Wirtschaftsrecht, Energierecht, Lieferkettengesetz – ein Rundumschlag
Matthias Wiemers
Ende der 1980er Jahre erschien mal ein „Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts von Rolf Stober, das ich jedem rechtshistorisch Interessierten zur Anschaffung nur empfehlen kann. Leider hat Stober es danach nicht wieder aufgelegt. (In Münster, wo Stober einige Jahre lehrte, konnte man sich damals Hörerscheine für das sehr teure Buch besorgen, das er offenbar nicht nur für Juristen, sondern auch für Wirtschaftswissenschaftler geschrieben hatte – 1989, 1349 S., 189 DM.)
Die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Schriften Rolf Stobers sind Legion, und der umfangreichste Band in der Folgezeit war das von Stober und dem Hamburger Zivilrechtsrechtler Marian Paschke herausgegebene Werk „Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht“, das „Grundzüge des Wirtschaftsprivat- Wirtschaftsverwaltungs- und Wirtschaftsstrafrechts“ enthielt und von dem mir die zweite Auflage 2012 (557 S. für nur 39,80 Euro) vorliegt.
Dieses Werk erfuhr 2017 seine dritte Auflage (mit nur noch 495 Seiten). Dieses Buch ist nun in der vierten Auflage noch einmal im Umfang reduziert erschienen, mit allerdings weiter gestiegenem Anschaffungspreis (384 S., 54 Euro). Diese Entwicklung mag man bedauern, allerdings liegt sie wohl im Trend (Stobers Parallelwerk zum Wirtschaftsverwaltungsrecht, das heute „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ heißt, changierte in der Vergangenheit zwischen zweibändig und einbändig.)
Es gilt nun, einen Blick in die Neuauflage zu werfen.
Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die einzelnen Kapitel sehr knapp gehalten sind und wirklich nur Grundzüge vermittelt werden. Entgegen dem Untertitel des Bandes besteht dieser nur aus zwei Teilen, nämlich aus „Wirtschaftsprivatrecht“ (Teil I) und „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ (Teil II), die wiederum weiter in Kapitel unterteilt sind und worin die einzelnen Abschnitte einer Gliederung in Paragraphen folgen.
Marian Paschke startet den Band mit „Privatrechtliche Grundlagen (I. A), worin sich ein Einführungskapitel, eines über „Allgemeines Wirtschaftsprivatrecht“ und eines über „Privates Wirtschaftsvertragsrecht – Besonderer Teil“ finden. Im Besonderen Teil werden behandelt Absatzverträge, das Recht des Zahlungsverkehrs und der Finanzierung, Vertriebs- und Vertriebsorganisationsverträge sowie Transport- und Speditionsverträge.
Unter I. B. wird das internationale Wirtschaftsvertragsrecht von Marian Paschke und Solveig Gasche erläutert, worin sich das IPR einschließlich der Rom-Verordnungen und das internationale Zivilverfahrensrecht befinden. Wolfgang B. Schünemann behandelt das Logistikrecht (I. C) und Marian Paschke die Grundzüge des Seehandelsrechts (I. D), Alexander Schall und Malte Mackensen das Gesellschaftsrecht (I. E). Mit dem Finanzdienstleistungsrecht wird ein Rechtsgebiet behandelt, das hier u. a. auch das Recht der Kreditsicherheiten und das Versicherungsrecht mitumfasst (I. F, Eckhardt Moltrecht).
Wolfgang B. Schünemann behandelt in seinem Beitrag zum „Recht der Unternehmensgründung und -finanzierung“ (I. G) auch europarechtliche Rahmenbedingungen, und auch hier spielen die Kreditsicherheiten wieder eine große Rolle. Es ist aber nicht so, dass hier etwa auf das vorhergehende Kapitel verwiesen würde – Schünemann verweist vielmehr auf sein eigenes weiterührendes Lehrbuch.
