„Share Deals im System der grunderwerbsteuerrechtlichen Ergänzungstatbestände“ von Lea Berens in Erstauflage
Rüdiger Rath
Dissertationen liest normalerweise kein Mensch außer dem Doktorvater (oder der Doktormutter) und dem Zweitgutachter (wenn er sie nicht einfach nur überfliegt und durchwinkt) sowie den korrekturlesenden Freunden und Eltern des Doktoranden (m/w/d). Eventuell bemüht sich irgendwann später, sofern die Promovierten prominent werden, noch ein Plagiatsjäger. Anders ist es wohl nur, wenn es in der Diss ganz ausnahmsweise mal um ein wirklich brisantes und höchst praxisrelevantes Thema geht. Genau darum handelt es sich aber zweifellos bei der jüngst erschienenen Doktorarbeit der Saarbrücker Absolventin Lea Berens mit dem etwas sperrigen Titel „Share Deals im System der grunderwerbsteuuerrechtlichen Ergänzungstatbestände“. Share Deals? Na klar, das ist doch dieser – so die landläufige Meinung – gaunerhafte und bis vor kurzem noch ganz legale Steuerspar-Trick, dass Immobiliengesellschaften zur Vermeidung der eigentlich anfallenden Grunderwebsteuer statt ihre Immobilien selbst zu verkaufen, diese in Gesellschaften überführen und dann einfach letztere anteilig veräußern – und der Fiskus guckt dabei in die Röhre.
Doch dieser vielgeübten Praxis hat der Gesetzgeber jetzt einen Riegel vorgeschoben. Sharedeals bei Wohnungsverkäufen in Deutschland sind zwar nicht komplett verboten worden, doch wurden zum 1. Juli 2025 die Regelungen zur Grunderwerbsteuer stark verschärft, um steuerliche Umgehungen durch Share Deals zu verhindern. Die maßgebliche Schwelle für grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsübertragungen wurde von 95% auf 75% abgesenkt und auch mittelbare Beteiligungen sowie eine 7-Jahres-Frist werden berücksichtigt. Für Immobiliengesellschaften gilt nun ein höherer Steuersatz von 3,5% auf den gemeinen Wert der Immobilie statt bisher 0,5%. Diese Änderungen sollen die steuerliche Gleichstellung von direkten Immobilienverkäufen und Share Deals erreichen und machen Share Deals steuerlich heute weitgehend unattraktiv. Das bedeutet: Sharedeals sind zwar weiterhin erlaubt, aber die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen machen sie als steuerliche Gestaltung kaum noch sinnvoll.
Allerdings stößt dieser umfangreiche Katalog an Ergänzungstatbeständen in seiner aktuellen Ausgestaltung zunehmend auf Kritik in der Fachwelt. Die bislang vermutlich schwersten Geschütze in Form ihrer fast 600 Seiten dicken Dissertation fährt nun die mittlerweile frisch promovierte Lea Berens auf, die den Gesetzgeber salopp gesagt ein ums andere Mal wegen seiner Schlampigkeit scharf angeht und ansonsten eine tiefschürfende und äußerst detaillierte Gesamtbetrachtung der Sharedeal-Problematik vorlegt. Am Ende warnt sie den Gesetzgeber ausdrücklich vor weiteren übereilten Gesetzgebungsschritten und liefert allen Freunden der Immobilienwirtschaft schärfste Munition gegen zunehmende staatliche Regulierung. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass das letzte Wort in dieser Frage noch lange nicht gesprochen ist.
Lea Berens
Share Deals im System der grunderwerbsteuerrechtlichen Ergänzungstatbestände.
Systematische Darstellung von Anteilskäufen bei Personen- und Kapitalgesellschaften
Erich Schmidt Verlag, 1. Auflage 2025
598 Seiten; 98,00 Euro
ISBN: 978-3-503-24207-8