Geheimnisvoller Geheimtipp

Scheiben vor Gericht Spezial: Vor zehn Jahren starb die Berliner Songwriterin Barbara Gosza (1966-2011)

Thomas Claer

Wenn Pop-Musiker in jungen Jahren sterben, werden sie schnell zur Legende. Ein wenig ist es auch mit der Sängerin und Songwriterin Barbara Gosza so gekommen, die vor zehn Jahren, im Mai 2011, tot in ihrer Berliner Wohnung aufgefunden wurde, auf tragische Weise verstorben an den Folgen eines epileptischen Anfalls.

Ein bemerkenswertes, wenn auch relativ überschaubares Werk hat sie uns hinterlassen, aus dem vor allem das wundervolle Album „Beckett & Buddha“ aus dem Jahr 1992 hervorzuheben ist: eine in sich ruhende, melancholische, vollendet schöne Folk-Platte, produziert von Sven Regener, der Jahre später hierzu lediglich zu Protokoll gegeben hat, dass ihm diese temperamentvolle Dame als „sehr anstrengend“ in Erinnerung geblieben sei… Wohl auch zur Legendenbildung beigetragen hat offenbar der Umstand, dass Barbara Gosza zeit ihres Lebens ein Geheimtipp geblieben ist, dem zumindest ein größerer kommerzieller Durchbruch nicht vergönnt war, obwohl an schwärmerischen Bewunderern – vor allem unter den Musikkritikern – gewiss kein Mangel geherrscht hat…

Die unsichere Quellenlage bezüglich dieser semiprominenten Musikerin bringt es mit sich, dass im Netz zum Teil widersprüchliche Angaben zu ihrer Biographie kursieren. Als gesichert gelten kann, dass sie 1966 geboren wurde, als Tochter tschechischer Einwanderer zunächst in Chicago aufgewachsen ist und dann einen großen Teil ihrer Kindheit in Athen verbracht hat. Nach anderen Quellen soll sie aber auch in München aufgewachsen sein und ihr Boheme-Leben als Metro-Musikerin in Paris begonnen haben. Wiederum woanders heißt es, ihre künstlerische Sozialisation sei in den Cabarets von Berlin erfolgt.

Sicher ist zumindest, dass sie dort um 1990 herum lebte, als ihre erste Platte, „Love it is“, auf dem Bremer Indie-Label „Strangeways“ erschien. Nach dem vielbeachteten – und bis heute heiß geliebten – Nachfolgewerk „Beckett & Buddha“, auf dem u.a. Christian Komorowski (Deine Lakaien, EoC-Umfeld) Geige spielte (1992), ging Barbara Gosza für einige Jahre nach Frankreich und brachte dort zwei Platten heraus: „Ceremonies“ (1995) erschien auf dem französischen Ableger von BMG/Ariola – offenbar hatte ihr also das überschwängliche Kritiker-Lob des Vorgänger-Albums einen Major-Plattenvertrag verschafft. Vier Jahre später folgte dann auf dem Naive-Label das von Carlos Peron (ex YELLO) produzierte „Purify“.

In der Zwischenzeit, d.h. in den Jahren zwischen diesen beiden Veröffentlichungen, soll sie beim Schweizer Maler HR Giger (1940-2014) Malerei studiert und außerdem mehrere Gedichts-Sammlungen herausgebracht haben (von denen sich aber keine Spuren mehr finden lassen). Zurück in Berlin produzierte sie nach langer Pause erneut mit Carlos Peron ein weiteres, ihr fünftes und letztes, Studioalbum namens „Passion Play“ für das Label Blue Note, das bei diesem allerdings nie erschienen, heute jedoch gottlob als Download sowie auf YouTube verfügbar ist, ebenso wie ein Live-Konzertmitschnitt aus Paris von 1999.

Das ist so ziemlich alles, was heute noch in Erfahrung zu bringen ist über die mysteriöse und bezaubernde Barbara Gosza, die sich leider viel zu früh in den Musiker-Himmel verabschiedet hat.

Barbara Gosza
Love it is
Strange Ways Records 1990

Barbara Gosza
Beckett & Buddha
Strange Ways Records 1992

Barbara Gosza
Ceremonies
Semantic/BMG/Ariola 1995

Barbara Gosza
Purify
Naive 1999

Barbara Gosza
Passion Play
Nur als Download 2009

Barbara Gosza
Live at Strasbourg, 23.9.1999
Nur als Download 2020

Veröffentlicht von on Aug. 9th, 2021 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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