Teil I schließt mit dem Abschnitt über „Organisations- und Personalwesen, Arbeitsrecht und Handelsvertreterrecht“ (I. H) von Achim Schunder, der bekanntlich für einen anderen Fachverlag hauptberuflich tätig ist, aber als Schüler von Rolf Stober dem Verlag W. Kohlhammer als Autor treu bleibt. Das Handelsvertreterrecht wird hier dem umfangreich dargestellten Arbeitsrecht aber nur noch angefügt.
Der Teil II „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ beginnt mit einem Beitrag über „Internationales und europäisches Wirtschaftsrecht“ (II. A) von Sven Eisenmenger, das von Jörg Philipp Terhechte mit „Deutsches Öffentliches Wirtschaftsrecht“ (II. B) gewissermaßen konkretisiert wird.
„Grundzüge des Wettbewerbs- und Kartellrechts“ (II. C, Sören Pietzcker, Stefan Bretthauer und Verena Hohne) werden hier formal korrekt dem Öffentlichen Recht zugeordnet, obwohl sie zumeist im Kontext des Privatrechts behandelt werden,
Der Band schließt mit „Grundzüge des deutschen und internationalen Wirtschaftsstrafrechts“ (II. D) von Rainer Keller und Ronen Steinke.
Alles in allem kann anhand dieses Lehrbuchs „Wirtschaftsrecht“ in Grundzügen wirklich vermittelt werden, wobei sicherlich Bachelorstudiengänge das Ziel sind. Für Hausarbeiten bzw. im Masterstudium dürfte der Band inzwischen allerdings zu sehr „eingedampft“ sein. Und der Preis erscheint für den Umfang inzwischen als etwas zu hoch.
Stober/Paschke
Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht
Grundzüge des Wirtschaftsprivat-, Wirtschaftsverwaltungs- und Wirtschaftsstrafrechts
Kohlhammer Verlag, 4. Auflage 2022
412 Seiten; 54,00 Euro
ISBN 978-3-17-039722-4
Gewissermaßen mittendrin zwischen Wirtschaftsverwaltungsrecht und Umweltrecht befindet sich das Energierecht, das man inzwischen seriöserweise aber nicht mehr gut in einem knappen Lehrbuch mit verarbeiten kann, weil es einem so raschen Wandel unterworfen ist. Diesen Wandel stellen auch die Autoren des innerhalb kurzer Zeit fünfmal aufgelegten Lehrbuchs zum „Energierecht“ aus der Reihe „Kompendien“ in ihrem Vorwort fest.
Das Werk besteht aus insgesamt zwölf Kapiteln, und bereits im Vorwort weisen die Autoren sinngemäß darauf hin, dass im Energierecht immer neue „Nebengesetze“ zum Energiewirtschaftsgesetz hinzuträten, die die Energiegesetzgebung als „ewige Reformbaustelle“ erscheinen lassen. Das Lehrbuch, das sich ausdrücklich nicht nur an Juristen wendet, soll an die konkreten Normen anknüpfen, und es wird auch nochmals der inzwischen weithin bekannte Erfahrungssatz hervorgehoben, dass prinzipiell deregulierte Branchen mehr Regulierungsrecht aufweisen als wenn eine Aufgabe von öffentlichen Unternehmen wahrgenommen wird.
Im ersten Kapitel werden die Grundlagen des Energierechts ausgebreitet, und zwar einschließlich eines weiteren Überblicks über den Aufbau des Buchs und Ausführungen zum technischen Hintergrund. Dort erfährt dann etwa der Leser, aus welchen Stoffen die einzelnen Energieträger bestehen und dass man beim Stromnetz zwischen nicht weniger als sieben verschiedenen Ebenen unterscheidet. Und auch die gesamte Entwicklung der hier so genannten Energieordnung wird kurz dargestellt und hierbei von einer hohen Frequenz der Verdichtung des Regulierungsregimes gesprochen (Rdnr. 56). Ist hier „Frequenz“ ausnahmsweise nicht technisch zu verstehen, so werden allerdings auch technische Hintergründe erklärt, bei denen es durchaus auch auf Frequenzen ankommt (Rdnr. 58 ff.: „technischer Hintergrund“).
