Jenseits und diesseits der Überforderung

Bücher zum „Recht für Soziale Arbeit“ im Praxistest

Thomas Claer

Da ist man zum neuen Job als Dozent an einer privaten Hochschule gekommen wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind, hat sich gleich mit der einschlägigen Literatur versorgt und diese sodann einem Praxistest unterzogen. Um Öffentliches Recht im Studiengang „Soziale Arbeit“ geht es also. Nun denn, wie heißt es so schön: Ein guter Jurist muss alles können. Zunächst einmal ist nicht ganz klar, was genau hier alles zum “Öffentlichen Recht“ gehören soll. Es gibt in diesem Studiengang noch zwei weitere Rechts-Vorlesungen neben meiner, erfahre ich: Zivilrecht und Sozialrecht. Alles andere könne ich behandeln, sagt man mir, also auch Strafrecht, das ja streng genommen ebenfalls dem Öffentlichen Recht zuzuordnen ist, auch wenn es fast nie so gesagt wird. Schnell merke ich, dass ich unter den einschlägigen Lehr- und Arbeitsbüchern keins finde, das exakt die für mich relevanten Themen abdeckt. Entweder fehlt das Strafrecht oder der Schwerpunkt liegt ganz klar auf dem Sozialrecht.

Am brauchbarsten ist für mich zunächst einmal „Verfassungs- und Verwaltungsrecht für die Soziale Arbeit. Eine praxisnahe Einführung“ von Sabahat Gürbüz. Ohne zu sehr in die sozialrechtlichen Details zu gehen, erläutert die Autorin verständlich und übersichtlich die Grundlagen der titelgebenden Rechtsgebiete. Dieses Buch ist wirklich eine große Hilfe, bringt es doch genau das auf den Punkt, was die Studenten wissen und verstehen müssen, ohne sie zu überfordern. Letzteres ist besonders wichtig, denn Studierende der Sozialen Arbeit sind nun einmal keine Juristen, brauchen aber gewisse Kenntnisse, den nötigen Überblick und vor allem ein Grundverständnis der Zusammenhänge. Zudem enthält das Werk auch einige ausführlich erläuterte Anwendungsfälle. Was (mir) freilich fehlt in diesem Buch, ist das Strafrecht.

Hierfür ziehe ich nun die anderen Lehrbücher heran: „Grundkurs Recht für die Soziale Arbeit“ von Reinhard J. Wabnitz und „Soziale Arbeit und Recht“ von Christof Stock und Barbara Schermaier-Stöckl. Zu Letzterem gibt es sogar noch eine separate Fallsammlung. Das kleine (auch kleinformatige) Büchlein von Wabnitz fasst das gesamte Rechtswissen für die Soziale Arbeit kurz und knapp zusammen. Hier werde ich auch fündig, was das Strafrecht angeht. Besonders herauszustellen ist in diesem Werk der starke Praxisbezug in allen Rechtsgebieten. Es enthält sogar einen Musterschriftsatz zur Einlegung eines Widerspruchs. So etwas gibt es im Buch von Sabahat Gürbüz, das doch eine Spur theorielastiger ist, nicht. Bei Wabnitz sorgen viele Kästen mit durchnummerierten Übersichten für Struktur. Auch dieses Buch übertreibt es nicht mit den Vertiefungen und gibt insgesamt einen guten Überblick. Weitaus ambitionierter geraten ist der sehr ausführliche Doppelpack von Lehrbuch und Fallsammlung von Stock und Schermaier-Stöckl. Für die Studenten meines Studienganges wäre das aber sicherlich zu überdimensioniert. Bei ihnen würde die vorgesehene Zeit wohl auch gar nicht ausreichen, um eine solche Fülle des Stoffs zu bewältigen. Zum Vertiefen oder für intensiver und/oder extensiver konzipierte Studiengänge sind diese Bücher sicherlich ausgezeichnet.

Bleibt noch die von Ulrich Stascheit bereits in 32. Auflage herausgegebene Gesetzessammlung „Gesetze für Sozialberufe“. Die hatte ich eigentlich für besonders wichtig gehalten. Zu jeder Vorlesung wollte ich sie mitbringen und vor den Studenten daraus zitieren, so hatte ich es mir eigentlich gedacht. Mir klangen noch die Worte meiner Professoren im Jura-Studium in den Ohren: „Ohne Gesetzessammlung sind Sie hier fehl am Platz!“ Aber das war vor mittlerweile 25 Jahren! Schon bei meiner Antrittsvorlesung hatte ich nun das Problem, dass die 2400 Seiten starke gelbe Gesetzessammlung einfach nicht in meine Tasche passen wollte, in der bereits mein Laptop einen Großteil des verfügbaren Platzes einnahm. So verzichtete ich dann auf die Mitführung der Gesetze und merkte in der Vorlesung bald, dass es auch sehr gut ohne sie ging. Wenn ich den Wortlaut eines Gesetzes benötigte, bat ich einfach meine Studenten, diesen doch schnell einmal auf ihrem Smartphone zu googlen. So einfach war das. Fortan ließ ich das dicke gelbe Buch immer zu Hause. Für Studenten in Prüfungen mögen solche Gesetzessammlungen weiterhin unverzichtbar sein, als Lehrender braucht man sie aber gar nicht mehr unbedingt…

Sabahat Gürbüz
Verfassungs- und Verwaltungsrecht für die Soziale Arbeit. Eine praxisnahe Einführung
utb / Ernst Reinhardt Verlag München 2016
171 Seiten; 24,99
ISBN: 978-3-8252-4561-0

Ulrich Stascheit (Hg.)
Gesetze für Sozialberufe. Die Gesetzessammlung für Studium und Praxis
Fachhochschulverlag Frankfurt am Main, 32. Aufl. 2018
2400 Seiten; 18 EUR
ISBN: 978-3-943787-95-5

Christof Stock und Barbara Schermaier-Stöckl
Soziale Arbeit und Recht: Lehrbuch
Nomos Verlag Baden-Baden 2016
491 Seiten; 39,00 EUR
ISBN: 978-3848733132

Christof Stock und Barbara Schermaier-Stöckl –
Soziale Arbeit und Recht: Fallsammlung
Nomos Verlag Baden-Baden 2016
229 Seiten; 29,00 EUR
ISBN: 978-3848732920

Reinhard J. Wabnitz
Grundkurs Recht für die Soziale Arbeit
4. Auflage utb / Ernst Reinhardt Verlag München 2018
242 Seiten; 21,99 EUR
ISBN:978-3-8252-4587-0

Veröffentlicht von on Okt 15th, 2018 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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