Schreiende Ungerechtigkeit oder sinnvolle Rechtswohltat?

Justament-Debatte: Strafbefreiende Selbstanzeige abschaffen?

justitia

Bild: www.denoda.de

Es ist doch ein Skandal: Gerade so, als ob man im Supermarkt etwas klauen würde, und wenn man es hinterher zugibt, nicht bestraft wird und noch ganz offiziell die Hälfte von seiner Beute behalten darf. So empören sich regelmäßig die Kritiker der strafbefreienden steuerrechtlichen Selbstanzeige, die in Deutschland schon seit fast fünfundneunzig Jahren dem reuigen Steuersünder eine Brücke zum Recht bauen soll. Und es ist ja auch nur schwer einzusehen, warum für Steuerstraftäter ein solcher persönlicher Strafaufhebungsgrund gilt, für alle anderen Gesetzesbrecher aber nicht. Bedenkt man dann noch die großzügigen steuerlichen Verjährungsregeln, gemäß denen alles, was länger als zehn Jahre zurückliegt, ohnehin nicht mehr strafbar ist,  so gewinnt man den Eindruck, dass die Steuerhinterziehung in den Augen unseres Gesetzgebers am Ende doch nur ein Kavalliersdelikt ist.

Und doch steht die große Mehrheit unserer politischen Klassse hinter dieser „Rechtswohltat“, ermöglicht sie immerhin die Erschließung von Steuerquellen, die dem Staate sonst womöglich niemals zugänglich geworden wären. Es geht hier nicht selten um kapitale Beträge, die in der Summe durchaus Löcher im klammen Staatshaushalt stopfen können, was langfristig zur Entlastung der Steuerzahler und zum Wohle der Allgemeinheit beiträgt. Ganz verhindern können wird man Steuerdelikte ohnehin nicht, allenfalls durch eine totale Überwachung aller Bürger, die niemand wollen kann. Da ist es doch nur vernünftig, es bei den Steuersündern grundsätzlich im Guten zu versuchen, zumal die immer höhere Zahl an Selbstanzeigen in den letzten Jahren doch zeigt, dass sich dieses rechtspolitische Instrument bewährt hat. Das finden zumindest die Anhänger der strafbefreienden Selbstanzeige.

Und wie seht Ihr das, liebe Leserinnen und Leser? Eure Meinung ist mal wieder gefragt!

Veröffentlicht von on Mrz 3rd, 2014 und gespeichert unter DRUM HERUM, SONSTIGES. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

5 Antworten for “Schreiende Ungerechtigkeit oder sinnvolle Rechtswohltat?”

  1. Johannes Kraut sagt:

    Wer jetzt mit dem Finger auf Uli Hoeneß und Alice Schwarzer und andere zeigt und sie am liebsten hinter Gittern sehen würde, der soll sich mal an die eigene Nase fassen und darüber nachdenken, wie oft sie oder er schon schwarz mit dem Bus gefahren ist oder sich was illegal aus dem Netz geladen hat. Wer dann noch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!

  2. Florian Wörtz sagt:

    Die Verjährungsfristen sollten zumindest verschärft werden, sodass es sich wirtschaftlich nicht so schnell rechnet, dass in der Vergangenheit Steuern hinterzogen wurden. 10 Jahre halte ich für etwas knapp bemessen. Aber allgemein ist es schon bedenklich, dass man einen einzigen Straftatbestand so privilegiert, dass man sich von seiner strafrechtlichen Schuld „freikaufen“ kann.

  3. Mimi P. sagt:

    So einfach kann das mit der Selbstanzeige ja wohl nicht sein, wenn nicht einmal Uli Hoeneß das richtig hinbekommen hat und jetzt vielleicht mit einer Gefängnisstrafe rechnen muss. Ich finde, man sollte jedem eine zweite Chance geben. Und die Selbstanzeige hat sich doch bewährt.

  4. J. Rebus sagt:

    Man muss eine Stufe früher ansetzen und die Akzeptanz der Pflicht zur Steuerzahlung erhöhen. Solange Steuergelder in vermeintliche Prestigeobjekte gesteckt werden, deren Kosten regelmäßig aus dem Ruder laufen, solange damit unter anderem Banken gerettet werden (während z. B. die aktuellen Probleme der Hebammen niemanden interessieren), solange sich die Abgeordneten nahezu beliebig ihre steuerfinanzierten Diäten erhöhen, zahlt niemand gerne Steuern. Gerade der Fall Uli Hoeneß zeigt ja, dass die Bereitschaft zum Geben (für den guten Zweck) durchaus besteht. Außerdem muss man sich die Frage stellen, ob eine Steuerhinterziehung – jedenfalls gefühlt und ab einem bestimmten Hinterziehungsbetrag – tatsächlich härter bestraft werden muss als eine schwere Körperverletzung. Schließlich sollte endlich auch die Steuerverschwendung unter Strafe gestellt werden.

  5. Rüdiger R. sagt:

    Sehr richtig, J. Rebus. – Allerdings muss der Hoeneß jetzt wirklich ins Gefängnis. Naja, bei 28 Millionen. Wer es so übertreibt, hat es am Ende nicht besser verdient. Er kann sich ja tagsüber im offenen Vollzug als zusätzliche Wiedergutmachung weiteren wohltätigen Projekten widmen, zum Beispiel mal eine Stiftung für die Hebammen gründen. Dann trügen die Hebammen künftig T-Shirts mit der Aufschrift „Dieses Kind wird geboren mit freundlicher Unterstützung von Uli Hoeneß“. Oder er rettet mit einer Großspende den Bau des Berliner Flughafens, dann ließe sich sicher auch über eine Umbenennung in „Uli-Hoeneß-Flughafen“ reden.

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