Kapitel 2 beleuchtet die rechtlichen Anforderungen an Energieversorgungsunternehmen, und das dritte Kapitel erklärt “Netzanschluss und Netzzugang“ bei Strom- und Gasnetzen, Kapitel 4 die „Netzzugangsentgeltregulierung“. Ordnungspoltischen besonders wichtig ist das Unbundling, zu deutsch „Entflechtung“, das den Gegenstand des 5. Kapitels bildet. Hier geht es darum zu verhindern, dass es durch eine Verflechtung der verschiedenen Wertschöpfungsstufen wie Herstellung und Energievertrieb zu Beeinträchtigungen des Wettbewerbs verschiedener Energieanbieter kommt.
Das 6, Kapitel ist der Energielieferung an Letztverbraucher gewidmet, wo noch einmal das Konzept der „Daseinsvorsorge durch Wettbewerb“ dargestellt wird, wobei dies letztlich nicht ohne die „Versorgungssicherheit“, deren Gewährleistung im 7. Kapitel beschrieben wird. Die energierechtliche Planfeststellung steht im Zentrum des 8. Kapitels. Kapitel 9 zeigt „Materielles Energierecht außerhalb des EnWG“. Die Aufsichtsbehörden werden im 10. Kapitel behandelt und die Bundesnetzagentur im besonderen in Kapitel 11. Den Schluß bildet eine Darstellung der behördlichen und gerichtlichen Verfahren (12).
Es handelt sich hier um die aktuellste Darstellung des Energierechts und zugleich um eine, bei der mit kurzfristiger Aktualisierung weiter zu rechnen ist.
Kühling, Rasbach, Busch
Energierecht
Nomos Verlag, 5. Auflage 2022
366 Seiten; 29,90 Euro
ISBN: 978-3-8487-6192-0
Aus demselben Verlag ist nun neuerdings ein Band mit Fällen und Lösungen erschienen, der soweit ersichtlich das erste Format in diesem Bereich überhaupt darstellt. Herausgeber des Bandes ist Max Baumgart, der am Institut für Energiewirtschaftsrecht in Köln tätig war und inzwischen Rechtsanwalt und Assistenzprofessor in Tilburg (Niederlande) ist. Unterstützt wird er von Kolleginnen und Kollegen, wobei mit Jan Heinisch auch ein erst nach Erscheinen des Bandes ausgeschiedener Staatssekretär im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung darunter ist. Präsentiert werden insgesamt 20 Fälle mit Lösungen, die die ganze Breite des Energierechts abdecken. Die gliedern sich in „Energievertragsrecht“ (4 Fälle), „Energieregulierungsrecht“ (4 Fälle), „Energiekartellrecht“ (3 Fälle), „Energiekommunalrecht und öffentliches Energieanlagenbaurecht“ (3 Fälle), „EU-Energierecht“ (3 Fälle) und „Internationales Energierecht“ (3 Fälle)
Der Band eignet sich jedenfalls als Ergänzung zum Lehrbuch, kann aber auch als Quelle von Fallmaterial für die jeweils in Bezug genommenen Rechtsgebiete genutzt werden. Denn Energierecht ist eine Querschnittsmaterie mit zudem starken Bezügen zu den Wirtschaftswissenschaften – wie man nicht zuletzt an der Ausgestaltung des Kölner Instituts ablesen kann.
Baumgart
Energierecht. Fälle und Lösungen
Nomos Verlag 2022
251 Seiten; 28,90 Euro
ISBN: 978-3-8487-8328-1
Da es kein „Menschenrechtsverwaltungsrecht“ gibt, müssen Veröffentlichungen zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz notwendig dem Umweltrecht zugeordnet werden. Hier sind noch zwei Titel nachzutragen – ein Handbuch und ein Kommentar.
Ein Wortungetüm in der Gesetzgebung wird im neuen Jahr seine Wirkungen in Deutschland entfalten, und eine entsprechende Richtlinie auf EU-Ebene befindet sich in der Abstimmung. Die Richtlinie würde dann nochmals zu Modifikationen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes führen, aber die Unternehmen in Deutschland und damit auch der juristische Buchmarkt können hieraus nicht warten. Deshalb haben kürzlich einige Rechtsanwälte im Beck Verlag ein neues Handbuch vorgelegt, das bereits die (künftige) Unternehmenspraxis in den Blick nehmen will, die dieses Gesetz neben vielen anderen Vorgaben für das Management nunmehr anwenden soll.
