Die Justament wird 20 Jahre alt. Das ist für mich Gelegenheit, einen Moment inne zu halten und mich an die Anfänge der Justament in Berlin-Mitte zu erinnern.
Katharina Mohr
„Ich habe gehört, dass Jurastudenten und Referendare in der Bibliothek Bücher an anderen Orten verstecken, damit ihre Kommilitonen sie nicht für Hausarbeiten oder Klausurvorbereitungen nutzen können. Ist das wahr?“, fragte mich kürzlich eine Freundin. Ich musste schamerfüllt nicken und bestätigen, dass ich das auch schon gehört hätte, allerdings – da konnte ich erleichtert aufatmen – am eigenen Leib so nie erlebt habe.
Aus dieser Erkenntnis ergibt sich aber gleich die Frage: Kann in einer Welt von jungen Juristen, die ihrem Sitznachbarn im juristischen Seminar nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen, etwas dauerhaft Bleibendes, etwas Gutes entstehen und über Jahrzehnte erhalten bleiben? Ja, es kann. Das beweist die Justament, eine Zeitschrift für junge Menschen in der juristischen Ausbildung, die 2019 ihr 20jähriges Bestehen feiern darf und ausschließlich von jungen Juristen erstellt wird. (Anmerkung der Redaktion: Gegenwärtig wird sie überwiegend von jung gebliebenen Juristen erstellt.)
Auch ich war einmal eine solche junge Juristin. Ich kam vor knapp 20 Jahren zur Justament wie die Maria zum Kinde. Nun ja, der Vergleich ist vielleicht überkommen und heute nicht mehr „politically correct“. Aber er stimmt doch, weil ich mich im Jahr 2000 beim Lexxion-Verlag ausschließlich dafür bewarb, um eine juristische Datenbank mit aufzubauen. Die Stellenanzeige hing am schwarzen Brett der Humboldt-Universität aus und da ich nach dem 1. Staatsexamen erstmal genug vom Lernen hatte und in der Wartezeit zum Referendariat Geld brauchte, bewarb ich mich.
Wir wollten dem C.-H.-Beck-Verlag Konkurrenz machen und eine Urteils-Datenbank aufbauen, die ein echtes Alternativangebot zum damaligen Marktführer in Deutschland darstellen sollte. In einem verschachtelten Büro in der Marienstraße in Berlin-Mitte saßen junge Juristen und hackten Schlagworte in ihre Tastaturen. Das mit dem Konkurrenz-Machen ist uns dann zwar nicht ganz gelungen, zumindest nicht mit einer Urteils-Datenbank. Aber die beiden klugen Köpfe hinter Lexxion, Dr. Wolfgang Andreae und Fritz Neske, hatten noch mehr Ideen im Köcher, als nur Gerichtsentscheidungen zu verschlagworten und ins Internet zu stellen. Der eigentliche Kern von Lexxion damals und bis heute, lag und liegt im „echten“ Verlagswesen: Im Entwickeln von spezifischen rechtlichen Themen, die sich in Fachzeitschriften bündeln lassen.
Auch die Justament war und ist eine gute Zeitschrift, die 1999 von zwei Rechtsreferendarinnen gegründet und dann wenig später bei Lexxion erstes Printmedium dieses noch jungen Verlags wurde. Juristische Referendare – vor allem in Berlin, aber auch bundesweit – sollten endlich eine eigene Plattform erhalten, auf der sie sich informieren und eigene Themen kommunizieren konnten.
Die Rubriken der Justament zeigen, worum sich das Denken des juristischen Referendars im Wesentlichen dreht: Es gibt ein Spezialthema, um das sich der Referendar zeitweise intensiv kümmern muss. Außerdem darf er den Überblick über seine gesamte Ausbildung nicht verlieren und für die Zukunft planen, wo es beruflich einmal hingehen soll – Großkanzlei oder Einzelkämpfer, Verwaltungsrecht oder doch eher Mergers and Acquisitions (was war das nochmal?). Eine Menge Fachliteratur will bewältigt sein. Glück hat, wer die Rezensionen in der Justament liest und sich den Erwerb schlechter Lehrbücher ersparen kann. Schließlich sollte in der Justament der Humor nicht fehlen, denn zum Lachen gibt es in der juristischen Ausbildung bekanntlich nicht so viele Gelegenheiten. Die Foto-Love-Story „Just-a-Moment in Love“, in der ich selbst zeitweilig eine Hauptrolle hatte, die Karikaturen der ersten Jahre oder die geheimen Tagebücher eines Jurastudenten oder einer Rechtsreferendarin zeugen davon.
Viele junge Menschen haben über die Jahre viel Arbeit in die Justament gesteckt, Texte selbst geschrieben, die Finanzierung des Drucks sichergestellt und anfänglich auch die Verteilung selbst organisiert: Pappkartons voller Justament-Ausgaben wurden durch Berlin gefahren und an den entscheidenden Stellen ausgelegt – juristische Bibliothek der Humboldt-Universität, Juridicum der Freien Universität, in den Berliner Uni-Cafeterien und darüber hinaus. Ich bin selbst einmal mit einem dicken Karton voller Justament-Ausgaben nach Düsseldorf gefahren und habe sie dort im OLG ausgelegt. Was ich damals sonst noch im Rheinland zu tun hatte, weiß ich nicht mehr. Aber an den Karton auf meinem Nebensitz in der Bahn erinnere ich mich bestens.
Und wie schön waren unsere Ausgaben! Wir hatten von Anfang an begnadete Redakteure und Layouter, junge Menschen, die ein Gespür für Schlagzeilen und Bilder hatten und sich in der Justament so richtig austoben konnten. Wer unter www.justament.de in das Print Archiv schaut, kann sich selbst ein Bild davon machen. Jeder Titel sollte die ganz speziellen Sorgen und Nöte von jungen Menschen in der juristischen Ausbildung aufgreifen. Wie zum Beispiel in der Ausgabe 5/2002 „Die Luft wird dünn“, die auf dem Titel ein Bild einer Everest-Besteigung zeigt, welches als Sinnbild für die Durststrecke vor den Staats-Examina stand.
Zu ihrem 5. Jubiläum wurde die Justament zu Recht als „Lebensabschnittszeitschrift“ bezeichnet, die die Referendare eben nur für einen begrenzte Zeit begleiten würde. Ihre Berechtigung hat sie aber, das beweist ihr Bestehen zwanzig Jahre später, zu keinem Zeitpunkt verloren. Und für die vielen freien Mitarbeiter, die seit 1999 mit der Justament zu tun hatten, ist sie eben doch zu einer Art ständigem Begleiter geworden. Das gilt zumindest für mich.
Schade ist nur, dass die Printausgabe der Justament dem allgemeinen „Abstieg“ der Printzeitschriften zum Opfer gefallen ist und seit 2015 nur noch Online erscheint. Ich bin bis heute ein Freund von gedrucktem Papier geblieben und wünschte, mehr Menschen würden so ticken, wie ich. Dennoch ist es für mich eine Freude zu sehen, dass die Justament nun als Justament Online ihr 20-jähriges Bestehen feiern darf. Das ist freilich zwei Herren zu verdanken, denen die Puste über die Jahre nicht ausgegangen ist: dem amtierenden Chefredakteur Dr. Thomas Claer und dem Verleger Dr. Wolfgang Andreae. Ihnen gilt der eigentliche Glückwunsch, wenn es darum geht, 20 Jahre Justament zu feiern.