Fallsammlungen im Recht

Ein willkürlicher Streifzug durch das Angebot der Verlage

Matthias Wiemers

Die Vielfalt an Lehrbüchern und Grundrissen zu rechtlichen Themen ist unübersehbar geworden. In eingeschränktem Maße gilt dies auch für die Fallsammlungen, die entweder direkt zu einem Lehrbuch und teilweise von denselben Autoren erscheinen oder die man allgemein zur Wiederholung eines auf anderem Wege vermittelten Stoffs heranziehen kann.
Schade/Pfaff, Fälle zum Arbeitsrecht. In nun schon dritter Auflage ist 2019 der band „Fälle zum Arbeitsrecht“ von den Professoren Friedrich Schade und Stephan Oliver Pfaff erschienen. In diesem nicht einmal 100 Seiten umfassenden Werk sind nicht weniger als 38 Fälle versammelt, die jeweils wichtige Begriffe des Arbeitsrechts anhand von Fallstudien erläutern. Diese bestehen jeweils aus einem Sachverhalt, einem individuellen (!) Prüfschema und dem Vorschlag einer Musterlösung. Der Leser wird im Vorwort des Bandes dazu angehalten, nur den Sachverhalt zu lasen und sodann selbst eine Gliederung vorzunehmen und die Musterlösung erst nach Erstellen eines eigenen Lösungsvorschlags heranzuziehen. Das Ganze erfolgt im Gutachtenstil, der freilich in diesem Bändchen nicht eigens dargestellt wird. Prädikat: gelungen

Friedrich Schade/ Stephan Oliver Pfaff, Fälle zum Arbeitsrecht, 3. Aufl. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2019, 93 S. 22 Euro

Bereits 2017 ist eine Fallsammlung zum Sozialrecht erschienen, die auch immerhin 25 Fälle enthält, diese aber in einer Musterlösung umfangreicher löst. Auch hier beginnt jeder Fall mit einem Sachverhalt und einer (möglichen) Gliederung, bevor dann die Musterlösung präsentiert wird.
Dieses Buch, das auch zahlreiche Verweisungen zu Rechtsprechung und Literatur in seinen Fußnoten enthält, kann praktisch auch als eigenständiges Lehrbuch verwendet werden. Ausweislich des Vorworts will Constanze Janda, die Autorin, damit eine Lücke schließen, die dadurch entsteht, dass in einer Universitätsvorlesung nur die großen Linien vermittelt werden. Sie will Orientierung im „unermesslich weiten Feld des Sozialrechts“ geben. Daei überfrachtet sie die einzelnen Fälle nicht, sondern setzt geschickt Schwerpunkte, damit die Studierenden einzelne Themen an einem Fall erlernen und nachvollziehen können. Bei den Gesetzgebungskompetetenzen geht es los und endet bei der Familienförderung.

Constanze Janda, Klausurenkurs im Sozialrecht. Ein Fallbuch, 9. Auflage, Verlag C. F. Müller, Heidelberg 2017, 183 S., 22.99 Euro

Wer eine gut lesbare und vor allem sehr erschwingliche Fallsammlung zum Allgemeinen Verwaltungsrecht sucht, wird bei „Niederle Media“ in Altenkirchen fündig. Hier haben die erfahrenen Autoren Pia Lange und Christian Matheus nunmehr schon in 12. Auflage ihre Standardfälle zum Verwaltungsrecht AT herausgebracht. Dies gelingt ihnen vor allem durch Fälle, die sie im studentennahen Milieu ansiedeln, was einerseits die Erinnerungsfähigkeit der Nutzer steigern könnte, zum anderen aber einfach zeigt, dass die Autoren erfahrene Arbeitsgemeinschaftsleiter sind.
Der Einbau von theoretischen Streitigkeiten wird immer so platziert, dass der Nutzer lernt, sie nur dort einzusetzen, wo es passt. Wichtige Merksätze sind hervorgehoben, die man auch gesondert lesen und erlernen kann (jeweils unter einem Rahmen mit der Überschrift „Merke“).
Dieses Buch nimmt man gerne zur Hand, wenn man „zwischendurch“ mal Zeit hat. Durch das knappe Format zu einem Preis von knapp 10 Euro besteht die Chance, Studierende wieder aus der digitalen Welt in die „handfeste“ Realität zurückzuholen. Der oftmals ausgeprägten Abneigung, sich selbst Bücher anzuschaffen, wird damit entgegengewirkt. Hoffentlich!

