Neues aus dem Gesundheitsrecht

Ein kurzer Überblick über einige aktuelle Titel

Matthias Wiemers

Da die Verrechtlichung des Gesundheits- und Sozialwesen immer weiter voranschreitet und zudem die Zahl der Hochschulen mit einschlägigen Angeboten geradezu explodiert, wächst unweigerlich auch der Markt der einschlägigen Literatur – im Sinne von Angebot und Nachfrage. Nachfolgend einige Titel aus den letzten zwei Jahren, die ich nach dem Erscheinungsdatum vorstelle:

Leider nicht mehr ganz aktuell (aber was kann das schon sein in der Gesundheitspolitik?) ist der Band „Recht im Gesundheitswesen“ von Sandra Hobusch, der bereits im Jahre 2019 erschienen ist. Hobusch unterrichtet als Professorin für „Management im Gesundheitswesen“ an der „Ostfalia Hochschule“ am Standort Wolfsburg.
Besonders hinzuweisen ist bei diesem sehr umfangreichen Lehrbuch auf den Untertitel „für Juristen und Nichtjuristen“, und die Autorin berichtet im Vorwort, dass sie bereits zu Beginn ihrer Lehrtätigkeit ein solches Werk vermisst habe. Schließlich muss der Rezensent aus eigener Lehrerfahrung bekennen, dass es nicht immer einfach ist, Nichtjuristen zur Anwendung und Nutzung rechtlicher Kategorien oder auch nur juristischer Literatur zu bewegen. Insofern ist es zu begrüßen, wenn ein Werk den Nichtjuristen sozusagen „abholt“, ohne dass dieser darauf angewiesen bleibt, ökonomische oder sozialwissenschaftliche Literatur zu nutzen, wenn ihm sozialrechtliche Aufgaben gestellt sind.
Hobusch unternimmt es in ihrer Einführung u. a., das „Recht im Gesundheitswesen“ als juristische Querschnittsmaterie darzustellen. Ebenso gibt es dort einen Überblick über die Rechtsordnung im allgemeinen und Hinweise zur juristischen Arbeitsweise – wenn auch recht knapp.
Etwas sperrig lautet der zweite Teil des Bandes „Rechtliche Rahmenbedingungen für die im Gesundheitswesen tätigen Anbieter von Dienstleistungen und Waren“. Es geht hier also um die Dienstleistungserbringer im Gesundheitswesen, z. B. Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Heilpraktiker.
Im dritten Teil werden „Rechtliche Rahmenbedingungen für die Kostenträger“ dargestellt, und im viertel Teil geht es um den öffentlichen Gesundheitsdienst. Darin wird in sehr knapper Form dargestellt, wie die Gesundheitsämter das Infektionsschutzgesetz anzuwenden haben – freilich eine etwas aktualisierungsbedürftige Passage in unseren „Corona-Zeiten“.
Eindeutiger Schwerpunkt ist Abschnitt 2 (ca. 280 S.). Hier ist hervorzuheben, dass die möglichen Akteure im Gesundheitswesen sehr umfassend dargestellt werden, darunter etwa auch die Gesundheitshandwerker.
Der Band ist durchzogen von einführenden Lernhinwiesen, etwa auf sinnvollerweise zu lesende Rechtsvorschriften, Aufgaben, deren Lösungen im zugehörigen „Web-Service“ dargeboten werden, und auch sinnvollen Übersichten, die den Überblick erleichtern. Der Band schließt mit einem Glossar über wichtige Begriffe im Gesundheitswesen und einem ausführlichen Literaturverzeichnis und einem Sachverzeichnis.

Das genaue Gegenteil des Lehrbuchs von Hobusch markiert das nneue Werk des Münsteraner Hochschullehrers Peter Kostorz, der 2019 ein ebenfalls knappes Lehrbuch zu „Ausbildungsrecht in der Pflege“ (bei Kohlhammer) vorgelegt hatte.
Kostorz bleibt sich auch in dem neuen werk treu, indem er auf knappem Raum das wirklich Wichtigste – hier die Leistungen nach den SGBen V und XI – darstellt.
Nach einer Umschreibung von „Begriff und Gegenstand des Gesundheitsrechts“ (Kap. 1) werden „Ansprüche auf Gesundheitsleistungen“ (Kap. 2) dargestellt, wo zwischen der GKV und der Sozialen Pflegeversicherung unterschieden wird.
Kapitel 3 ist der „Erbringung von Gesundheitsleistungen“ gewidmet, dabei geht es um die unterschiedlichen Leistungserbringer.
Kostorz gelingt es dann, eine vierte Kategorie für ein letztes Kapitel zu bilden, die er „Bewirken von Gesundheitsleistungen“ nennt (4.). Hierbei geht es um die rechtlichen Grundlagen für die Dienstleistungen und auch die Haftung für Fehler hierbei.
Dieser Band zeichnet sich durch ein hohes Maß an internen Verweisungen aus, darüber hinaus gibt es nützliche Übersichten und Definitionen. Schließlich gibt es ein ausführliches Verzeichnis von Literatur und ein Sachverzeichnis. Dieses Buch ist hinsichtlich seiner konzeptionellen Geschlossenheit und der Dichte der Darstellung als ein Meisterwerk zu bezeichnen.

