Was gilt, wenn Deutsche in Italien Vermögen erben?
Immer mehr Menschen besitzen Vermögen außerhalb Deutschlands. Ferienhäuser in der Toskana, Bankkonten in Rom oder Wertgegenstände, die seit Jahren in italienischen Haushalten verbleiben, führen dazu, dass ein Erbfall häufig nicht mehr rein national geregelt werden kann. Tritt der Todesfall ein, stellt sich schnell die Frage, welches Recht zur Anwendung kommt und wie Nachlassverfahren über Landesgrenzen hinweg funktionieren. Ein Blick auf das italienische Erbrecht zeigt dabei exemplarisch, wie unterschiedlich nationale Regelungen sein können und warum eine frühzeitige juristische Klärung entscheidend ist.
Die Rolle der EU-Erbrechtsverordnung
Die Grundlage für grenzüberschreitende Erbfälle innerhalb Europas bildet die Europäische Erbrechtsverordnung, die seit 2015 in allen EU-Staaten mit Ausnahme Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs gilt. Sie legt fest, dass statt der Staatsangehörigkeit, der letzte gewöhnliche Aufenthalt der verstorbenen Person über das anwendbare Erbrecht entscheidet. Wer seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft in Italien hatte, hinterlässt daher in der Regel einen Nachlass, der italienisches Erbrecht befolgen muss. Die Verordnung eröffnet aber auch die Möglichkeit einer Rechtswahl. Damit kann der Erblasser bestimmen, dass stattdessen das Recht seines Herkunftsstaates gelten soll, etwa das deutsche Erbrecht. Ohne eine solche Erklärung greifen automatisch die Regeln des Staates, in dem die Person zuletzt gelebt hat. Für Erben führt das dazu, dass sie sich unter Umständen mit den materiellen Vorgaben eines fremden Rechts auseinandersetzen müssen. Im Falle Italiens betrifft das vor allem besondere Pflichtteilsregelungen, notarielle Anforderungen sowie Vorgaben für die Verwaltung und Übertragung von Immobilien.
Pflichtteilsrecht und Nachlassstruktur in Italien
Italien zählt zu den Ländern, die ein besonders strenges Pflichtteilsrecht kennen. Bestimmte Angehörige können nur in engen Grenzen enterbt werden und ein erheblicher Teil des Vermögens ist gesetzlich für nahe Familienmitglieder reserviert. Für deutsche Erben bedeutet das, dass testamentarische Verfügungen des Erblassers aus deutscher Perspektive zwar wirksam erscheinen können, im italienischen Recht jedoch Einschränkungen unterliegen. Der Nachlass selbst wird in Italien üblicherweise in bewegliches und unbewegliches Vermögen unterschieden. Immobilien spielen hierbei eine besondere Rolle, da sie zwingend nach dem Recht des Staates behandelt werden, in dem sie sich befinden. Ein Ferienhaus in Italien fällt daher stets in die italienische Rechts- und Registerordnung, selbst wenn der Erblasser deutsches Recht gewählt hat.
Nachweis der Erbenstellung und Verfahren
Ein zentrales Instrument für Erbfälle innerhalb der Europäischen Union ist das Europäische Nachlasszeugnis. Dieses Dokument erleichtert die Anerkennung der Erbenstellung in anderen Mitgliedstaaten und wird in Deutschland beim Nachlassgericht beantragt. Es ist insbesondere dann notwendig, wenn Bankkonten oder Immobilien in Italien auf die Erben übertragen werden sollen. Italien verlangt darüber hinaus häufig die Einschaltung eines örtlichen Notars. Dieser führt im Regelfall die Erstellung der sogenannten „dichiarazione di successione“ durch, einer Erbanmeldung beim Finanzamt, die Voraussetzung für jede Vermögensübertragung ist. Auch steuerliche Fragen müssen in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, wobei Italien derzeit vergleichsweise niedrige Erbschaftsteuersätze kennt.
Erben in Italien erfordert gute Vorbereitung
Wenn Deutsche Vermögen in Italien erben, treffen zwei Rechtssysteme aufeinander, die zwar durch europäische Regelungen strukturiert sind, in der Umsetzung jedoch erhebliche Unterschiede aufweisen. Die EU-Erbrechtsverordnung schafft Klarheit über das anwendbare Recht, doch nationale Besonderheiten wie das Pflichtteilsrecht, die notarielle Nachlassabwicklung und die Immobilieneintragung verlangen eine präzise Vorgehensweise. Wer Vermögensstrukturen im Ausland besitzt oder im Ausland erbt, profitiert daher von einer vorausschauenden Planung und einem sicheren Umgang mit den länderübergreifenden Vorgaben, nicht zuletzt mit Blick auf die komplexe Struktur des italienischen Erbrechts durch den Ankerbezug.