Aufwendungen für das (Jura-) Studium als Werbungskosten

Oliver Niekiel

Landgericht Berlin (Foto: privat)

Landgericht Berlin (Foto: privat)

Leser der Justament wissen es: Das Jurastudium kostet eine Menge Geld. Die Aufwendungen für Repetitorium, Studiengebühren, Fachliteratur, Arbeitsmittel und die Fahrten zwischen Wohnung und Universität oder privater Arbeitsgemeinschaft können schnell mehrere tausend Euro pro Jahr betragen. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie eine Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben in den letzten Monaten und Jahren für einige Unsicherheit gesorgt. Zudem ist vielen (ehemaligen) Studenten nicht klar, für welchen zurückliegenden Zeitraum sie noch Steuererklärungen abgeben und ihre studienbedingten Aufwendungen geltend machen können. Vorliegender Beitrag fasst deshalb die aktuelle Rechtslage zusammen.

Bereits mit Urteil vom 18. Juni 2009 (abgedruckt in NJW 2009, 3390) hatte der BFH in verfassungskonformer Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG entschieden, dass das seit dem Jahre 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten eines Erststudiums der Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten eines Erststudiums jedenfalls dann nicht entgegenstehen, wenn dem Studium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Mit anderen Worten: Wer vor dem Studium schon eine Berufsausbildung absolviert hatte, konnte zumindest seit der Entscheidung des BFH aus dem Jahre 2009 seine studienbedingten Aufwendungen als Werbungskosten in vollem Umfang geltend machen.

Mit zwei Urteilen vom 28. Juli 2011 (abgedruckt in NJW 2011, 2909 und in NJW 2011, 2912) hat der BFH nunmehr – und das ist die eigentliche Überraschung – entschieden, dass die Kosten eines Erststudiums auch dann als Werbungskosten geltend gemacht werden können, wenn dem Studium keine Berufsausbildung vorausgegangen ist. Voraussetzung hierfür sei lediglich, dass das Studium hinreichend und konkret durch die spätere Berufstätigkeit veranlasst sei (also etwa das Jurastudium durch die spätere Berufstätigkeit als Rechtsanwalt, Staatsanwalt, Notar oder Richter).

Soweit so gut. In bislang nicht gekanntem Tempo hat der Finanzausschuss des Bundestages jedoch bereits am 26. Oktober 2011 dem Entwurf des sogenannten Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes zugestimmt. Dabei wurde unter anderem auch dem Antrag zugestimmt, den Abzug von Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten durch eine sogenannte klarstellende Regelung im Einkommensteuergesetz gänzlich auszuschließen. Kosten des Steuerpflichtigen für sein Erststudium sind danach trotz der anderslautenden Entscheidungen des BFH aus 2011 keine Werbungskosten mehr. Zwar wurde zugleich die Höchstgrenze für den Sonderausgabenabzug von 4.000 € auf 6.000 € erhöht. Dies macht aber nur für diejenigen Sinn, die über entsprechend hohe Einkünfte verfügen. Denn durch hohe Sonderausgaben kann man – anders als durch entsprechende Werbungskosten – keine vortragsfähigen Verluste ansammeln. Auffällig: Die gesetzliche „Klarstellung“ des nicht möglichen Werbungskostenabzugs gilt bereits rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004, während die gleichzeitig beschlossene Erhöhung des Sonderausgabenabzugs erst am dem Veranlagungszeitraum 2012 gilt. Somit gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes: Ein Werbungskostenabzug ist hinsichtlich der Aufwendungen für ein Erststudium nicht möglich.

In jedem Fall sollten (ehemalige) Studenten deshalb eine Steuererklärung abgeben und darin ihre sämtlichen Aufwendungen für das Studium als Werbungskosten geltend machen. Auf diese Weise sollten Verlustvorträge gesammelt werden, die dann bei einer (späteren) Berufstätigkeit genutzt werden können. Dabei ist lediglich die sogenannte Festsetzungsverjährung zu beachten. Die Festsetzungsfrist beträgt bei der Einkommensteuer grundsätzlich vier Jahre. Sie beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wenn eine Steuererklärung abzugeben ist (etwa weil der Steuerpflichtige einen Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragen hat), kommt es zu einer Anlaufhemmung und die Festsetzungsfrist beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung abgegeben wurde, spätestens aber nach drei Jahren. Im Idealfall können also noch für die letzten sieben Jahre Steuererklärungen abgeben werden. Besteht keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, greift die dreijährige Hemmung jedoch nicht. Dann kann man nur vier Jahre zurück.

Sollten die geltend gemachten Aufwendungen – wovon auszugehen ist – im Steuerbescheid nicht anerkannt werden, ist innerhalb eines Monats Einspruch einzulegen. Hierzu bedarf es nicht der Mitwirkung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters. Es fallen nicht einmal Kosten gegenüber der Finanzbehörde an, wenn das Einspruchsverfahren schließlich verloren gehen sollte. Unter Hinweis auf das oben genannte laufende Revisionserfahren vor dem BFH (und demnächst gegebenenfalls vor dem BVerfG)  kann das Einspruchsverfahren bis zu einer endgültigen höchstrichterlichen Klärung ruhend gestellt werden. Und was schult schließlich besser für die nahende Berufspraxis als ein selbst geführtes Rechtsbehelfsverfahren?!

Zum Abschluss noch ein Tipp: Der BFH hat durch Urteil vom 9. Februar 2012 (VI R 44/10) die Fahrtkosten einer Studentin zur Universität als vorwerggenommene Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Nach dieser Rechtsprechung können Studenten für ihre Fahrt zur Uni die tatsächlichen Kosten geltend machen, und zwar – anders als die Entfernungspauschale – für Hin- und Rückfahrt. Weil der BFH die Universität nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte einstuft, können Studenten für die ersten drei Monate sogar die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen in der Steuererklärung geltend machen.

Veröffentlicht von on Okt. 22nd, 2012 und gespeichert unter DRUM HERUM, NIEKIELS SERVICE ECKE. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

1 Antwort for “Aufwendungen für das (Jura-) Studium als Werbungskosten”

  1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber keine oder geringere als die oben angeführten Reisekostenersätze steuerfrei erhalten, können die genannten Beträge beim Finanzamt geltend machen (so genannte „Differenzwerbungskosten“). Taggelder (sowie „Differenztagesgelder“) sind aber nicht absetzbar, wenn ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird. Erfolgt innerhalb von sechs Kalendermonaten kein Einsatz am neuen Mittelpunkt der Tätigkeit, lebt der Anspruch auf Tagesgelder wieder neu auf.

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