Ein Vater des Steuerrechts

Deutsche Juristenbiographien, Teil 19: Ottmar Bühler (1884 – 1965)

Matthias Wiemers

Ottmar Bühler wäre eigentlich Württemberger gewesen. Aber weil sein Vater seinerzeit als Professor für Forstwirtschaft an der Universität Zürich tätig ist, wird Ottmar Bühler am 12. August 1884 in der Schweiz geboren.
Die Schulzeit verbringt er zunächst in Zürich, bevor die Familie 1896 nach Tübingen umzieht, was – neben München und Berlin – Ort des Bühler´schen Jurastudiums wird. 1911 erfolgt dort die Promotion über die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung im württembergischen Recht. Ein Jahr später übernimmt er zunächst die Stelle eines Württembergischen Regierungsassessors und setzt seine wissenschaftliche Arbeit fort. Bereits ein weiteres Jahr später erfolgt die Habilitation mit der berühmten Schrift über die subjektiv-öffentlichen Rechte an der Universität Breslau. Am Ersten Weltkrieg ist Bühler als Funker beteiligt.
1919 erfolgt der Wechsel an die Universität Münster, wo Bühler zunächst als Privatdozent und dann als außerplanmäßiger Professor für öffentliches Recht, Allgemeine Verwaltungslehre und Verwaltungsrecht tätig wird. Im WS 1921/22 wird Bühler Lehrstuhlvertreter an der Berliner Universität, wo Hans Peters sein Assistent ist. 1922 wird Bühler zum Ordinarius in Halle ernannt und zum WS 1923/24 nach Münster berufen, wo Hans Peters bei ihm promoviert.
Ab 1920 erfolgen zahlreiche Veröffentlichungen zum Steuer- und Finanzrecht, wovon das 1927 erstmals erschienene Lehrbuch des Steuerrechts – zwar drei Jahre später als das Lehrbuch Albert Hensels, aber mit 544 S. wesentlich umfangreicher – ihn zu einem der beiden Begründer des akademischen Steuerrechts in Deutschland macht. Bereits 1926 referiert Bühler vor der Staatsrechtslehrervereinigung über den Einfluss des Steuerrechts auf die Begriffsbildung des öffentlichen Rechts (VVDStRL 3, S. 102 ff.).
Die nationalsozialistische Machtübernahme bewirkt bei dem regimekritischen bekennenden Katholiken Bühler eine noch weitergehende Abwendung vom Staatsrecht hin zum politisch neutraleren Steuerrecht. Auf dieser Linie liegt auch die Hinwendung zum betriebswirtschaftlichen und zum internationalen Steuerrecht. 1934 erfolgt die offizielle Genehmigung des preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung für das „Seminar für Steuerrecht“, 1938 kann der zweite Band des Steuerrechtslehrbuchs erscheinen.
1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, erfolgt die Berufung auf den ersten deutschen Lehrstuhl für Steuerrecht, der an der Universität Köln eingerichtet wird, ein gemeinsamer Lehrstuhl der juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Wohnsitz ist während der gesamten Kölner Zeit die Poppelsdorfer Allee in Bonn. Kurz vor Kriegsende zum Volkssturm einberufen, erlebt Bühler das Kriegsende in der Eifel, um sich sodann umgehend dem Wiederaufbau der Kölner Universität wie auch der Wiederanknüpfung an die Arbeit über die Entwicklung des internationalen Steuerrechts zu widmen. Bereits 1950 reist Bühler hierzu wieder in die USA, wohin er bereits vor dem Krieg gereist war.
Kurz nach der Emeritierung erfolgt 1952 der Umzug nach München, wo Bühler an der Ludwig-Maximilians-Universität zunächst Lehrbeauftragter wird und eine Forschungsstelle für internationales Steuerrecht einrichtet.
Kurz nach einer Reise in Sachen Steuergesetzgebung nach England, von der er wohl eine Infektion mitgebracht hat, stirbt Ottmar Bühler am 27. Mai 1965 in München.
Den Berichten über Ottmar Bühler lässt sich entnehmen, dass er ein überragender Seminarleiter war. Daneben war er – auch während des „Dritten Reichs“ – ein gefragter Gutachter in Steuerfragen, war ein gefragter Redner in der frühen Bundesrepublik und Mitglied zahlreicher Vereinigungen und Gremien. So war Ottmar Bühler Mitbegründer der International Fiscal Associaton (IFA) sowie der Deutschen Vereinigung für Internationales Steuerrecht.

Quellen:
– Hans Peters, Ottmar Bühler zum 80. Geburtstag, in: AöR 1964, S. 369 ff.
– Albert J. Rädler, Ottmar Bühler, in: Juristen im Portrait. Festschrift zum 225jährigen Bestehen des Verlages C. H. Beck, S. 195 ff.
– Ekkehard Reimer, Ottmar Bühler, in: Häberle/ Kilian/ Wolff (Hrsg.), Staatsrechtslehrer des 20. Jahrhunderts, S. 273 ff. (hier besonders nähere Hinweise zur Entwicklung des wissenschaftlichen Werks)
– Homepage des Instituts für Steuerrecht (abgerufen am 17. 12. 2017)

Veröffentlicht von on Apr 2nd, 2018 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT HISTORISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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