Pest und Cholera
Nach den Landtagswahlen im Osten
Thomas Claer
Nun ist geschehen, was ja zu befürchten war: Zwar konnte sich die Brandenburgische SPD in einem gewaltigen Kraftakt noch an die Spitzenposition schieben und so immerhin verhindern, dass die weitgehend rechtsextremistische AfD zur stärksten politischen Kraft im märkischen Bundesland wurde. Doch dadurch haben die Grünen den Wiedereinzug in den Landtag verpasst, und die CDU wurde auf 12 Prozent geschreddert – mit der Folge, dass die bislang dort regierende Kenia-Koalition abgewählt ist und ohne das rechts-links-populistische Bündnis Sahra Wagenknecht – wie zuvor schon in Sachsen und Thüringen – keine Regierungsbildung möglich ist. Das ist – dies an die Adresse der siegestrunkenen Sozialdemokraten – wahrlich kein Grund zum Feiern, denn die frühere Galionsfigur der Kommunistischen Plattform in der Linkspartei wird nun ihre Ankündigung wahrmachen und alles daran setzen, über die Landespolitik erpressserischen Einfluss auf die deutsche Außenpolitik zu nehmen. „Wer mit dem BSW koalieren will, muss natürlich auch mit mir reden“, hatte Wagenknecht angekündigt und zur Bedingung für Koalitionen in den drei Ost-Bundesländern gemacht, dass sich die neuen Landesregierungen für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland einsetzen. Wladimir Putin kann sich die Hände reiben. Seine Trolle haben ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass fast die Hälfte der Mandate in Sachsen und exakt die Hälfte in Thüringen und Brandenburg an russlandfreundliche Parteien gegangen sind. Wäre es also besser, dann lieber Minderheitsregierungen aus demokratischen Parteien zu bilden? Diese müssten sich dann aber wechselnde Mehrheiten besorgen, womit die AfD wieder im Spiel wäre und die Brandmauer zu ihr in Gefahr geriete. Egal, wie man es dreht und wendet: Von stabilen Verhältnissen kann keine Rede sein.
Es macht wirklich fassungslos, wie es den beiden populistischen Parteien gelingen konnte, kontrafaktisch ein solches Klima der Angst zu erzeugen und dabei von den tatsächlich bestehenden Problemen abzulenken. Ja, Ostdeutschland hat ein enormes Zuwanderungsproblem. Es gibt dort nämlich zu wenige Zuwanderer – und nicht etwa zu viele, wie es AfD und BSW suggerieren. Und Investoren werden sich in Zukunft dreimal überlegen, ob sie sich dort ansiedeln, wenn es gar nicht genug Arbeitskräfte gibt und internationale Fachkräfte Gefahr laufen, ausgegrenzt und angepöbelt zu werden. Was hilft also? Der tapferen Hälfte der Ostdeutschen mit und ohne Migrationshintergrund, die sich diesen betrüblichen Tendenzen täglich entgegenstellt, entschieden den Rücken zu stärken. Die Brandmauer zur AfD muss ohne Wenn und Aber halten. Und das BSW darf unter keinen Umständen Einfluss auf die deutsche Außenpolitik bekommen. Untersuchungen zeigen, dass die beiden Extrem-Parteien ihr Wählerpotential bereits weitgehend ausgeschöpft haben. Es ist nicht damit zu rechnen, dass sie wie 1933 in ganz Deutschland die Oberhand gewinnen. Alarmierend ist ihre Stärke aber allemal.