Schon in zweiter Auflage erschienen ist in diesem Jahr das Werk von Dorothea und Jens Prütting. Dorothea ist pensionierte Ministerialbeamtin aus dem NRW-Gesundheitsministerium und Honorarprofessorin an der RUB in Bochum, ihr Sohn Jens Juniorprofessor für Zivilrecht und Medizinrecht an der Bucerius Law School.
Der Band ist etwas feiner gegliedert und weist doch einen gewissen Schwerpunkt im „Arztrecht“ auf. Im ersten Kapitel wird ein allgemeiner Rahmen über Strukturen des Gesundheitswesens gespannt, im zweiten dann die „Stationäre Versorgung“ dargestellt, in Kapitel 3 die „ambulante ärztliche Versorgung. Kapitel 4 fasst „sonstige Leistungserbringer“ zusammen, worunter pharmazeutige Unternehmer, der Pharma-Großhandel, Apotheken und Medizinalfachberufe zusammengefaßt wurden, denen jeweils eigene Abschnitte gewidmet sind. Die Hilfsmittelversorgung wurde hier noch etwas unsystematisch mit untergebracht. Das 5. Kapitel bringt „Zivilrechtliches Arztrecht“ und das sechste und letzte das strafrechtliche Arztrecht.
Die Autoren betonen ihre Orientierung am Fall, was zur Folge hat, dass in den Text zahlreiche Fallskizzen eingestreut sind, die sogleich in der unmittelbaren Folge gelöst werden. Der Band lässt gelegentlich erkennen, dass Jens Prütting die Zivilrechtsdogmatik liebt. Auch liebt er offenbar die Bezugnahmen auf bei jüngeren Lesern bekannte Fernsehserien. Aber das tut der Qualität des Bandes keinen Abbruch. Wer eine gute Darstellung des ärztlichen Behandlungsvertrags nach § 630 a ff. BGB sucht und sich zu recht nicht mit einem BGB-Kommentar abmühen möchte, dem sei die Darstellung in diesem Band (S. 240 ff.) empfohlen.

Der vermutlich größte Schub für die Schaffung neuer Studiengänge und Professuren im Gesundheitswesen geht vermutlich von der Neuordnung der Pflegeausbildung durch das Pflegeberufegesetz von 2017 aus, das zu Beginn des vergangenen Jahres in Kraft getreten ist.
Der Autor Gerd Dielmann ist kein Jurist (lässt sich aber von Frau Rechtsanwältin Annette Malottke unterstützen, die eine langjährige Kommentatorin des Berufsbildungsgesetzes ist), sondern Krankenpfleger und Diplompädagoge mit langjähriger Erfahrung in der Aus- und Weiterbildung. Dielmann hat schon das Krankenpflegegesetz 2003 kommentiert, worauf er gelegentlich verweist, und liefert die erste umfassende Kommentierung des neuen Gesetzes, die uns insbesondere auch die vollständige Entstehungsgeschichte des Gesetzes im Rahmen einer Einleitung präsentiert. Dielmann bietet zwar nicht die dogmatische Dichte des o. g. Bandes von Kostorz, dafür aber umfangreiche Informationen zu Gesetz und Verordnung. Wer sich in der Praxis mit diesem Gesetz befassen muss, kommt an einer Kommentierung nicht vorbei – und erhält hier die aktuellste.

– Sandra Hobusch, Recht im Gesundheitswesen – für Juristen und Nichtjuristen, UVK Verlag, München 2019, 459 S., 39,99 (ISBN 978-3-8252-5082-9)
– Peter Kostorz, Basiswissen Gesundheitsrecht, Erich Schmidt Verlag, Köln 2020, 158 S., 19, 80 Euro (SBN 978-3-503-19199-4)
– Dorothea Prüttung/ Jens Prütting, Medizin- und Gesundheitsrecht. Ein am Fall orientiertes Lehrbuch für Studium und Einstieg in die Praxis, 2. Auflage, Berlin 2021, 419 S., 39, 95 (ISBN 978-3-11-070041-1)
– Gerd Dielmann, Pflegeberufegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Kommentar für die Praxis. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2021, 542 S., 59, 95 (978-3-86321-301-5)

Veröffentlicht von on Mrz 8th, 2021 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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