Jochen Werner, David Matusiewicz und ihre Community
Matthias Wiemers
Ein auch für Juristen zunehmend interessant ist das Berufsfeld des Medizinrechts und hierbei das Recht der Digitalen Medizin, das auch aus „E-Health“ bezeichnet wird. Die Hochschulen, die sich dieses Themas annehmen, sind inzwischen Legion (ein Pionier hierbei war die Hochschule Flensburg).
In diesem Zusammenhang gilt es hier, zwei neue Bücher vorzustellen, die einerseits unterschiedlichen Kategorien angehören, andererseits aber viele inhaltliche und personelle Querverbindungen aufweisen.
Da ist zunächst das sehr persönliche Buch von Jochen Werner, der Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen ist. Der sehr deutliche Titel „So krank ist das Krankenhaus“ wird innerhalb des Buches nicht eingelöst, auch der Untertitel „Der Weg zu mehr Menschlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit in der Medizin“. Es ist ein Marketing-Titel, der allerdings auch mich zur Lektüre des Buches angeregt hat. Wer von den Aktivitäten Werners im Internet weiß, wo er regelmäßig Podcast-Gespräche mit Zeitgenossen hauptsächlich über gesundheitspolitische Themen führt, konnte allerdings damit rechnen, dass es darin um die Digitalisierung des Gesundheitswesens gehen würde. Jochen Werner steigt sogleich in sein eigentliches Thema ein, mit „Aufbruch zum Smart Hospital“, wo die Forderung „Digitalisierung nicht morgen, sondern jetzt!“ aufgestellt wird und sodann die „Grundidee des Smart Hospital“ entwickelt wird. Gleich im zweiten Kapitel wird sehr deutlich gemacht, dass das Smart Hospital von den Patienten aus gedacht wird, unter Einbeziehung der besonders in Deutschland immer in den Vordergrund gestellten Probleme des Datenschutzes und der Cyberkriminalität. Das dritte Kapitel ist dem „smarten“ Personal gewidmet, wo neue Anforderungen an Führung und Berufsbilder des Gesundheitswesens definiert werden.
Dann kommt doch ein Kapitel, das eher an den Titel des Buches erinnert: „Das Finanzierungsdebakel“, worin die einzelnen, oft auch oberflächlich in der Öffentlichkeit bekannten Probleme des Gesundheitswesens: Kostenexplosion, zu viele Krankenhäuser als Qualitätsproblem, DRG usw. Im vorletzten Kapitel wird das Smart Hospital als verantwortungsvoller Akteur in der Gesellschaft dargestellt, wo etwa am Beispiel des Ukraine-Kriegs gezeigt wird, wie man sich als gesellschaftlich verantwortlicher Akteur zeigen kann. Am Schluss wird auf die Ruck-Rede des Bundespräsidenten Roman Herzog von 1997 Bezug genommen, wenn es heißt: Blick nach vorn: Ohne Ruck geht nichts mehr“.
Ohne hier auf Details eingehen zu wollen, soll hier nur darauf hingewiesen, dass der aus Kiel stammende Jochen Werber, der dort auch ausgebildet wurde anhand seines persönlichen Lebenswegs – von einem mehrfachen „Wiederholer“ in der Schule zum Universitätsprofessor und Direktor einer Universitätsmedizin sehr eindrucksvoll schildert, wie er an seinen Aufgaben gewachsen ist und wie er seine Auffassungen aus der persönlich erlebten Praxis gewonnen hat. Und wenn wir an Essen als lange Zeit größte Stadt des vom Strukturwandel betroffenen Ruhrgebiets denken, so wird deutlich: Da ist einer, der nicht lamentiert, sondern auch eine Community um sich schart, um das Beste aus sicher nicht immer optimalen Bedingungen zu machen. Mit dem Plädoyer für eine digitalisierte Medizin zeigt er auf, wie sich die schon jetzt zunehmende Datenflut und die zunehmenden Dokumentationsanforderungen im Gesundheitswesen bewältigen lassen, damit Ärzte und Pflegepersonal wieder mehr Zeit für Patienten haben. Zugleich wird schon in diesem Buch deutlich, dass Digitalisierung auch zu einer echten Qualitätssteigerungen führen kann.
Jochen Werner
So krank ist das Krankenhaus: Ein Weg zu mehr Menschlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit in der Medizin
350 Seiten; 30,00 Euro
Klartext Verlag 2022
ISBN-10: 3837525295
Die Erkenntnisse von Jochen Werner finden wir wieder in einem Buch, das u. a. von David Matusiewicz, Gesundheitsökonom an der FOM Hochschule in Essen (und ein Schüler von Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen) und offenbar eines der wichtigsten Mitglieder von Jochen Werners Community. Er hat gemeinsam mit der Düsseldorfer Medizinerin Alice Martin einen Sammelband herausgegeben, in dem insgesamt 39 Autoren aus dem gesamten Spektrum der Medizin, der Medizintechnik, der Informatik, der Ökonomie und der Rechtswissenschaft die „Smarte Medizin“ „Analog und digital von A bis Z“ darstellen. Der Titel des Bandes suggeriert, dass es nicht nur um Digitalisierung gehen soll. Bei der Lektüre entstand allerdings doch der Eindruck, dass „smart“ und „digital“ letztlich identisch sind. Aber das ist überhaupt nicht schlimm, wenn man sieht, welche Möglichkeiten letztlich die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet. Die einzelnen Beiträge sind stets nach einheitlichem Muster aufgebaut: „Vorstellung“ (der jeweiligen Person), „Praxisbeispiele“, „Chancen“, „Grenzen“, „Im Jahr 2025, „Einschätzungen“ (graphisch) und „Literatur“. Man lernt hier eine Reihe faszinierender Persönlichkeiten kennen, die stetes von der Lust an der Erkenntnis getrieben scheinen und das Gesundheitswesen voranbringen wollen. Wer sich einen aktuellen Überblick über die Entwicklungen und Potentiale eines digitalen/smarten Gesundheitswesens verschaffen will, kommt an diesem Band nicht vorbei.
Düsseldorf wird traditionell oftmals als „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ bezeichnet, aber auch über Düsseldorf geht das Spektrum der Autorinnen und Autoren weit hinaus (Der Verlag sitzt übrigens in Bern).
David Matusiewicz / Alice Martin
Smarte Medizin. Analog und digital von A bis Z
Verlag Hogrefe AG, 1. Auflage 2023
39,95 Euro
ISBN: 978-3-456-86172-2