Ein zunehmend komplexeres Compliance-Umfeld, Nachwuchsprobleme und höhere Anforderungen an die Produktivität setzen Juristen so stark unter Druck wie nie zuvor. Das sind die Ergebnisse der weltweiten Studie „Future Ready Lawyer 2022“ von Wolters Kluwer. Die Befragung zeigt auch, dass weitere Fortschritte notwendig sind, da die Mehrheit der Juristen angibt, nicht gut auf die wichtigsten Herausforderungen und Chancen vorbereitet zu sein.
Um mit den aufkommenden Trends und den steigenden Anforderungen Schritt halten zu können, nutzen Juristen zunehmend Legal Tech Lösungen zur Unterstützung: Sowohl in Europa als auch in den USA sind die Investitionen in und die Nachfrage nach technischen Lösungen für den Rechtsbereich gestiegen. Im Fokus stehen dabei besonders Leistungs- und Produktivitätsverbesserungen, bessere Beziehungen zwischen Mandanten und Kanzleien sowie die Erfüllung der Erwartungen, die neue Talente mitbringen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen:
– 91 % der Rechtsabteilungen von Unternehmen erwarten von ihren Kanzleien, dass sie Technologien vollumfänglich nutzen.
– Mehr als 80 % der Juristen geben an, dass es für sie von großer Bedeutung ist, für eine technikaffine Kanzlei oder Rechtsabteilung zu arbeiten.
– Die zunehmende Bedeutung von Legal Tech ist für 79 % der Juristen ein Top-Trend.
– 64 % der Rechtsabteilungen und 63 % der Kanzleien werden ihre Investitionen in Softwarelösungen im kommenden Jahr erhöhen.
„Anwälte arbeiten bereits in einem Umfeld mit hohem Druck. Die Future Ready Lawyer Studie 2022 zeigt, dass die Anforderungen weiter steigen, da sich die Trends, die den Juristenberuf beeinflussen, weiter beschleunigen“, sagt Martin O’Malley, CEO von Wolters Kluwer Legal & Regulatory. „Nur etwa ein Drittel der Juristen gibt an, sehr gut auf diese Trends vorbereitet zu sein. Die Umfrage zeigt, dass Unternehmen im Rechtsmarkt mehr denn je auf Technologie setzen, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern.“
„Die Future Ready Lawyer Studie 2022 liefert erneut spannende Erkenntnisse und Einblicke zur Gegenwart und Zukunft des Rechtsmarkts“, so Martina Bruder, CEO von Wolters Kluwer Deutschland. „Neben der weiter wachsenden Bedeutung von Technologien bewegt insbesondere der „War for Talents“ die Akteure. Dieses Umfeld macht es wichtiger denn je, den Wandel aktiv zu gestalten.“
Die Wolters Kluwer Future Ready Lawyer Studie 2022 umfasst Erkenntnisse von 751 Juristen aus den USA und 10 europäischen Ländern. Im vierten Jahr in Folge bietet die Umfrage eine aktuelle Perspektive mit Benchmark-Daten vor und nach der COVID-Krise zu Trends, Fähigkeiten und Veränderungen im Berufsstand und untersucht, wie gut Organisationen darauf vorbereitet sind, ihre Leistung zu verbessern.
Wichtigste Ergebnisse der Umfrage
Wichtigste Trends
Die wichtigsten Trends, von denen erwartet wird, dass sie in den nächsten drei Jahren die größten Auswirkungen auf den gesamten Rechtsmarkt haben werden, sind:
– Zunehmende Bedeutung von Legal Tech: 79 %
– Bewältigung der zunehmenden Menge und Komplexität von Informationen: 79 %.
– Erfüllung der sich ändernden Erwartungen von Mandanten/Führungskräften: 79 %.
Nur 36 % oder weniger der Juristen geben an, dass ihr Unternehmen sehr gut darauf vorbereitet ist, mit einem dieser Trends Schritt zu halten.
Neue und wachsende Rechtsgebiete sind ein weiterer wichtiger Trend, der die Anwälte betrifft:
– 77 % geben an, dass die Bewältigung neu entstehender und wachsender Compliance-Bereiche, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Regelungen (ESG) und Datenschutz, ein wichtiger Trend ist.
– 56 % der Unternehmensjuristen und 45 % der Anwälte in Kanzleien berichten, dass die Nachfrage nach ESG-Beratung im vergangenen Jahr gestiegen ist. Die meisten geben an, dass ihre Organisation nicht ausreichend vorbereitet ist, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten.
Ein weiterer deutlicher Trend im Jahr 2022 ist die Veränderung der Art und Weise, wie die juristische Arbeit erledigt wird und wer sie erledigt, wobei in jedem Bereich ein Anstieg gegenüber den Vorjahren zu verzeichnen ist:
– Für Rechtsabteilungen von Unternehmen: 84 % geben an, dass sie vermehrt auf Vertragspartner zurückgreifen, dass sie vermehrt nichtjuristisches Personal zur Erledigung ihrer Aufgaben einsetzen und dass sie vermehrt auf alternative Rechtsdienstleister zurückgreifen.
