Der Nomos Verlag bringt die 29. Auflage seiner „drei Kilo Recht“
Matthias Wiemers
Wenn ich an den Beginn meines Jurastudiums an der Uni Münster (im WS 90/91) zurückdenke, so habe ich im ersten Semester mit Beck-Texten gearbeitet (das BGB stammte noch aus dem Jahre 1986), dann aber ab dem zweiten Semester nacheinander den „Schönfelder“, den „Sartorius“ und auch den „Hippel-Rehborn“ für das NRW-Landesrecht beschafft. Dabei konnte ich nach meinem Wechsel nach Bonn froh sein, dass auch Bonn in NRW liegt und kein weiterer „roter Klotz“ notwendig war.
Es muss etwa 1992 gewesen sein, da brachte der Nomos-Verlag erstmals drei dicke Paperbacks heraus, in drei Farben und mit den Titeln „Zivilrecht“, „Öffentliches Recht“ und „Strafrecht“. Ich habe diese damals nicht erworben – obwohl alsbald die Zulassung dieser Bände zu Klausuren erfolgte. Denn ich hatte ja den Weg der roten Loseblattwerke beschritten (Soziologen würden hier von „Pfadabhängigkeiten“ sprechen.). Irgendwann verfiel man dann darauf, bei den Loseblattwerken nicht jede Ergänzungslieferung zu nehmen, sondern eher mal ein neues Grundwerk zu beschaffen, aber alles in allem doch eine eher kostspielige und vor allem mit fehleranfälligen Einsortierungsarbeiten verbundene Angelegenheit.
Die Nomos-Bände wuchsen inzwischen an Umfang, was aber durch verbesserte und damit dünnere Papierqualitäten wettgemacht wurde. Doch blicken wir einmal in sie hinein:
Der Band zum Zivilrecht trägt seit einiger Zeit den Untertitel „Wirtschaftsrecht“. Blickt man in ihn hinein, so finden sich Zwischenüberschriften, die die einzelnen Gesetze thematisch etwas gliedern. Der Band beginnt mit dem BGB und dem zugehörigen Einführungsgesetz und reicht bis zum Abschnitt zum Kosten.- und Gebührenrecht mit dem Gerichtskostengesetz, dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Gerichtskosten- und Notarkostengesetz. Die insgesamt rund 2400 Seiten werden durch ein wirklich umfassendes Sachregister ergänzt, und die einzelnen Gesetze und Verordnungen in dem Band sind wirklich nur behutsam gekürzt (So wurden bei einigen EU-Verordnungen die Anhänge weggelassen.).
Im Band „Öffentliches Recht“ finden wir Vorschriften über gut 2200 Seiten. Hier lohnt es sich, auf die Aufteilung hinzuweisen. Der ersten Abschnitt betrifft „Staats- und Verfassungsrecht“, gefolgt von „Europarechtliche Grundlagen. Sodann haben wir „Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozessrecht“. Dann folgen Gesetze über Datenschutz und Informationsfreiheit, gefolgt von weiteren Abschnitten über einzelne Zweige des Besonderen Verwaltungsrechts. Insgesamt sind es 96 Gesetze, wobei unter der Ordnungsnummer 96 ausgerechnet das derzeit populäre Infektionsschutzgesetz zu finden ist.
Erstaunlicherweise umfasst die Sammlung „Strafrecht“ gar 97 Gesetze auf gut 1800 Seiten, was sogleich die Neugierde des Betrachters wirkt. Denn hier ist nicht nur das Kernstrafrecht mit dem StGB und seinem Einführungsgesetz, sondern sind auch Abschnitte über „Europäisches und internationales Strafrecht“, „Verkehrsstrafrecht“ und auch ein Abschnitt explizit zu „Nebenstrafrecht“ enthalten, worin sich dann die strafrechtlichen Vorschriften aus einigen Teilen des Besonderen Verwaltungsrechts finden. Der Band schließt mit einem Abschnitt über „Verfassungs- und europarechtliche Grundlagen“.
Insgesamt studiert ja der Universitätsstudent heute noch mit dem Ziel des Volljuristen mit der Befähigung zum Richteramt. Allerdings kann jede Spezialisierung im Studium auf eines der drei großen Rechtsgebiete zum Griff zu nur einem der drei Bände führen. Der Studierende findet darin alles, was er zur Spezialisierung benötigt, weil die wirklich Herausgeber darauf geachtet haben, dass thematisch Zusammengehöriges auch in demselben Band steht.
Dies gilt erst recht für den Referendar oder den reinen Praktiker, dem mitunter auch die Arbeit am Bildschirm lästig werden mag, was ja auch eine Alternative zum Studium „papierener“ Gesetze darstellt (Der Rezensent merkt im fortgeschrittenen Alter, dass die Augen ihren Geist versagen, wenn man stundenlang auf einen kleinen Notebook-Bildschirm blickt.).
Und nicht zuletzt: Gebrauchte Bände lassen sich garantiert auch recyclen.
Nomos Gesetze, 64. Auflage 2021, mehr als 6600 Seiten, 64 Euro (ISBN 9783848769483)