Reichels Riffs mit 80

Achim Reichel auf “Schön war es doch! Das Abschiedskonzert”

Thomas Claer

Will ein gealterter Rockmusiker nicht irgendwann auf der Bühne tot umfallen, so wie der sprichwörtliche Cowboy, der am Lebensende beim Reiten aus dem Sattel kippt, so muss er den passenden Zeitpunkt für einen würdigen Abgang finden. Achim Reichel, deutscher Rockstar der ersten Stunde und seitdem über sechs Jahrzehnte im Musikgeschäft gut dabei, hat nun seinen 80. Geburtstag zum Anlass genommen, gewissermaßen die Gitarre an den Nagel zu hängen. Allerdings nicht ohne zuvor noch ein letztes Mal auf Tournee zu gehen und seinen Fans eine Doppel-CD mit seinem Abschiedskonzert zu bescheren.

Aber schon wieder eine Live-Platte von ihm? Es gab doch zuvor schon drei, nämlich zum 50., 60. und 70. Geburtstag. Was soll denn da jetzt noch drauf sein, was man nicht schon zur Genüge kennt?! Ein wenig skeptisch hört man also rein in “Schön war es doch! Das Abschiedskonzert”, um dann doch erleichtert festzustellen: So haben wir seine Songs noch nicht gehört – nämlich eingespielt unter Hinzuziehung eines Bläserensembles, das seine Band nicht nur bei bestimmten einzelnen, sondern bei mehr oder weniger allen Liedern unterstützt. Heraus kommt dabei ein weitgehend anderes Gewand seiner bekannten Gassenhauer. Es ist schon ziemlich mutig, Seemannslieder wie “Kuddel Daddel Du” oder “Halla Ballu Balle” mit ausgiebigen Trompeten-Soli auszuschmücken. Selbst “Aloha Heja He, das jüngst zum Überraschungs-Hit in China avancierte, kriegt nun Bläserklänge verpasst. Und man muss schon sagen: Achim Reichel beweist auch noch auf seinen mutmaßlich letzten musikalischen Metern, dass er immer für eine unerwartete Wendung gut ist.

Wenn man angesichts von immerhin 22 Songs auf den beiden Scheiben dennoch sein großes Bedauern darüber ausdrücken muss, dass so viele tolle Lieder von ihm leider wieder ausgespart wurden, dann spricht das zweifellos auch für die hohe Qualität seines Schaffens. Andererseits fragt man sich aber schon, warum es ausgerechnet seine recht mäßige Version des Volkslieds “Der Mond ist aufgegangen” aufs Album geschafft hat. Aber na gut, dafür gibt es diesmal sogar einen ganz neuen Song dazu, dessen Titelzeile zugleich für den Namen des Albums steht – und sicherlich auch ein passendes Fazit für Reichels Rückblick auf seine Musiker-Laufbahn abgibt: “Aber schön war es doch”, im Original ein alter Schlager von Hildegard Knef, wird – unterlegt mit Reichels unverwechselbaren Gitarrenriffs – zum gelungenen Schlusspunkt dieses stimmigen zweifachen Silberlings. Und vermutlich ja auch zum Schlusspunkt seiner Musikerkarriere – aber wer weiß das schon in diesem Business? Womöglich folgt ja 2034 auch noch das fünfte Live-Album zum 90. Geburtstag…

Achim Reichel
Schön war es doch! Das Abschiedskonzert (2CD)
Tangram / BMG 2024
ASIN: B0CPHGPP9C

Veröffentlicht von on Feb 19th, 2024 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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