– Für Anwaltskanzleien: 81 % berichten über einen verstärkten Einsatz von Drittanbietern oder ausgelagerten Ressourcen, 78 % über einen verstärkten Einsatz von nichtjuristischem Personal zur Erledigung von Aufgaben und einen verstärkten Einsatz von Vertragspartnern und 77 % über mehr „Self-Services“ ihrer Mandanten.
Die Ergebnisse für 2022 bauen auch auf den Umfrageergebnissen der Vorjahre zu Leistungstrends auf, die zeigen, dass Kanzleien, die Technologie in vollem Umfang nutzen, in einer Vielzahl von Bereichen besser abschneiden als Unternehmen, die dies nicht tun.
– Kanzleien, die Technologie in vollem Umfang nutzen, waren erneut profitabler als solche, die dies nicht tun: 63 % der technologieführenden Kanzleien berichten, dass ihre Rentabilität im vergangenen Jahr gestiegen ist, verglichen mit 46 % der anderen Kanzleien.
Nachwuchsprobleme voraus
Die juristischen Organisationen bekamen im vergangenen Jahr die Auswirkungen des „Big Quit“ zu spüren, und den Umfrageergebnissen zufolge werden weitere Talentprobleme auf sie zukommen:
– 86 % der Unternehmensjuristen und 70 % der Anwälte in Kanzleien geben an, dass der „Big Quit“ einen sehr oder ziemlich großen Einfluss auf ihr Unternehmen hatte.
– 70 % der Unternehmensjuristen und 58 % der Anwälte von Anwaltskanzleien geben an, dass sie ihre derzeitige Position im nächsten Jahr sehr oder eher wahrscheinlich verlassen werden.
Unternehmen sind nicht gut darauf vorbereitet, die Abwanderung von Talenten zu bewältigen:
– Nur 33 % der Rechtsabteilungen sind sehr gut darauf vorbereitet, juristisches Personal einzustellen/zu halten; 36 % sind sehr gut darauf vorbereitet, technologisches Personal einzustellen/zu halten.
– 28 % der Anwaltskanzleien sind sehr gut darauf vorbereitet, juristisches Personal anzuwerben/zu binden; 33 % sind sehr gut darauf vorbereitet, technologisches Personal anzuwerben/zu binden.
Technologie ist entscheidend für Talente:
– 87 % der Unternehmensjuristen und 83 % der Juristen in Kanzleien geben an, dass es äußerst oder sehr wichtig ist, für eine juristische Organisation zu arbeiten, die Technologie einsetzt.
Bessere Beziehungen zwischen Mandanten/Kunden und Kanzleien
Die technologischen Möglichkeiten stehen im Mittelpunkt der Bewertung bestehender und künftiger Kanzleibeziehungen durch die Mandanten:
– 91 % der Rechtsabteilungen geben an, dass es für die Kanzleien, mit denen sie zusammenarbeiten, wichtig sein wird, Technologien zu nutzen.
– 97 % der Rechtsabteilungen bitten die Kanzleien, die sie in Betracht ziehen, um eine Beschreibung der Technologien, die sie einsetzen, um produktiver und effizienter zu sein.
– Der Hauptgrund, warum Rechtsabteilungen die Kanzlei wechseln würden, ist, dass die Kanzlei keine Effizienz und Produktivität vorweisen kann. Nur 38 % der Unternehmensjuristen sagen, dass ihre derzeitige Kanzlei Technologien zur Steigerung der Produktivität/Effizienz sehr gut einsetzt.
Insgesamt haben sich die Beziehungen zwischen Mandanten und Kanzleien verbessert, dennoch besteht ein höheres Risiko, dass Kanzleien ersetzt werden:
– 55 % der Rechtsabteilungen geben an, dass sich ihre Beziehungen zu ihrer Kanzlei seit der Zeit vor der Pandemie verbessert haben.
– Darüber hinaus geben 43 % der Rechtsabteilungen an, dass sie heute mit ihrer Kanzlei sehr zufrieden sind, gegenüber 30 % im Jahr 2021.
– Gleichzeitig geben jedoch 32 % der Rechtsabteilungen von Unternehmen an, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr die Kanzlei wechseln werden, gegenüber 24 % im Jahr 2021.
Der vollständige Bericht mit weiteren Ergebnissen zu Kanzleien, Rechtsabteilungen, Technologie, Talenten und Trends sowie speziellen Abschnitten zu den Auswirkungen von ESG und Erkenntnissen von Koryphäen der Rechtsbranche kann unter Wolters Kluwer Future Ready Lawyer 2022 heruntergeladen werden.