Zwei unterschätzte Value-Investoren verraten ihre Anlagegeheimnisse
Patrick Mensel
Bevor Bernard Arnault internationale Bekanntheit als Investor erlangte, waren es an der Wall Street entweder Amerikaner oder Briten, die Maßstäbe setzten und nicht ein Franzose aus der Provinz. Mit Jean-Marie Eveillard hat sich das Blatt gewendet.
Er wurde 1940 in Poitiers geboren und nachdem er dort zur Schule gegangen ist, studierte er an der École des hautes études commerciales in Paris Wirtschaftswissenschaften. Seinen ersten Arbeitsplatz trat er 1962 bei der Société Générale an, einer der drei größten Geschäftsbanken Frankreichs. Acht Jahre später folgte der Umzug in die Vereinigten Staaten, um für die amerikanische Dependance der Société Générale zu arbeiten. Dies war der First Eagle Global Fund, dessen Volumen von ca. 10 Millionen $ über die Jahrzehnte auf ungefähr 62 Milliarden $ anwuchs.
2004 hörte Eveillard mit überzeugender Performance auf. In der Finanzkrise 2008 wurde er kurzzeitig reaktiviert, um heute noch als Senior Advisor in seinem Unternehmen tätig zu sein.
Ein ganz anderer Werdegang ist bei Guy Spier zu verzeichnen. Guy Spier ist Gründer des Aquamarine Fonds und ist öffentlich vor allem dafür bekannt, dass er bei einer Versteigerung ein Mittagessen mit Warren Buffett im Jahr 2007 gewonnen hat. Dabei lernte er den Investor aus Omaha kennen und entdeckte in ihm ein Vorbild, das ihn fortan auf seiner eigenen Reise durch das Universum des Value-Investing begleiten sollte.
Spier studierte an der Universität von Oxford und der Harvard Business School. Mit seinen Abschlüssen und Bestnoten nahm er an, dass es ein Leichtes sein werde, eine vielversprechende Karriere an der Wall Street zu absolvieren. Doch Spiers Weg begann mit gewaltigen Problemen. Bereits sein erster Job war dubios. Er vermutete Korruption in seiner eigenen Firma und verließ seinen Arbeitgeber schnell wieder. Eine richtige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass kurze Zeit später die Angestellten dieses Unternehmens in 173 Fällen wegen Aktienmanipulation bestraft wurden. Guy Spier hatte eines gelernt: Mit dubiosen und grenzwertigen Machenschaften wollte er definitiv nichts zu tun haben. Für ihn begann eine harte Zeit, in deren Fortschreiten er sich eingestehen musste, dass seine prestigereichen Uniabschlüsse ihm nicht die Fähigkeiten vermittelt hatten, in der Berufswelt zurechtzukommen. Der Autor fällte die Entscheidung, einen eigenen Investmentfonds aus der Taufe zu heben, der sich nur nach der Methode Buffett orientieren sollte.
Und hier kommen sich beide Bücher sehr nahe. Eveillards Anlagestil richtet sich nach dem Value-Investing. Anfangs nahm er Benjamin Graham und dessen strengen Ansatz nur allzu genau. Später fand er mehr Orientierung an Warren Buffetts Ansatz. So wie bei Guy Spier ist sein bevorzugter Anlagehorizont weit mehr als 5 Jahre. Ausgehend von soliden Zahlen eines Unternehmens bestimmt Eveillard sehr penibel den Qualitätsaspekt. Werte genau zu quantifizieren, ist ohnehin das Schwierigste im Value Investing. Beide Autoren geben gute Tipps bei der Vorgehensweise und verschmähen auch nicht den Top-down Ansatz. Eveillards Performance spricht Bände: In jedem Jahr seiner Tätigkeit konnte er mehr als 15% verbuchen. Das macht den Franzosen zu einem der besten Value Investoren weltweit.
Eveillards Weitsicht und profunde Kenntnisse der Vergangenheit gepaart mit Spiers neuen Denkanstößen zum Thema Value Investing machen beide Bücher zu sehr interessanten Titeln der Thematik. Es ist schön zu sehen, dass auch neben Warren Buffett ernstzunehmende Value Investoren existieren, die den Vergleich nicht zu scheuen brauchen.
Jean-Marie Eveillard
Value Investing: Mein Weg, meine Erfolge, meine Fehler
FinanzBuch Verlag, 2017
Sprache: Deutsch, 192 Seiten, Gebundene Ausgabe
ISBN-10: 395972067X
ISBN-13: 978-3959720670
Guy Spier
Die Lehr- und Wanderjahre eines Value-Investors: Mein ganz persönlicher Weg zu Reichtum und Weisheit
FinanzBuch Verlag, 2017
Sprache: Deutsch, 240 Seiten, Taschenbuch
ISBN-10: 3898797384
ISBN-13: 978-3898797382