Der Lakies / Malottke ist der „Kommentar für die Praxis“
Matthias Wiemers
Für die Leser dieses Mediums dürfte ein Rechtsgebiet fast vollständig unbekannt sein: das Berufsbildungsrecht. Es war einmal in grauer Vorzeit die erste so genannte „Große Koalition“ unter dem Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und dem Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt (der auch das Gesetz i.V. unterzeichnet hat), die sich nicht nur für die Hochschulbildung weiter einsetzte, sondern das erste bundesweite Gesetz zur Regelung der beruflichen Bildung in Deutschland schuf.
Ein wesentliches Ergebnis war die flächendeckende Einführung der Überbetrieblichen Ausbildung und in der Folge die Errichtung von entsprechenden Ausbildungsstätten, wo an einem anderen Lernort als dem Ausbildungsbetrieb bestimmte Lehrinhalte vermittelt werden können. Interessanterweise geht dieser bestens eingeführte Kommentar auf diese Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht ein, sondern erwähnt zu Beginn das frühe Berufsbildungsgesetz für West-Berlin von 1951, das die duale Ausbildung bereits vorausgesetzt habe (§ 1, Rdnr. 3). An einer Einführung fehlt es vielmehr ganz.
Der Band bringt zu Beginn ein Verzeichnis einschlägiger Literatur und dann isoliert den Gesetzestext, bevor direkt in die Kommentierung der Einzelvorschriften eingestiegen wird. Die Einzelkommentierungen sind aber übersichtlich gegliedert, und § 1 beginnt auch mit einer Vorbemerkung, wo zunächst erklärt wird, wozu das BBiG überhaupt dient und sodann, was überhaupt unter einem Beruf zu verstehen ist. Im Grunde beinhaltet die Kommentierung von § 1 eine Kurzzusammenfassung der Wesensmerkmale der Beruflichen Bildung.
Da die Berufliche Bildung mit dem in Bonn ansässigen Bundesinstitut für Berufsbildung eng verbunden ist, sind selbstverständlich die von diesem hervorgebrachten Papiere und Beschlüsse im Kommentar verarbeitet. Deshalb ist der Kommentar für Berufsbildner sehr geeignet, enthält aber selbstverständlich auch die einschlägigen Kommentierungen, die der Praktiker in der arbeitsrechtlichen Beratung und arbeitsgerichtlichen Vertretung benötigt.
Durchgängig eingearbeitet wurde die Neuauflage das Berufsbildungsmodernisierungsgesetz des Jahres 2019, das zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist.
Schließlich behandelt der Kommentar das noch relativ neue Phänomen der dualen Studiengänge an Hochschulen (vgl. etwa § 3 Rdnr. 14 ff. „Sonderfall: Duales Studium“).
Der schon angesprochene Arbeitsrechtspraktiker findet als Teil B des Kommentars das Jugendarbeitssschutzgesetz in Form eines Gesetzestextes mit Kommentierung, während die für die Berufliche Bildung relevanten Teile der Handwerksordnung nur als Text widergegeben werden, ebenso Auszüge aus dem Seearbeitsgesetz. Freundlicherweise enthält aber jede Vorschrift der HwO noch einen Hinweis auf die Parallelvorschriften im BBiG – wie auch umgekehrt in der BBiG-Kommentierung auf die HwO verwiesen wird. Jede Novelle des BBiG erfolgt im Prinzip als Artikelgesetz, weil dann zugleich Änderungen in der HwO vorgenommen werden müssen.
Nach der letzten großen Novelle aus dem Jahre 2005 wurde nunmehr wieder erheblich in den Rechtsstand zur Regelung der beruflichen Bildung eingegriffen. Die Neubearbeitung sämtlicher Kommentierungen des BBiG war deshalb erforderlich, und mit dem Lakies/Malottke greift auch der Anfänger zu einer fundierten Kommentierung auf dem neuesten Stand.
Thomas Lakies/ Annette Malottke, BBiG. Berufsbildungsgesetz, Reihe „Kommentar für die Praxis“, 7. Auflage, BUND Verlag, Frankfurt am Main 2021, 956 S., 89, 90 (ISBN 978-3-7663-7045-7).