Traurig und süß, klagend und quietschend

Scheiben vor Gericht Spezial: 40 Jahre The Cure

Thomas Claer

So düster viele Songs der englischen Band „The Cure“ auch sind, vor allem jene aus ihrem Frühwerk, so ist in ihnen doch immer auch eine Spur von Süße enthalten. Und umgekehrt lässt sich sagen: So süßlich und poppig viele Cure-Songs auch sein mögen, insbesondere solche aus ihrer mittleren und späten Schaffensperiode, so tragen sie dennoch stets einen Hauch von Melancholie in sich. Vielleicht liegt ja hierin das Geheimnis von „The Cure“ begründet, dem Lebenswerk des Sängers und Texters Robert Smith (Jahrgang 1959), das dieser über nunmehr vier Jahrzehnte mit immer anderen Musikern um- und fortgesetzt hat: Traurigkeit und Süße sind in ihren Liedern unauflöslich ineinander verschränkt. Robert Smiths Gesang hat dabei aber auch fortwährend etwas jammervoll Klagendes – und kontrastiert dadurch auf raffinierte Weise mit den oft einschmeichelnden Melodien seiner Songs. Und noch hinzu kommt, dass diese regelmäßig auf besondere Weise, wie soll man sagen, ein wenig quietschend und schrill klingen, was ihnen einen ganz eigenen Charakter gibt.

Besonders beeindruckend wirkt aus heutiger Sicht die Anfangsphase der „Cure“ in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Man kann wohl sagen, dass sie seinerzeit so etwas wie ein heißer Szene-Act gewesen sind. Zwar hatten sie mit „Boys Don’t Cry“ gleich zu Beginn einen kleinen Hit in Amerika, doch brachte dies ihren sehr speziellen Ruhm in der Dark Wave- und Gruftiszene nicht ernsthaft in Gefahr. Seit den frühen Achtzigern trat die Band in schwarzer Kluft und Robert Smith mit gebleichtem Gesicht und rotgeschminkten Lippen auf. Ihre Musik zu jener Zeit war dabei überraschend abwechslungsreich, blieb aber gleichwohl immer sehr eigenartig. Als ihr ganz großes Meisterwerk kann die LP „Boys Don’t Cry“ gelten, die zunächst nur für den amerikanischen Markt gedachte Version ihres Debütalbums „Three Imaginary Boys“, ergänzt um mehrere in jener Zeit erschienene Singles der Band. Sie enthält u.a. das manchmal missverstandene „Killing an Arab“, eine Adaption des Romans „Der Fremde“ von Albert Camus, eines Hauptwerks des Existenzialismus. Doch waren die Nachfolgealben ebenfalls noch höchst brillant, wobei hier besonders „The Top“ (1984) hervorzuheben ist, ihr vielleicht geheimnisvollstes Werk mit obskuren ägyptischen und indischen musikalischen Einflüssen und dementsprechend rätselhafter Gestaltung des Plattencovers (siehe Abbildung).

Kommerziell gelang der endgültige Durchbruch mit dem Album „Disintegration“ (1989), dem Single-Hit Lullaby und seinem berühmten Spinnen-Video. Doch obgleich nun im Mainstream angekommen blieb der Cure-Sound auch in den Jahren darauf markant und unverwechselbar, wenn auch längst nicht mehr so aufregend wie in ihrem ersten Jahrzehnt.

Cure-Alben bis 1989
– Three Imaginary Boys / Boys Don’t Cry (1979)
– Seventeen Seconds (1980)
– Faith (1981)
– Pornography (1982)
– Japanese Whispers (1983)
– The Top (1984)
– The Head on the Door (1985)
– Kiss me Kiss me Kiss me (1987)
– Disintegration (1989)

Veröffentlicht von on Nov 19th, 2018 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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