Ohne ihn geht’s nicht

Der Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht in 17. Auflage

Jens Jenau

Die jährliche Neuauflage des „Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht“ ist Beleg für die permanente Weiterentwicklung des Arbeitsrechts. So dokumentiert dies auch die 2017er Auflage mit Stand 1.9.2016. Die Autoren – allesamt BAG-Richter, Anwälte und Rechtswissenschaftler- ein jeder Spezialist in dem von ihm kommentierten Gebiet, verfolgen das Ziel, der arbeitsrechtlichen Praxis einen systematisch strukturierten und klaren Überblick zum aktuellen Meinungsstand in den verstreuten arbeitsrechtlichen Gesetzen zu geben, um fundierte und belastbare Entscheidungen im Prozess treffen zu können oder vertretbare Argumentationsstränge in der Beratung und Vertretung entwickeln zu können. Dazu erläutern sie fast 50 der wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetze gleichzeitig wissenschaftlich fundiert wie auch sehr praxisorientiert. Beginnend mit den relevanten Grundgesetz-Normen schlagen die Autoren den Bogen etwa vom AGG, über das ArbZG, AÜG, BDSG, BetrVG, EFZG, FPflZG, KSchG, MiLoG, PflegezeitG, die relevanten Normen der Sozialgesetzbücher III, IV, V, VI, VII, und IX bis zum TzBfG und WZVG.

Gleichwohl übersieht der „Erfurter“ nicht die Schnittstellen zum Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Somit bietet er gewissermaßen eine aktuelle wie umfassende Bibliothek zum Arbeitsrecht in einem einzigen Band. Intensiv werten die Autoren die neueste Rechtsprechung von BAG, BSG, BFH, EuGH oder der LAGe aus. Deshalb hat eine große Zahl an Entscheidungen des EuGH – entsprechend der steigenden Bedeutung der europarechtlichen Rechtsprechung für das Arbeitsrecht – sowie der Bundes- und Instanzgerichte – etwa zum Befristungsrecht, zum Kündigungsschutz, zum AGG oder zur AGB-Kontrolle Eingang in die Erläuterungen gefunden. Daneben sind die neueste Literatur sowie neueste Gesetzesänderungen berücksichtigt. Folglich verwundert es den geneigten Leser nicht, dass in der 17. Auflage des „Erfurter“ bereits die neueste Rechtsprechung und Rechtslage beim Mindestlohn und der Tarifeinheit bearbeitet ist. Ebenfalls findet man einen Ausblick auf das Anfang 2017 noch geplante Gesetzespaket gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen sowie auf noch bevorstehende Reformen zum Arbeitnehmerbegriff oder auf das Mutterschutzrecht.

Weiteres Merkmal der Praxistauglichkeit des Werks neben der angesprochenen wissenschaftlichen Tiefe sind die immer aktuellen Schwerpunktsetzungen der Autorenschaft in den jeweiligen Auflagen. In der 2017er Auflage rücken die rechtliche Einordnung der in Wissenschaft und Praxis kontrovers diskutierten Auswirkungen von Arbeit 4.0 mit ihren Folgen, etwa für das ArbZG sowie die Erläuterung der novellierten Fassung des WZVG inklusive der zeitgleich einsetzenden BAG-Rechtsprechung dazu und die Auswirkungen des Tarifeinheitsgesetzes in den Blickpunkt der juristischen Ausführungen. Das ist aber nicht alles. Darüber hinaus widmet sich Schlachter in ihren Kommentierungen des Art. 157 AEUV und zum AGG bereits dem Entwurf zum Entgeltgleichheitsgesetz und zeigt dessen mögliche Auswirkungen auf das AGG (etwa im Rahmen des § 8) auf. Schon an dieser Stelle sei die Lektüre von Schlachters strukturierten wie verständlichen Erläuterungen des AGG empfohlen. Steinmeyer beleuchtet bereits die Änderungen beim Betriebsrentengesetz infolge der EU-Mobilitäts-Richtlinie und des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie, das zum 1.1.2018 in Kraft treten wird. Darüber hinaus sind Franzens Erläuterungen zu der fortschreitenden Entwicklung im Bereich des Mindestlohns und des MiLoG mit seinen Anspruchsvoraussetzungen, Regelungen zur Fälligkeit und Unabdingbarkeit hervorzuheben. Preis geht in seinen umfassenden Erläuterungen zum AGB-Recht im Arbeitsrecht (§§ 305-310 BGB) ausführlich auf die am 1.10.2016 in Kraft getretene Novellierung des § 309 Nr. 13 BGB ein, die erhebliche Auswirkungen in der Praxis der Vertragsgestaltung mit sich bringen wird. Daneben verblassen erneut die Erläuterungen von Kania zu § 87 BetrVG, von Oetker zur Sozialen Auswahl iRd. § 1 KSchG und Änderungskündigung (§ 2 KSchG) nicht.

Unabhängig von der Informationsflut erhält der Leser einen sehr strukturierten wie guten Zugang in die arbeitsrechtlichen Problematiken und Rechtsprechung -mit teils auch kritischer Würdigung seitens der Bearbeiter- sowie neue Argumentationen, um offene Fragen zu lösen und für Prozesse wie für Mandantengespräche und Beratungen gut gerüstet zu sein.

Fazit: Der erste Blick des Arbeitsrechtspraktikers geht in den „Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht“. Er führt immer zu praxisgerechten und interessengerechten Lösungen. Seine Aktualität, wissenschaftliche Tiefe bei gleichzeitiger Praxistauglichkeit machen ihn zu dem zuverlässigen Standard- und Nachschlagewerk für jeden Juristen oder Rechtsanwalt, der sich mit arbeitsrechtlichen Fragen oder Entwicklungen auseinanderzusetzen hat.

 

Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht
Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.),
17. Auflage 2017, 2.976 Seiten, 179,00 €,
Verlag C.H. Beck
ISBN: 978-3-406-69612-1

Veröffentlicht von on Nov 6th, 2017 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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