Wie die DDR-Staatssicherheit an westdeutschen Universitäten Zuträger anwarb – ein Fallbeispiel von der TU Berlin
Benedikt Vallendar
Wer in den siebziger und achtziger Jahren an einer westdeutschen Universität studiert hat, kann sich vielleicht noch gut daran erinnern: An die unverhohlen links bis linksradikalen Gruppen und Grüppchen, die alljährlich für den AStA und das Studentenparlament kandidierten, um sich für die „Belange der Studentenschaft“ einzusetzen … Was oft jedoch erst viel später rauskam: Vielfach tummelten sich in diesen Kreisen auch legendierte Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit, mit dem Ziel, Perspektivkader zur Spionage in westdeutschen Institutionen anzuwerben und heranzuziehen. Ein solcher „Perspektivkader“ war der 1964 in Hamburg geborene Stefan Spector, der an der TU Berlin Romanistik und Anglistik studiert hat und sich 1988 von der DDR-Staatssicherheit anwerben ließ, mit der Maßgabe langfristig im Auswärtigen Amt in Bonn Karriere zu machen. Dass die DDR zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Jahr existieren würde, ahnte damals jedoch niemand.
Von dieser spannenden und zuweilen skurrilen Geschichte handelt das jüngst erschienene und gut geschriebene Buch „Mit der Stasi ins Bett“, in dem es Spector gelingt, mit einer gehörigen Portion Selbstironie und Sarkasmus auf den untergegangenen Staat DDR aber auch auf die damaligen Verhältnisse an westdeutschen Hochschulen zurückzublicken. Der Rest der Geschichte ist übrigens rasch erzählt: Nach dem Mauerfall 1989 interessierte sich zunächst niemand für Stefan Spector. Bis er 1994 als FDP-Mitglied für den Bundestag kandidierte – und prompt von der Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin enttarnt wurde. Heute arbeitet Spector, der sein Studium mit dem Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abschloss, nach eigenen Angaben, als Übersetzer und in der „Versicherungsbranche“.
Aktuelle Literaturempfehlung:
Stefan Spector: Mit der Stasi ins Bett. Die kurze Karriere eines Romeos
edition ost, Berlin 2019.