Das Geldwäsche-Café

Geheime Aufzeichnungen eines Volljuristen

Liebes Tagebuch,

vor einiger Zeit wurde in unserer Straße ein Café wiedereröffnet. Anfangs waren wir noch sehr froh darüber, weil das, so hofften wir jedenfalls, die Gegend lebendiger macht, bis wir bemerkten, dass die Betreiberin eine ziemlich traditionell gekleidete junge Frau mit streng verschnürtem Kopftuch ist. Ansonsten wirkt das Café aber sehr modern, fast schon übertrieben poppig in der Aufmachung. Es gibt hippe Cookies, vegane Porridges, Chai Latte mit Hafermilch und solche Sachen, alles zu Mondpreisen, die kaum jemand in unserer erst mäßig gentrifizierten Gegend bezahlen würde: der billigste Kaffee für 3,50 Euro, das Porridge für 9,95 Euro. Besucht wird das Café nun beinahe ausschließlich von Frauen in langen Gewändern und Kopftüchern sowie breitbeinig dasitzenden vollbärtigen orientalischen Männern mit irgendwie krimineller Ausstrahlung. Nur gelegentlich verirrt sich auch mal ein Tourist oder jemand vom nahegelegenen Gericht dorthin, der mal schnell ein Stück Kuchen braucht. Unter den früheren Betreibern, die nach dem ersten Corona-Jahr aufgegeben hatten, hatte das Café noch ein gemischtes Publikum, was man jetzt nicht mehr sagen kann. Manchmal steht vor der Tür ein protziger Mercedes, auf dem der Name des Cafés geschrieben steht. Wenn die junge Frau nicht da ist, wird sie von einer noch strenger eingeschnürten orientalischen alten Dame in schwarzer Kluft vertreten.

Unser Problem ist jetzt, dass wir eigentlich immer sehr großen Wert darauf legen, weltoffen und tolerant zu sein, aber trotzdem nicht in dieses Café gehen wollen. Ich selbst schon deshalb nicht, weil ich es zu teuer finde. Für meine Frau, die sonst unheimlich gerne in Cafés geht, wäre das allerdings kein Kriterium. Aber sie, die selbst aus Fernost stammt, hat eine tiefe Abneigung gegen Kopftuch-Frauen und arabische Machos. Ich halte dann immer dagegen, dass man jedem eine Chance geben sollte (zumindest, solange es nichts kostet). Auch Kopftuch-Frauen und vollbärtige orientalische Männer müssen nicht zwangsläufig schlechte Menschen sein, sage ich. Aber im Stillen empfinde ich es ganz ähnlich wie meine Frau. Auch auf mich wirkt diese Kultur sehr unsympathisch. Vielleicht sollte man es pragmatisch sehen: Es ist allemal besser, wenn Frauen mit Kopftuch öffentlich einen Beruf ausüben oder im Café sitzen, als wenn sie von ihren männlichen Peinigern nur zu Hause eingesperrt werden, wie man es in manchen einschlägigen Reportagen oder Filmen sehen und lesen kann. Natürlich sollte sich der Staat nicht in die Privatangelegenheiten seiner Bewohner einmischen, aber es bleibt doch irgendwie ein Unbehagen, wenn man das so beobachtet…

Kann schon sein, dass wir mit unseren schlechten Gedanken diesen Leuten bitter Unrecht tun. Man sollte sich eigentlich immer zurückhalten mit unbewiesenen Unterstellungen. Aber es sieht wirklich so aus, und ich kann mir diese Überlegung nicht ganz verkneifen, auch wenn ich sie nur in der Anonymität dieses Tagebucheintrags äußere, dass dieses Café in Wahrheit eine Geldwäsche-Einrichtung ist: Möglicherweise investiert hier einer dieser berüchtigten Clans seine durch Drogen- und Waffenhandel, Schutzgelderpressung und dergleichen ergaunerten Gelder, da es ja jetzt auf dem Wohnimmobilienmarkt deutlich schwieriger geworden ist… Zuerst fließen die Gelder in die teure Einrichtung und das hochwertige Dienstfahrzeug, was sich alles als betriebliche Ausgaben steuerlich absetzen lässt. Dann besuchen die Clan-Mitglieder in großer Zahl tagaus, tagein das Café und sorgen durch den Verzehr ihrer hochpreisigen Waren für Umsätze, die dann letztlich wieder als ganz legale Einnahmen in ihre eigenen Taschen zurückwandern. Ist schon ein pfiffiges Geschäftsmodell! Wenn es denn wirklich so ist, es weiß ja niemand… Aber es wird auch niemand jemals beweisen können, dass es so ist, denn dann müsste man ja genau dokumentieren, wer jeden Tag im Café was kauft, und das ist vollkommen unmöglich. Ich stelle es mir so vor, dass die Clan-Männer da immer zusammenhocken wie die „Olsenbande“ und ihre nächsten Coups planen. „Ich hab einen Plan: Wir klauen uns die riesige Goldmünze aus dem Bode-Museum.“ „Mächtig gewaltig, Hamza!“ „Und dann brechen wir im KaDeWe ein. Und später ins grüne Gewölbe in Dresden.“ „Und danach machen wir Hunderte solche Cafés auf.“ Daraus könnte man wirklich einen tollen Film machen…

Dein Johannes

Veröffentlicht von on Sep. 26th, 2022 und gespeichert unter JOHANNES, LIEBES TAGEBUCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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