Gerichtsgeschichten aus Schwetzingen, Teil 1
Pinar Karacinar
Eine 32-jährige Mutter dreier Kinder wurde wegen Betrugs vor dem Schwetzinger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Die arbeitslose Frau aus Reilingen hat die Arbeitsagentur Schwetzingen um insgesamt 4473 Euro betrogen, indem sie sechs Monate lang unrechtmäßige Leistungen bezogen hat. Gleich zu Beginn der Verhandlung räumte die junge Mutter ihre Tat ein und legte ein umfassendes Geständnis ab. Zum Zeitpunkt der Tat hatte die Angeklagte bei der Arbeitsagentur trotz der Beschäftigung ihres Ehemannes einen Antrag auf Hilfe für ihren Lebensunterhalt gestellt. „Mein Mann hat in einer Zeitfirma gearbeitet und wenig verdient, wobei nicht sicher war, ob er seinen Job behält. Deshalb habe ich aus Angst schon mal vorsorglich die Anträge gestellt, damit ich und die Kinder nicht ohne Geld dastehen, weil die Bewilligungen immer so lange dauern“, erklärte die 32-Jährige reumütig. Als schließlich feststand, dass ihr Mann weiterhin von der Zeitfirma beschäftigt wird, hätte sie dies dem Arbeitsamt mitteilen wollen. Doch hierzu kam es nicht, da immer wieder etwas dazwischen gekommen sei, wie beispielsweise eine größere Stromnachzahlung, wofür das Geld dringend gebraucht worden sei. „Danach habe ich mich geschämt und mich überhaupt nicht mehr getraut, die Einkünfte dem Arbeitsamt mitzuteilen“, erklärte die Angeklagte ihre Beweggründe.
Jedoch war die 32-Jährige bereits wegen Einmietbetrugs in zwei Fällen einschlägig vorbestraft und stand darüber hinaus zum Tatzeitpunkt unter Bewährung. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft, Rechtsreferendar Martin Z., würdigte in seinem Schlussplädoyer die wirtschaftliche Notlage der Angeklagten zu ihren Gunsten und sprach sich für eine erneute Bewährungsstrafe und die Ableistung von 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit aus. Des weiteren stellte er einen bemerkenswerten Antrag: Er forderte, dass die Angeklagte – passend zu ihrer Bewährungsstrafe – einen Aufsatz schreiben solle zum Thema „Üb immer Treu und Redlichkeit, so wirst du dich bewähren“.
Der Vorsitzende Richter ging auf diesen skurrilen Antrag jedoch nicht ein. Nur „unter Zurückstellung erheblicher Bedenken“ und aufgrund der ganz erheblichen wirtschaftlichen Notlage der Angeklagten setzte er die Vollziehung der Strafe erneut zur Bewährung aus. Zudem erteilte er die Auflage, dass die junge Mutter 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten müsse. Mit den Worten „Das ist wirklich ihre letzte Chance!“ schloss er die Verhandlung.