Die Heiterkeit live im Lido in Kreuzberg
Thomas Claer
An einem Mittwoch im April präsentierte Die Heiterkeit, d.h. Stella Sommer mit vierköpfiger Begleitband, ihren Fans in Berlin ihr neues Album „Schwarze Magie“. Und wie bei einem solchen Heimauftritt nicht anders zu erwarten, goutierte das hauptstädtische Publikum jede Regung der rotblonden Diva im engen schwarzen Kleid mit frenetischem Applaus. Überaus selbstbewusst und professionell, ihrer Mittel von Anbeginn sehr sicher, versetzte Stella Sommer dabei ihre Anhänger mit jedem der vorwiegend düsteren Song aufs Neue in Entzücken. Für Auflockerung sorgten die zwischenzeitlichen Ausflüge in ihre früheren Werke, konkret in die Heiterkeit-Vorgängeralben „Was passiert ist“ (2019) und „Pop und Tod I + II“ (2016) mit Song-Höhepunkten wie „Jeder Tag ist ein kleines Jahrhundert“ und „Im Zwiespalt“, während die ersten beiden Alben der Band, das Frühwerk, leider vollkommen ausgespart blieben. Auch die Begleitmusiker – Violonistin, Kontrabassist, Drummer und Keyboarderin – machten eine gute Figur und zeigten etwa beim phänomenalen „Komm mich besuchen“, dass ihnen auch rockigere Klänge nicht fremd sind.
Besonders gespannt sein konnte man aber auf das Publikum. Was sind das überhaupt für Leute, hatte ich mich gefragt, die ein Heiterkeit-Konzert besuchen? Nun, es sind, grob gesagt, Personen beiderlei Geschlechts, zwischen 30 und 60, mit überwiegend fein geschnittenen und ausdrucksvollen Gesichtern sowie tendenziell intellektuellem Habitus, so wie es bei dieser Musik ja auch naheliegend ist. Zu denken geben kann einem allerdings der Umstand, dass nicht mehr von ihnen gekommen sind. Das offiziell 600 Zuschauer fassende Lido war leider nur gut zur Hälfte gefüllt. Gerade einmal jeder zehntausendste Berliner, ca. 0,01% der Hauptstadtbevölkerung, hat sich also beim Heiterkeit-Konzert eingefunden. Auch wenn dies angesichts der guten Stimmung schnell in Vergessenheit geriet, lässt es sich doch an fünf Fingern abzählen, dass es sich so für die Protagonistin und ihre Mitstreiter als schwierig erweisen dürfte, einen auskömmlichen Gewinn zu erwirtschaften: Zehn Konzerte auf dieser Tournee, Eintrittspreise von etwa 30 Euro und eine Vielzahl an Beteiligten, die allesamt bezahlt werden müssen – das könnte eng werden und beweist, um es mit den frühen Tocotronic zu sagen, mal wieder eindrucksvoll die Schlechtigkeit der Welt. Denn es ist schlichtweg aberwitzig, dass eine Ausnahmekünstlerin wie Stella Sommer nicht allein von den Erträgen aus ihrer Musik ein Luxusleben führen kann. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wer Ohren hat, der höre also Die Heiterkeit und besuche auch unbedingt ihre Konzerte!
13.05.2025 Leipzig – Moritzbastei
14.05.2025 München – Strom
15.05.2025 Wien,AT – B72
22.06.2025 Osnabrück – Hasefriedhof (solo)
10.09.2025 Jena – Trafo
21.09.2025 Frankfurt – Brotfabrik