Obamas verheißenes Land
Patrick Mensel
Was macht ein Präsident im Ruhestand? Er greift zur Feder und verfasst seine Memoiren. Auch Barack Obama folgte der ungeschriebenen Tradition und legte drei Jahre nach dem Ausscheiden aus dem wichtigsten Amt der Welt einen umfangreichen Wälzer vor. Er verzichtete auf einen Ghostwriter, führte selbst die Feder und schrieb dermaßen viele gelbe Notizblöcke voll, dass aus einem geplanten Band zwei wurden.
Auf knapp 1000 Seiten lässt er in „Ein verheißenes Land“, dem ersten Memoiren-Band, nicht nur den nervenaufreibenden Präsidentschaftswahlkampf und die ersten 28 Monate seiner ersten Amtszeit Revue passieren. Er nimmt den Leser auch mit auf eine Reise in seine Jugend, die stark geprägt von seinen mütterlichen Großeltern war, bei denen er auf Hawaii lebte. Ausführlich schildert er das Erstarken seines politischen Interesses und seine Studienzeit sowie auch seine ersten Wahlkämpfe in Illinois.
Er liefert ungewöhnliche intime Einblicke in sein Denken und Wirken und präsentiert sich keinesfalls als strahlenden, unfehlbaren Mann, sondern als selbstkritisch und lernfähig. Auch politische Ziele, wie etwa die Schließung des Lagers Guantanamo, das letztlich am fehlenden Mut der Demokraten scheiterte, analysiert er sachlich und ohne falsches Pathos. Er thematisiert eigene Schwächen und skizziert sowohl amerikanische Politiker als auch internationale Staats- und Regierungschefs in pointierter Manier. Dabei bleibt er fair und lässt auch an etlichen Stellen einen wohltuenden Witz durchschimmern.
Trotz der sehr umfangreichen Schilderungen bleibt die Lektüre dadurch interessant und kurzweilig: eine Geschichtsstunde der spannenden Art.
Barack Obama
Ein verheißenes Land
Penguin Verlag, 2020
Gebundene Ausgabe: 1024 Seiten
ISBN-13: 978-3328600626