Der „Knittel“ müsste jetzt „Schaumberg“ heißen

Der bewährte Kommentar zum SGB IX wurde in jüngere Hände gelegt

Matthias Wiemers

Zunächst einmal erscheint es kaum glaubhaft, dass jemals ein einzelner Mensch in der Lage gewesen sein sollte, einen Kommentar ausgerechnet zum Behindertenrecht des SGB IX in insgesamt elf Auflagen allein aktuell zu halten. Dem ehemaligen Vorsitzenden Richter am OLG München Prof. Dr. Bernhard Knittel ist dies offenbar gelungen. Hinzu kam eine etwa 200seitige Kommentierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das zwar thematisch einen Schnittpunkt mit dem SGB IX aufweist, aber selbstverständlich ganz anderen Prinzipien folgt.
Nach nunmehr über sechs Jahren – einige wichtige Folgegesetze des Bundesteilhabegesetzes, das im Vordergrund der elften Auflage gestanden hatte, waren einzuarbeiten – hat der Kreateur des Kommentars ihn in die Hände von Torsten Schaumberg von der Hochschule Nordhausen übergeben, der von vier weiteren Autoren bei den Einzelkommentierungen unterstützt wird. Das AGG ist weggefallen, so dass der äußerlich verminderte Seitenumfang des Bandes eine „Scheinstraffung“ darstellt.
Die meisten Kommentierungen wurden von den neuen Bearbeitern fortgeführt – es sei denn, es handelt sich um neue Vorschriften. Und hier waren doch einige neu zu kommentieren, die vor allem Yasemin Körtek von der Hochschule der BA in Mannheim besorgt hat.
Der Kommentar setzt zunächst einiges an Vorwissen voraus, da auch in der Neuauflage eine ausführliche Einführung fehlt (Angesichts der Tatsache, dass es hierzu auch nicht gerade viele spezialisierte Lehrbücher gibt, wäre dies vielleicht künftig eine Möglichkeit der Verbesserung), wirkt die in der Neuauflage noch einmal ausgebaute Gliederungsstruktur zu Beginn jeder Kommentierung hilfreich. Ansonsten kommt der Kommentar jeweils gewissermaßen direkt „zur Sache“: Literaturliste nur dem Gesamtwerk vorangestellt und wird in den Kommentierungen nur im laufenden Text nachgewiesen.
Nach den jeweiligen Gliederungen folgen die Erläuterungen. Dabei ist bemerkenswert, dass nach einem Abschnitt über die „Bedeutung der Vorschrift“ (A.) immer ein Abschnitt über ihre „Fassung“ (B.) folgt. Dies ist in der Tat sehr hilfreich, wenn man sich die hohe „Schlagzahl“ des Gesetzgebers bei sozialrechtlicher Gesetzgebung vor Augen führt. Danach erst folgen die einzelnen „Anmerkungen“ (C.), die jeweils nach Art der Vorschrift unterschiedlich aufgebaut sind.
Zwar gibt es eine Reihe von Kommentierungen des SGB IX auf dem Markt, jedoch erscheinen diese nicht alle in der jetzt hoffentlich auch beim „Knittel“ zurück gewonnener Regelmäßigkeit. Wer sich beruflich oder etwa in der Lehre mit dem Behindertenrecht zu beschäftigen hat, kommt an dieser Neuauflage, die freilich schon vor einigen Monaten erschienen ist, nicht vorbei.

Knittel
SGB IX (Kommentar)
Luchterhand Verlag, 12. Auflage 2024
2024 Seiten; 149,00 Euro
ISBN: 978-3-472-09562-0

Veröffentlicht von on Feb. 3rd, 2025 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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