Das Handbuch Europarecht, Bd. 5, von Walter Frenz über „Wirkungen und Rechtsschutz“
Matthias Wiemers
Das insgesamt vorzügliche „Handbuch Europarecht“ von Frenz (s. meine Besprechung Verwaltungsrundschau 2009, S. 180) findet Ergänzung in einem neuen und fünften Band.
Der Titel des neuen Bandes versucht in seinem ersten Teil, Vielfältiges zusammenzufassen. Dass die Möglichkeiten des Rechtsschutzes erörtert werden, ist noch relativ leicht verständlich, „Wirkungen“ bedürfen der Erläuterung. Es ist keineswegs so, dass unter „Wirkungen“ in diesem neuen Band schlichtweg Rechtsakte und Handlungsformen fielen, die gegebenenfalls einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden könnten. Der gesamte Band beginnt vielmehr mit einer neuen Perspektive, die ihm offenbar erst durch das „Lissabon-Urteil“ des BVerfG vermittelt worden ist. Im ersten Teil („Rechtswirkungen“) wird zunächst eine Ortsbestimmung des Europarechts vorgenommen (Kapitel 1 „Wirkungsweise und Stellung“, Kapitel 2 „Anwendungsvorrang des europäischen Rechts“), bevor sich Frenz ausführlich – und überwiegend kritisch – mit den jüngsten Festlegungen des BVerfG bezüglich der europäischen Integration durch Recht auseinandersetzt (Kapitel 3 „Kompetenzüberschreitungen und Verfassungsidentität“). Weitere Kapitel sind der Auslegung des Europarechts und seinem Geltungsbereich gewidmet.
Im zweiten Teil werden die einzelnen Rechtsquellen des Europarechts behandelt – die umfassendste Gesamt-Darstellung der europäischen Rechtsquellenlehre auf dem Markt, die den Rechtsstand des Reformvertrags von Lissabon berücksichtigt. Neben einer systematischen Gesamtdarstellung der Rechtsquellenlehre im sechsten Kapitel werden behandelt Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse und „sonstige Rechtsakte“ (Kapitel 10).
Der dritte Teil behandelt „Vollzug und Haftung“, wobei in Kapitel 11 mit dem mitgliedstaatlichen Vollzug, der Verwaltungskooperation und der Europäischen Eigenverwaltung die drei inzwischen etablierten Vollzugsformen behandelt werden, bevor sich das zwölfte Kapitel mit der Haftung von EU und Mitgliedstaaten für den Vollzug des europäischen Rechts auseinandersetzt.
Der umfangreichste Teil IV (Gerichtliche Kontrolle“) gliedert sich zunächst in zwei grundlegende Kapitel zur europäischen Judikative und zur „Grundstruktur des EU-Rechtsschutzes“, bevor die einzelnen Verfahrensarten vor den Unionsgerichten behandelt werden. Besonders hinzuweisen ist hier wieder auf die Ausführlichkeit des Handbuchs: Es werden nicht nur „Spezielle Verfahren“ (Kapitel 19), sondern auch ausführlich der vorläufige Rechtsschutz (Kap. 22) und die „Rechtsfolgen“ der EU-Rechtsprechung behandelt. In einem gesonderten Kapitel setzt sich Frenz mit den Kontrollmaßstäben der Rechtsprechung auseinander (Kapitel 21).
Teil V schließlich behandelt die Gewährleistung des Europarechts durch nationale Gerichtsverfahren und differenziert hierbei nicht nur nach einzelnen Gerichtszweigen (Kapitel 25, 26), sondern setzt sich auch ausführlich mit dem spätestens seit dem Maastricht-Urteil besonders aufmerksam beobachteten Thema der Behandlung von Europarecht durch das BVerfG auseinander (Kap. 24). Auch insoweit war das „Lissabon-Urteil“ auszuwerten.
Auch der fünfte Band des „Handbuchs Europarecht“ lässt hinsichtlich Aktualiät und der dort eröffneten Vielfalt von Nachweisen weiterführender Literatur keine Wünsche offen. Auch angesichts der kurzen Entstehungszeit innerhalb eines Jahres muss dem Verfasser und seinen Mitarbeitern ein hohes Maß an Anerkennung für eine überwältigende Leistung gezollt werden.
Walter Frenz
Handbuch Europarecht, Bd. 5: Wirkungen und Rechtsschutz
Springer Verlag Heidelberg 2010
1334 S., 149, 95 Euro
ISBN: 978-3-540-31118-8