In guter Verfassung

Der Lechner/Zuck-Kommenar zum BVerfGG in 8. Auflage

Ludwig Deist

Das Verfassungsprozessrecht gehört – trotz seiner grundlegenden Bedeutung für unsere rechtsstaatlichen Praxis – nach allgemeiner Wahrnehmung wohl doch eher zu den exotischeren Rechtsgebieten, denn nur die wenigsten Juristen werden jemals in ihrer Berufspraxis einmal damit in Berührung kommen. Gerne werden jedoch im Jura-Studium die Paragraphen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes zitiert, wenn es um die Regelung der Verfahrensarten vor dem Bundesverfassungsgericht geht, insbesondere der Verfassungsbeschwerde. Ausdrücklich hat das Grundgesetz in Art. 94 Abs. 2 ein „Bundesgesetz“ vorgesehen, das die „Verfassung“ des Bundesverfassungsgerichts sowie das Verfahren seiner Besetzung regelt. 1951, zwei Jahre nach dem Grundgesetz, trat das besagte BVerfGG dann in Kraft – und wurde bereits 1954 erstmalig von Hans Lechner kommentiert. Doch war der Aktualisierungsdruck in der Verfassungsprozessrechtskommentierung lange Jahre offenbar nicht allzu groß, denn als vierzig Jahre später, 1994 also, Rüdiger Zuck das Zepter von Lechner übernahm, war gerade einmal die 4. Auflage erschienen. Erst in jüngster Zeit erleben wir eine allmähliche Verkürzung der Intervalle zwischen den Neuauflagen, sodass nunmehr das Erscheinen der 8. Auflage des Lechner/Zuck-Kommentars anzuzeigen ist.

Was bringt er Neues? Zunächst berücksichtigt er die Rechtsprechung und Literatur bis zum 1.1.2019. Eingearbeitet sind insbesondere die Möglichkeit des Finanzierungsausschlusses verfassungsfeindlicher Parteien (§ 46a), die Änderungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen, u.a. Tonaufnahmen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken bei Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland (§ 17a) sowie auch die Schaffung von Verhaltensleitlinien für die richterlichen Mitglieder des Gerichts (§ 1) oder das neu etablierte Prima-vista-Verfahren im Rahmen des § 93a. In der umfangreichen Einleitung wird wie schon in den Vorauflagen besonderes Augenmerk auf die Verzahnung des Verfassungsprozessrechts mit dem europäischen Recht gelegt. Ausführungen zur Behandlung des Evidenzarguments und die Überlegungen zu einer leitbildorientierten Verfassungsauslegung (bei § 17) finden ebenso Berücksichtigung wie das immer bedeutender werdende Organstreitverfahren. Auch das Parteiverbotsverfahren (mit dem Begriff der Potentialität) im NPD II-Prozess wird behandelt.

Im übrigen bietet das Werk auch in seiner Neuauflage die gewohnte zuverlässige Kommentierung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes aus einer Hand. Bestimmte Entwicklungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung werden aber auch kritisch hinterfragt. Der Schwerpunkt liegt wie in den Vorauflagen auf den praktisch bedeutendsten Regelungen: der Verfassungsbeschwerde, der abstrakten und konkreten Normenkontrolle, der einstweiligen Anordnung sowie den Kostenvorschriften. Als Zielgruppe kommen neben den einschlägig spezialisierten Rechtsanwälten und Juristen im Verwaltungsdienst hauptsächlich Richter und Professoren in Betracht – und womöglich ja auch der eine oder andere besonders strebsame Rechtsreferendar oder Jura-Student.

Lechner/Zuck
Bundesverfassungsgerichtsgesetz (Kommentar)
Verlag C.H. Beck, 8., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2019
1025 S.; 139 Euro
ISBN 978-3-406-73826-5

Veröffentlicht von on Aug 12th, 2019 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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