Geheime Aufzeichnungen eines Volljuristen
Liebes Tagebuch,
welch ein Erfolgserlebnis ist es doch, ganz allein mit seinen eigenen Händen aus einem großen Haufen von Brettern und Einzelteilen ein Bett oder einen Schrank zusammenzuschrauben. Anfangs durchschaut man noch nicht, wozu es gut sein soll, dass genau diese Schraube in exakt jenes Loch gehört. Aber allmählich nimmt die Sache dann doch Konturen an. Man braucht dazu natürlich sehr viel Zeit, unendlich viel Geduld und vor allem auch eine Menge Frustrationstoleranz. Immer mal wieder ist man an einem Punkt angekommen, wo es scheinbar nicht mehr weitergeht. Man denkt dann, dass es ein Fehler in der Anleitung sein muss oder dass bestimmte Teile fehlen oder einfach nicht zusammenpassen. Geht man jedoch akribisch Schritt für Schritt die Anleitung noch einmal durch, findet man früher oder später doch noch den Fehler, der dann wirklich immer bei einem selbst liegt, sei es dass man das Brett verkehrt herum gehalten oder die Schraube ins falsche Loch gedreht hat. Zumindest ist es so bei den Ikea-Produkten, die sich am Ende immer als zuverlässig erweisen, während man bei anderen Herstellern mitunter herbe Enttäuschungen erleben kann. Da fehlen manche Teile in der Packung, andere passen nicht wie vorgesehen zusammen, und insbesondere ist die Anleitung komplett unverständlich.
Was noch dazu für Ikea spricht, ist der beinahe immer noch sehr vernünftige Preis und das durchweg hübsche Design. Zu welchen Mondpreisen vergleichbare Produkte woanders angeboten werden, die obendrein nicht selten von ausgesuchter Hässlichkeit sind… Was Ikea allerdings gerne vorgeworden wird, ist die fehlende Langlebigkeit und die schwache Verarbeitung. Aber was nützen einem Massiv-Möbel, wenn sie letztendlich auf dem Sperrmüll landen, weil sich ihr Transport schlichtweg nicht mehr lohnt, da das Möbel-Taxi viel zu teuer ist. Indessen lassen sich die in flache Kartons gepressten Ikea-Teile oftmals noch recht gut sogar in Bus und Bahn nach Hause bringen. Und ist der Ikea-Schrank oder das Ikea-Bett erst einmal aufgestellt, dann bleiben sie mutmaßlich auch viele Jahre lang in der Wohnung stehen, werden von einem Bewohner zum nächsten weitergegeben, denn Ikea-Möbel findet doch irgendwie fast jeder ok.
Ja, es ist schon ein großartiges Gefühl, als handwerklich unbegabter Mensch so über sich hinauszuwachsen, dass man ein solches Meisterwerk der Funktionalität und Zweckmäßigkeit ohne fremde Hilfe erfolgreich auf die Beine stellen kann. Und beinahe übermütig zu werden droht man, nachdem man mit dem ausgeliehenen Bohrhammer auch noch selbst alle notwendigen Löcher in die Betonwand gebohrt hat. So richtig heikel aber wird es erst, wenn es gilt, die Einbauspüle in den Küchenunterschrank einzupassen und zu diesem Zweck mit einer Stichsäge eine entsprechende Öffnung in die Abdeckplatte zu sägen. Dieser wohl schwierigste Teil der gesamten Wohnungsneumöblierung steht mir also erst noch bevor. Wenn das man gut geht…
Dein Johannes