Die GROßE Schule des juristischen Denkens von Ingeborg Puppe
Patrick Mensel
Studenten werden sie spätestens nach der ersten Hausarbeit im Strafrecht kennen lernen. Die Rede ist von Ingeborg Puppe, Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtstheorie an der Universität Bonn. Ihre Ansichten zu den Streitfragen im Strafrecht sind oftmals als „a. A.“ gekennzeichnet. Studenten weigern sich – nicht zuletzt wegen dieses Kürzels – eingehender auf ihre Meinungen einzugehen. Warum aber Ingeborg Puppe oftmals statt aller ein Problem anders beantwortet, liegt nicht an mangelnder Anpassungsfähigkeit für die „h. M.“ sondern an ihrem exakten juristischen Denken, welches sie in ihrem in 2. Auflage erschienenem Buch vorstellt.
Studenten meiden allzu oft die juristischen Grundlagenwerke, gilt der Stoff doch als trocken und schwer durchdringbar. Dass dies aber auch anders geht, zeigt die „Kleine Schule des juristischen Denkens“. Puppe bietet dem Leser ein klar strukturiertes Handwerkszeug für die juristische Methodenlehre an. Es handelt sich nicht um ein Lehrbuch, das sich zum Ziel gesetzt hat, den derzeitig erreichten Forschungsstand zu referieren, sondern um ein Lehrbuch, welches dem Studenten eine zielgerichtete Möglichkeit bieten will, in das „Neuland Methodenlehre“ einzutauchen.
Das Buch gliedert sich in sechs Abschnitte. Im ersten Kapitel („Die Begriffe im Recht“) wird die juristische Begriffsbildung eingeführt. Puppes Begriffsformen sind klar definiert. Studenten werden vor allem im letzten Abschnitt („Subsumtion und Definition“) einige wertvolle Hinweise erhalten. Gerade im Hinblick auf eine unter starkem Zeitdruck entstehende Klausurlösung werden hier zielgenaue Tipps dem Studenten dienlich sein.
Der nächste Abschnitt behandelt die klassischen Methoden der Gesetzesinterpretation. Vor allem die Ausführungen zur teleologischen Interpretation sollten für jeden Studenten Pflichtlektüre sein. Bei den Argumentationsformen der Rechtsfortbildung erhält der Leser eine verlässliche Übersicht. Die ausführliche Erläuterung zum Argumentum ad absurdum findet in kaum einem anderen Buch ihresgleichen.
Es schließt sich das Kapitel „Recht und Logik“ an, das einen der Höhepunkte des Werkes ausmacht. Hervorzuheben sind die Ausführungen zu den logischen Fehlern. Besonders der Zirkelschluss unterläuft Studenten recht häufig. Die damit verbundenen Fehler werden anhand des Streitstandes zum Vermögensbegriff im Rahmen des § 263 StGb erläutert. An dieser Stelle zeigt sich zum wiederholten Male, dass das Buch für Studenten eine wahre Fundgrube an Hilfestellungen bietet.
Das Buch endet mit den Kapiteln zur Argumentationslehre und zur systematischen Methode.
Studenten, welche sich bisher gescheut haben, ein Lehrwerk zur juristischen Methodik anzugehen, haben nach dem Werk von Puppe keine Ausreden mehr: Ein Lehrbuch, das die juristische Methodenlehre in so einfacher Sprache anhand zahlreicher Beispiele bis aufs Exempel durchexerziert, muss geradezu gelesen werden. Die Zugewinne für die Leser werden enorm sein. Es sei darauf hingewiesen, dass das Werk die Methodenlehre anhand von Streitigkeiten aus dem Strafgesetzbuch aufbereitet. Leser, die also unbedingt etwas zu Problemen aus dem Zivilrecht lesen wollen, sollten sich ein anderes Buch anschaffen, denn sie werden keinen einzigen zivilrechtlichen Streitstand finden. Dies aber ist kein wirklicher Nachteil des Buches. Anhand der Ausführungen sollte jeder aufmerksame Leser das juristische Denken auch in anderen Rechtgebieten anwenden können. Ansonsten wäre die Lektüre schließlich umsonst gewesen.
Ingeborg Puppe
Kleine Schule des juristischen Denkens
UTB Verlag Stuttgart, 2. Aufl. 2012
221 Seiten, 15,90 EUR
ISBN-10: 3825230538