Auf die Entstehungsgeschichte und den Hintergrund des Gesetzes gehen die Herausgeber nur im Vorwort ein, sodann geht es direkt in die einzelnen Themen. In § 1 wird der Anwendungsbereich behandelt, und zwar in personeller und sachlicher Hinsicht. Schließlich wird der zentrale Begriff der Lieferkette definiert.
In § 2 ist der spezielleren Darlegung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken als Anknüpfungspunkte für unternehmerische Sorgfaltspflichten gewidmet, wobei dann gewissermaßen in § 3 die „Grundlagen zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten“ noch nachgeliefert werden – einschließlich des Ausblicks u. a. auf die noch ausstehende EU-Richtlinie.
§ 4 zeigt die speziellen Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbereich und im Hinblick auf unmittelbare Zulieferer auf. Hier wird deutlich, dass mindestens die von dem Gesetz unmittelbar betroffenen Unternehmen sich nunmehr eine eigene „Menschenrechtsstrategie“ zulegen müssen, die im Rahmen einer Grundsatzerklärung zu verkünden ist. Hier wird also keine fixe Vorgabe gemacht, sondern die Strategie ist selbst zu entwickeln und hat zur Folge, dass das Verhalten künftig an der eigenen Strategie gemessen werden kann. Wichtig ist die Feststellung, dass diese Strategie auch die Umweltbelage mit beinhaltet (§ 5, Rdnr. 594) und dass die Grundsatzerklärung ständig aktuell gehalten werden muss. Auch hier wird auf die noch ausstehende EU-Richtlinie geblickt.
War in § 4 schon deutlich geworden, dass ein Risikomanagement erforderlich ist, so verdeutlicht dies § 5, worin „Gesellschaftsrechtliche Maßgaben und Compliance- Organisation dargestellt werden. „Arbeitsrechtliche Vorgaben“ werden in § 6 umfassend betrachtet, im Grunde alle Bezüge zu Arbeitsverhältnissen in betroffenen Unternehmen. Es folgen „Kartellrechtliche Vorgaben“ (§ 7), weil natürlich die durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen angeordnet wird, unter deren Deckmantel sich auch Kartellabsprachen verbergen könnten. Noch naheliegender sind lauterkeitsrechtliche Fragestellungen (§ 8), worin der Einzelaspekt der Werbung mit Selbstverständlichkeiten, der sich hier sofort aufdrängt, natürlich behandelt wird (§ 8, Rdnr. 1360). Die Darstellung von „Behördliche(n) Kompetenzen und Verwaltungsverfahren“ (§ 9) und der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionsmechanismen (§ 10) sind bei jedem Gesetz, das auf Wirksamkeit angelegt ist, erwartbar. Es folgen dann aber noch „Vergaberechtliche Implikationen“ (§ 11), „Zivilrechtliche Implikationen“ (§ 12) und ein Kapitel zu „Konfliktlösung und internationales Privatrecht“ (§ 13). Das Schlusskapitel über „Vertragsgestaltung“ (§ 14) erscheint noch etwas knapp, allerdings ist dies sicherlich auch der noch nicht erfolgten praktischen Anwendung des Gesetzes geschuldet. Denn dort liegt ein Schwerpunkt auf dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit deren Hilfe selbstverständlich Unternehmen versuchen werden, die Durchsetzung der ihnen obliegenden Pflichten in der Lieferkette sicherzustellen. Und genau hier lieg eine Problematik des Gesetzes für kleinere, nicht unmittelbar von dem Gesetz betroffene Unternehmen. Wie wird es sich auswirken auf diese? Werden kleine Unternehmen der „Privatisierung der Menschenrechte“, wie sie im Text auch als Stichwort zitiert werden (§ 14, Rdnr. 2134), etwas entgegensetzen können? Hierzu heißt es im Text: „Das daraus folgende Bedürfnis des Normadressaten, sich bei der Vertragsgestaltung möglichst weitgehende Eingriffs- und Kontrollbefugnisse gegenüber seinen Zulieferern vorzubehalten, um das eigene Haftungs- und Sanktionsrisiko zu minimieren, steht in einem Spannungsverhältnis zum AGB-Recht, das unangemessene Benachteiligungen verhindern will. Die Kunst in der Vertragsgestaltung wird künftig darin liegen, auf dem schmalen Grat zwischen Haftungs- und Sanktionsrisiken einerseits und AGB-rechtliche Unwirksamkeitsrisiken andererseits für beide Vertragspartner in der Vertragsgestaltung einen interessengerechten Ausgleich zu schaffen.“ (§ 14, Rdnr. 2133).
