Kein Gag: das GEG wurde neu kommentiert

Matthias Knauff hat aktualisiert, Frenz und Cosack geben einen neuen Kommentar heraus

Matthias Wiemers

Kaum ein Gesetz der letzten Jahre hat die öffentlichen Gemüter so erregt wie das so genannte Heizungsgesetz der derzeitigen Berliner „Ampel-Koalition“. Kaum ein Gesetzesvorhaben auch wurde so schlecht kommuniziert und gelang es den Profiteuren öffentlicher Verunsicherung, mit dem griffigen Begriff des „Heizungsgesetz“ jedenfalls eines sicherzustellen: dass über ein komplexes Thema auf der üblichen Überschriftenebene jeder glaubte mitreden zu können.
Erst im Jahre 2022 hatte der Jenaer Öffentlichrechtler Matthias Knauff seine Kommentierung des Gebäudeenergiegesetzes sowie des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastrukturgesetzes herausgebracht und dürfte schon früh bemerkt haben, dass das erst 2020 neu geschaffene GEG wohl demnächst wieder angefasst würde. Im Sachverzeichnis der Neuauflage sucht man nun „Heizungsgesetz“ vergeblich, es deutet Sachlichkeit an. In der sehr ausführlichen und zweiteiligen Einleitung wird die rechtspolitische Entwicklung aber sehr wohl dargestellt. Dabei enthält die Einleitung im ersten Teil (I) die Grundlagen, während Teil II dem Thema „Kommunale Wärmeplanung als Rahmen“ gewidmet ist und die damit verbundenen Rechtsprobleme einschließlich möglicher Rechtsschutzmöglichkeiten ausführlich erläutert. Hierbei werden auch Bezüge zu einem weiteren, im Titel nicht enthaltenen Gesetz hergestellt, das im Zentrum der öffentlichen Debatte in mancherlei Kommunen stehen dürfte, je näher die Umsetzung rückt: Das „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ vom 20. Dezember 2023, das etwa drei Monate nach dem „Heizungsgesetz“ verabschiedet wurde. Es lohnt sich hier, den abschließenden Kommentar des Herausgebers Knauff zu diesem infrastrukturell sehr relevanten Gesetz im Wortlaut zu zitieren:
„Die kommunale Wärmeplanung ist einer der relevantesten Bausteine im Mauerwerk der Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Diesem Anspruch wird das WPG nicht gerecht. Statt mit klaren Vorgaben den Weg zur Co2-Neutralität zu weisen, bleibt vieles unklar. Zweifelhaft. Zweifelhaft ist auch die Bürokratisierung des Verfahrens. Klar ist: Die Erstellung von Wärmeplänen ist komplex und aufwendig. Statt dieser Komplexität durch rechtliche Leitplanken Herr zu werden, wird sie durch ein umständliches und teilweise unklares verfahren weiter erschwert. Die in letzter Sekunde des Gesetzgebungsverfahrens eingeführte Eignungsprüfung kann diesen grundlegenden Fehler nicht beseitigen, sondern führt nur dazu, dass in den meisten Gemeinden die für die Dekarbonisierung absolut notwendige Wärmeplanung nicht durchgeführt wird. Der Gesetzgeber ist aufgerufen hier nachzubessern. Anderenfalls steht zu befürchten, dass die Wärmeplanung weder in einem angemessenen Zeitraum noch in der nötigen Qualität abgeschlossen wird“ (S. 72).
Dem Rezensenten ist bekannt, dass in größeren Städten zumeist der regionale Energieversorger mit der Wärmeplanung beauftragt wird. Er weiß auch, dass die Planungskapazitäten vor allem kleinerer Gemeinden derart begrenzt sind, dass etwa in der kommunalen Bauplanung zumeist private Planungsbüros – wohl einer der Hauptanwendungsfälle der Rechtsfigur des Verwaltungshelfers – diese Aufgaben heute übernehmen. Es dürfte aber schwierig sein, ein privates Ingenieurbüro zu finden, dass in der Lage ist, auch bei der kommunalen Wärmeplanung der eigentlichen Verwaltung zu helfen – womit sich die Prognose Knauffs als realistisch erweist.

