern und dank eines flächendeckenden Energienetzes europaweit zu transportieren. Durch Fortschritte in diesem Sektor sollten aber auch derartige Mängel gelöst werden, sodass erneuerbare Energien einen adäquaten Ersatz für traditionelle Energieformen sein werden.
Greifen wir mal die Solarenergie auf: Ist es sinnvoll, in Deutschland – einem Land, das etwa genauso viel Sonneneinstrahlung hat wie Alaska – Photovoltaikanlagen aufzustellen?
Natürlich wurde viel kritisiert, dass Deutschland nicht genug Sonnenstunden hat, um Solarenergie rentabel zu nutzen. Dennoch hat die große Nachfrage dazu geführt, dass Deutschland internationaler Marktführer im Bereich der Solartechnologie wurde und die Bevölkerung ein neues Verhältnis zur Energieversorgung entwickelt hat. Durch die Demokratisierung der Energiegewinnung ist es vielen Haushalten gelungen, einen Teil ihres Energiebedarfs selber zu produzieren.
In Zukunft sollte allerdings die Förderung von Solarenergie in Südeuropa und Nordafrika verstärkt werden und in Deutschland die Potentiale der anderen erneuerbaren Energieträgern, so zum Beispiel der Offshore-Windproduktion, voll ausgeschöpft werden.

Probleme gibt es auch beim Biosprit: Die Einführung von E10 erfolgte unglücklich. Kann dies überhaupt eine sinnvolle Alternative sein? Denn die Flächen in Europa reichen für eine Grundversorgung bei weitem nicht aus. Begibt man sich hier nicht in eine typische Dialektikfalle der globalisierten Moderne. Das, was an einem bestimmten Ort umweltpolitisch erreicht werden soll, führt andernorts zur Zerstörung von Ökosystemen und verstärkt letztlich nur einen negativen globalen Trend.

Die Einführung von Biosprit war in der Tat unglücklich, was zunächst als großartiges Projekt für einen klimafreundlichen Transportsektor galt, hat sehr schnell die Kehrseite der Medaille entblößt: steigende Preise sowie Knappheit von Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern – da die Grundstoffe in den Tank anstatt auf den Teller gelangen; Änderung der Flächennutzung und demzufolge Begleitschäden für Ökosysteme, Treibhausgasemissionen sowie die Artenvielfalt. Diese Auswirkungen wurden bei der Einführung nicht überdacht und waren in diesem Ausmaße auch nicht abzusehen. Wichtig ist, nun aus den Fehlern zu lernen und entsprechend zu handeln.
Um solche negativen Begleiterscheinungen zu vermeiden, muss die nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen garantiert werden. Solange dies nicht möglich ist, sollte die EU ihr Ziel, 10% der Kraftstoffe aus Biokraftstoffen zu gewinnen, überdenken.

Zum Schluss bitte ein Wort zur aktuellen Situation: Die Eurokrise dominiert die Schlagzeilen und es gab und gibt Kritiker, die Europa für ein elitäres Projekt halten. In England gibt es starke Abwendungstendenzen. Besteht die Gefahr, dass immer mehr EU-Bürger, überfordert von der Komplexität der Fragestellungen, Europa geistig und emotional den Rücken kehren und damit der Rückhalt für die vielen ehrgeizigen Vorhaben verloren geht und nationalstaatliche Tendenzen – auch als Gegenbewegung zu den amorphen globalen Verhältnissen – wieder die Oberhand gewinnen?

Viele ganz große Projekte, die Europa in den Alltag der Bürger gebracht haben, sind schon verwirklicht: die Schlagbäume sind verschwunden und wir bezahlen in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten mit derselben Währung. Frieden und Sicherheit sind mittlerweile selbstverständlich, kein Land hat mehr Angst vor seinen Nachbarn. Was ich derzeit aber beobachte, ist nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Europa infrage stellen, sondern dass sie krisenbedingt verunsichert sind. Und in der Tat kann ich verstehen, dass derzeit nicht ganz klar ist, mit welcher Strategie die europäischen Institutionen einen Weg aus der Krise finden. Das liegt vor allem daran, dass „die EU“ als diffuses Wesen wahrgenommen wird und keiner recht weiß, wer für Europa spricht. Angela Merkel jedenfalls nicht, auch wenn das oft so empfunden wird.

Was wir also brauchen, ist eine direktere Beziehung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den europäischen Institutionen. Wir brauchen mehr Demokratie in Europa und wir brauchen eine Neuverteilung der Kompetenzen, aus der klar und deutlich hervorgeht, wer „die EU“ repräsentiert.

Die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 sind eine entscheidende Zielmarke. Die Parteien in Europa müssen endlich gesamteuropäische Wahlkämpfe mit europäischen Themen führen und die nationale Brille ablegen. Dazu sollte jede europäische Parteienfamilie einen Spitzenkandidaten für den Posten des Kommissionspräsidenten aufstellen. Damit wäre deutlich erkennbar, welche politischen Alternativen zur Wahl stehen. Langfristig werden wir auch gesamteuropäische Listen einführen müssen, die Bürger hätten also zwei Stimmen bei der Europawahl: eine für die jeweiligen nationalen Kandidatenlisten und eine Stimme für die transnationalen europäischen Listen der Parteienfamilien.
Ebenfalls dringend notwendig ist auch eine Klarstellung, wer für Europa sprechen soll. Bisher sind das drei verschiedene Stellen: Die Präsidenten der Kommission und des Europäischen Rates sowie die rotierende Ratspräsidentschaft. Langfristig werden wir uns aber einem Modell einer europäischen Regierung annähern müssen, in dem der Präsident der Europäischen Kommission die Europapolitik erklärt und europäische Interessen vertritt. Mit der eben erwähnten stärkeren Legitimation durch die Europawahlen hätte er dafür auch die notwendige Autorität.

Das Gespräch führte Justament-Autor Jochen Barte.

Veröffentlicht von on Sep 3rd, 2012 und gespeichert unter DRUM HERUM, SONSTIGES, UND DANACH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

3 Antworten for “„Ein Jurastudium ist in der Politik nicht von Nachteil“”

  1. Oktavian sagt:

    Ich kenne Jo Leinen noch als Alten Herren / Cartellbruder bei der katholischen deutschen Studentenverbindiung Novesia Bonn… damals hatte er sehr konserwative Wertvorstellungen…

  2. Jürgen W. Ludwig sagt:

    Wertkonservativ zu sein hat nichts mit Rückständigkeit zu tun! Der „Progressive“ wirft häufig seine alten Möbel aus dem Fenster, bevor er Neue finanzieren kann. Das nennt man dann Dummheit!

  3. mercadeo sagt:

    Ein Blick in die Nationalen Aktionspläne für erneuerbare Energien der anderen EU-Länder zeigt jedoch, dass auch in anderen Mitgliedstaaten zur Erreichung der europäischen Ausbauziele vielfach auf Bioenergie gesetzt wird und somit auch dort die Biomasse größtenteils für die eigene Energiegewinnung benötigt wird.

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