Pia Lange/ Christian Matheus, Standardfälle Verwaltungsrecht AT, 12. Auflage, Niederle Media, Altenberge 2021, 158 S., 9,90 Euro

 

Aus derselben Reihe bei Niederle stammt „Standardfälle Handels- und Gesellschaftsrecht“ von Sönke M. Willers. Auch er lässt seine Fälle wo möglich im studentischen Umfeld spielen. Er hat keine „Merke“-Kästchen eingefügt, bringt aber am Ende jedes Falles Literaturhinweise, und zwar nicht nur auf die Skripte von Niederle.

Sönke M. Willers, Standardfälle Handels- und Gesellschaftsrecht, 11. Auflage, Niederle Media, Altenberge 2021, 96 S., 9,90 Euro

 

 

Joachim Gruber bringt „Standardfälle Arbeitsrecht“. Von diesem Autor erfahren wir, dass er seit 20 Jahren Professor an der Westsächsischen Hochschule in Zwickau ist und zwischendurch auch mal einen Lehrstuhl in Paris hatte. Sein Band beinhaltet nicht weniger als 25 Fälle. Gruber gibt weiterführende Hinweise am Ende jedes Falles. Diese Fälle sind auch geeignet, im Rahmen einer Vorlesung jeweils unmittelbar nach der Einführung in ein Thema herangezogen zu werden. Sie sind daher auch für Lehrende interessant.

Joachim Gruber, Standardfälle Arbeitsrecht, 11. Auflage, Niederle Media, Altenberge 2021, 122 S., 9,90 Euro

 

Kehren wir zum Schluss noch einmal zurück zum Öffentlichen Recht: Das Umweltrecht erfreut sich seit Jahrzehnten einer leicht zunehmenden Beliebtheit in der juristischen Ausbildung, aber auch beim Gesetzgeber. Während es mittlerweile unzählige Lehrbücher und Grundrisse gibt, ist die Zahl an Fallsammlungen sehr überschaubar.
Seit längerer Zeit angekündigt ist ein jetzt bei Nomos erschienenes „Klausurentraining Umweltrecht“, das die Stuttgarter Ordinaria Daniela Winkler mit drei Mitarbeitern geschrieben hat. Dabei sind alle als gleichberechtigte Autoren ausgewiesen, was zunächst ein gutes Licht auf das Arbeitsklima in der Abteilung Rechtswissenschaft an der Universität Stuttgart wirft.
Die Autoren weisen im Vorwort auf die Schwierigkeiten des Umweltrechts hinsichtlich seines Wandels hin; auch sei es stark vom Europarecht geprägt. Der Band soll ausdrücklich nicht nur zur Unterstützung bei der Bearbeitung umweltrechtlicher Klausuren dienen – und in der Tat: Die Fälle sind so ausgewählt und gestaltet, dass man damit auch in gewisser Weise ein eigenständiges Kurstudium des Umweltrechts gestaltet werden kann.
Der Band präsentiert insgesamt neun Fälle: im ersten, der dem „Umwelteuroparecht“ gewidmet ist, lernen wir zugleich etwas über die Kompetenzordnung der EU – soweit dieser von mir gebrauchte Begriff überhaupt auf das Europarecht anwendbar ist. Neben der Unterscheidung von ausschließlichen und geteilten Zuständigkeiten im Primärrecht wird aus dem Sekundärrecht die Treibhausgasemissionshandels-Richtlinie zur Anwendung gebracht.
Dem „Umweltverfassungsrecht“ ist nur der zweite Fall gewidmet, aufgehangen an einer Verfassungsbeschwerde. Der dritte – zum Umweltinformationsrecht – hat Bezüge zum Verwaltungsprozessrecht.
Erst dann geht es ins Besondere Umweltrecht: Immissionsschutzrecht (4), Bundesnaturschutzrecht (5), Gewässerschutzrecht (6), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht (7), das freilich seit nunmehr neun Jahren (!) nur noch als Kreislaufwirtschaftsrecht bezeichnet wird, Bodenschutzrecht (8) und Umweltenergierecht (9). Auch in diesen Fällen erfolgt – der notwendige Praxisbezug legt dies nahe – jeweils eine Verknüpfung mit verwaltungsprozessualen Problemen.
Die Fälle sind durchzogen von Hinweiskästchen, die einerseits über die direkte Falllösung hinausgehen und deshalb optisch abgesetzt werden, und zum anderen gibt es gelegentlich besondere „Klausurtipps“ sowie stets „weiterführende Hinweise“ am Ende jedes Kapitels.
Fazit: Unbedingt zu empfehlen, wenngleich es inhaltlich auch schnell überholt sein kann. (Die Fälle wurden allerdings erkennbar so gewählt, dass dieses Risiko minimiert ist.).

Winkler/Kelly/Schmidt/Zeccola, Klausurtraining Umweltrecht, Nomos Verlag, Baden Baden 2021, 225 S. 25, 90 (ISBN 978-3-8487-6182-1 )

Veröffentlicht von on Aug 30th, 2021 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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