Der Herausgeber wird bei seiner Kommentierung durch zahlreiche wissenschaftliche Nachwuchskräfte, Anwälte und Praktiker unterstützt, nur zwei Vertreter von Ministerien konnten ausgemacht werden. Dies gibt uns auch einen Hinweis darauf, dass es sich beim energierecht um eine immer weiter ausdifferenzierte Spezialmaterie handelt, die nicht mehr – wie dies klassisch der Fall war –, typischerweise erst einmal von den zuständigen Referenten der Ministerien bearbeitet und herausgegeben wurden. Auch dies könnte ein Indiz für die Bestätigung der Knauff´schen Feststellung sein, wonach der Gesetzgeber keine rechtlichen Leitplanken aufgestellt habe: Diese Leitplanken haben im federführenden Bundesministerium schlicht nicht bereitgelegen, um sie sodann verbauen zu können.
Hervorzuheben ist, dass der Kommentar mehre Stellen enthält, in dem der technische Laie zunächst an die technischen Gegebenheiten dessen herangeführt wird, was unmittelbar danach in der rechtlichen Kommentierung erläutert wird. Dies ist hilfreich.
Weitere Erläuterungswerke zum Thema sind angekündigt, diesem hier sei jedenfalls eine große Verbreitung in der gesamten Republik gewünscht.

Neben den Band aus der Reihe Nomos Kommentare tritt ein gar neues Werk aus der Reihe „Gelbe Erläuterungsbücher“, das von Walter Frenz von der RWTH Aachen und Tilman Cosack vom Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier herausgegeben wird. Auch diese Herausgeber können sich auf eine größere Anzahl von Bearbeitern stützen, bei denen aber der Anteil von Professoren deutlich größer ist. (Es findet sich gar nur ein Ministerialbeamter unter den Autoren.)
Auch in diesem Werk finden wir vier Einführungen. Zunächst zeigen Walter Frenz und Tanja Lülsdorf die Entwicklung des Rechtsgebiets mitsamt der EU-Gebäude-Richtlinie auf. Dann folgt Michael Kotulla mit einer Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens mit der BVerfG-Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz, die der Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann seinerzeit erwirkt hatte, weil er sich – zu recht – durch die Bundestags-Mehrheit im Gesetzgebungsverfahren zum „Heizungsgesetz“ unter Zeitdruck gesetzt sah. Eine einseitige Einführung zum GEG und dem Bauplanungsrecht liefert Max Reicherzer, bevor Lars Martin Klieve recht ausführlich zu „GEG und kommunale Wärmeplanung“ berichtet. Klieve ist ein Vertreter der Stadtwirtschaft, nämlich Vorstand der Stadtwerke Essen AG. Die Darstellung des Praktikers Klieve ist betont nüchtern gehalten, eines Kommentars entsprechend dem Knauffs enthält er sich. Sein Thema ist vielmehr die Darstellung des Verhältnisses des GEG zum WPG, dessen Volltitel nach Klieves Darstellung „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ lautet. Klieve stellt u. a. klar, dass sich aus dem WPG noch kein Anschluss- und Benutzungszwang ergibt, dass dies aber sehr wohl durch kommunales Satzungsrecht zu regeln möglich bleibt. Dabei verschweigt er nicht, dass das Recht der Hauseigentümer, eine dezentrale Wärmepumpe einzubauen faktisch die Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes schmälert (S. 25). Da § 1 des Gesetzes dessen Zweck bestimmt, nutzt der Herausgeber Frenz dort auch noch die Gelegenheit, das GEG in Beziehung zu den Entwicklungen der jüngsten Zeit, etwa der BVerfG-Entscheidung zum Klimaschutzgesetz, zu stellen. Wie auch bei dem anderen Erläuterungswerk, enthält auch dieses noch eine knappere Kommentierung des GEIG, in das Vanessa Homann kurz einleitet.
Insgesamt fällt es schwer, sich für eine der beiden Kommentierungen zu entscheiden. In beiden wird viel praktischer Sachverstand eingebracht. Klar bleibt aber auch, dass der derzeitige Rechtsstand nicht optimal ist und somit die nächste Auflage auch des Frenz/Cosack vorprogrammiert ist.

Matthias Knauff (Hrsg.)
GEG – GEIG (Kommentar)
Nomos Verlag, 1. Auflage 2024
800 Seiten; 128,00 Euro
ISBN: 978-3-8487-7177-6

Frenz / Cosack
GEG / GEIG (Kommentar)
Verlag C.H. Beck, 1. Aufl. 2024
736 Seiten; 199,00 Euro
ISBN: 978-3-406-81476-1

Veröffentlicht von on Jul 29th, 2024 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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