Selbstverständlich haben sich zur näheren Problemlösung praktisch die Autoren dieses Bandes implizit angeboten.
Für die seit Beginn der „Corona-Pandemie“ immer wieder zu hörende Notwendigkeit der Neugestaltung und Verkürzung internationaler Lieferketten dürfte allerdings auch diese neue Gesetzgebung nicht ganz ohne Wirkung bleiben. Dies ist jedenfalls zu hoffen, wenn man das Gesetz nicht gleich als bloße symbolische Politik abtun will.
Der erhofften Sorgfalt in der Lieferkette wird mit diesem Handbuch jedenfalls eine Sorgfalt in der Kommentierung vorangegangen sein.
Wagner/ Ruttloff/ Wagner (Hrsg.), Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in der Unternehmenspraxis. Handbuch, C. H. Beck, München 2022, 623 S. , 119 Euro (ISBN 978-3-406-77834-6)
Aus der bekannten Reihe „Gelbe Erläuterungsbücher“ kommt ein Kommentar, der bereits dadurch auffällt, dass von den insgesamt elf Bearbeitern acht bei ein und derselben Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt sind. Nimmt die bisher erschienenen Werke hinzu, so wird deutlich, dass die Rechtsberaterbranche in dem Gesetzeswerk nicht nur Risiken, sondern durchaus auch Chancen zu erblicken scheint. Dass es nicht nur darum geht, schnell lukrative Mandate zu erlangen, wird aus folgender Passage des ansonsten sehr knapp gehaltenen Vorworts deutlich: „Der Gesetzeszweck wird nur zu erreichen sein, wenn der Anwender das LkSG nicht als bürokratisches Monster betrachten muss, sondern als Chance erkennt, die Wertorientierung des eigenen Unternehmens zu vertiefen und mit Wertepartnern in der ganzen Welt resiliente Lieferketten zu bilden.“
Ist man vielleicht geneigt, einen Querverweis zu von Christoph Schönberger vor zwei Jahren besorgter Neuauflage der kleinen Schrift Carl Schmitts zur „Tyrannei der Werte“ zu geben, so muss doch festgestellt werden, dass das Überdenken von Lieferketten nicht nur aufgrund der neuen Gesetzgebung sondern auch wegen der Erfahrungen aus der Corona-Krise eine besondere Notwendigkeit und Herausforderung von Unternehmen darstellen wird, die in der Tat nicht nur Risiken, sondern auch Chancen birgt.
Die Kommentierung erfolgt in der gewohnt zupackenden Art der Reihe, die freilich auf die Kommentierung von Rechtsprechung noch verzichten muss, aber bereits vorhandene literarische Äußerungen verarbeitet und dies auch teilweise als eigenen Abschnitt ausweist. Zieht man insgesamt ein Fazit, so scheint sich die kollegiale Zusammenarbeit innerhalb der betreffenden Kanzlei besonders positiv ausgewirkt zu haben, da das Werk eine hohe Dichte in der Kommentierung der jeweils von dem Gesetz in Bezug genommenen Rechtsgebiete aufweist. Das noch laufende Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene wird ebenfalls durchgängig einbezogen.
Andre Depping/ Damiel Walden (Hrsg.), LkSG. Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG). Kommentar, Verlag C. H. Beck, München 2022, 593 S., 129 Euro. (ISBN 978-3-406-78308-1)