Die SZ-Serie „Die Zukunft der Arbeit“ als Buch
Thomas Claer
„Früher gab es sowas nicht.“ Was wir von den Älteren so oft gehört haben, hier hat es seine Berechtigung: Getrieben insbesondere von einer weltweit entfesselten Ökonomie, dem Druck der Finanzmärkte und einem rasanten technischen Wandel bleibt in der Arbeitswelt derzeit wirklich kein Stein mehr auf dem anderen. Was die Leser des Wirtschaftsteils der Süddeutschen Zeitung im vergangenen Jahr in einer 26-teiligen Serie über „Die Zukunft der Arbeit“ erfuhren, war aufregend, faszinierend und manchmal auch erschreckend. Die Autoren schilderten die wichtigsten Trends unseres heutigen Erwerbslebens, mit denen wohl jeder Berufstätige schon mehr oder weniger umfassend Bekanntschaft gemacht haben dürfte, und entwarfen das Bild einer von diesen geprägten Zukunft. Nachzulesen ist das alles nun komprimiert und mit einem Vor- und Nachwort versehen zwischen zwei Buchdeckeln in der SZ-Edition. Und selten hat sich der Nachdruck einer Zeitungs-Serie so gelohnt wie dieser. Von der digitalen Revolution bis zur digitalen Boheme, von den Chancen der Jugend bis zu denen der Frauen, vom demographischen Wandel bis zur Notwendigkeit der Selbstvermarktung und der Wissensgesellschaft ist alles dabei, was das heutige Arbeitsleben ausmacht und aller Voraussicht nach auch künftig prägen wird. Die zehn Megatrends der Arbeitswelt von morgen gemäß dem Nachwort von Sibylle Haas lauten in Kurzform: Der feste Arbeitsplatz im Büro stirbt aus, dank Laptop und Smartphone sind die Arbeitnehmer für die Unternehmen immer und überall verfügbar. Hierarchien verschwinden, teamorientierte Projektarbeit macht heute den einen und morgen die andere zum Chef. Dienstleistungen haben einen immer größeren Anteil an der Arbeit (bereits jetzt mehr als zwei Drittel). Das klassische Arbeitsverhältnis wird immer seltener, Honorar- und Zeitverträge werden zur Regel. Gering Qualifizierte bleiben in prekären Jobs hängen; eine neue kreative Klasse pfeift auf einen festen Job, weil sie selbstbestimmt arbeiten will. Wer sich nicht aggressiv selbst vermarktet, bleibt auf der Strecke: Extrovertierte und Selbstdarsteller setzen sich durch. Die Menschen werden immer älter und müssen entsprechend länger arbeiten, was auch heißt: lebenslanges Lernen bis ins hohe Alter. Viele Branchen (aber bestimmt nicht die juristische) erleben einen Fachkräftemangel. Eine immer höhere Bildung ist erforderlich, die Jugend braucht noch deutlich mehr Disziplin, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit. Eine bessere Kinderbetreuung und gezielte Frauenförderung sind nötig, um das große Potential gut qualifizierter, aber bislang nicht oder nicht voll berufstätiger Frauen volkswirtschaftlich nutzen zu können. Und schließlich: Auf einem globalen Arbeitsmarkt liegt die „Last der Anpassung“ vor allem auf den Arbeitnehmern in den Industrieländern. Schon klar: Die Asiaten, Lateinamerikaner und Osteuropäer sind fleißiger, genügsamer und zunehmend auch noch besser als viele bei uns. Wer da auf einem Achtstundentag, Kündigungsschutz und guter Bezahlung besteht, ist schnell nicht mehr wettbewerbsfähig. Kein Wunder, dass nicht wenige die schöne neue Arbeitswelt als Bedrohung empfinden. Andererseits ist es aber doch bemerkenswert, wie gut das vergleichsweise streng regulierte, relativ unflexible und eher undynamische Deutschland durch die Finanzkrise gekommen ist. Vielleicht war es ja gerade die Mischung aus traditioneller Rechts- und Sozialstaatlichkeit auf der einen und Agenda 2010-Reformen auf der anderen Seite, die uns nun womöglich sogar zum Vorbild für andere werden lässt.
Marc Beise, Hans-Jürgen Jakobs (Hrsg.)
Die Zukunft der Arbeit
Süddeutsche Zeitung Edition München 2012
336 Seiten, EUR 19,90
ISBN: 978-3-86615-997-6
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