Die große Urheberrechts-Debatte – jetzt auch bei Justament
Nichts – außer vielleicht einem Gedicht von Günter Grass – bewegt die Gemüter derzeit so sehr wie der große Streit ums Urheberrecht.
Das Internet muss frei sein, sagen die einen. Mit der Kriminalisierung von Leuten, die sich mal ein Lied oder einen Film aus dem Netz runterladen, müsse jetzt mal Schluss sein. 700.000 Abmahnungen pro Jahr (so viele waren es 2010) seien nun wirklich genug. Statt die „Abmahn-Industrie“ der raffgierigen Anwälte am Leben zu erhalten, solle der Gesetzgeber lieber eine Art Kulturflatrate einführen und Kopien für den privaten Gebrauch im übrigen legalisieren. Die Piraten-Partei, die genau das fordert, hat – obwohl ohne Programm und ohne klares Profil – die Herzen der Wähler im Sturm erobert. Fast jeder Dritte kann sich inzwischen vorstellen, sie mal zu wählen.
Halt, sagen da die anderen. Die Piraten-Partei sei im Grunde nur eine kriminelle Vereinigung, da sie zu Rechtsbruch anstifte und nicht nur die millionenschwere Musik- und Filmindustrie, sondern auch den kleinen Künstler oder Autoren von nebenan um seine wohlverdienten Einnahmen betrügen wolle. Wenn Musik und Filme legal für alle kostenlos im Netz angeboten würden, dann sei das, so formulierte es jüngst plastisch ein bekannter Sänger und Schriftsteller, „als wenn man uns ins Gesicht pinkelt“, denn es bedeute: „Was ihr da macht, ist nichts wert.“ Rechtsanwälte, die sich aufs Abmahnen von Urheberrechtsverletzungen spezialisiert haben, fühlen sich als Blutsauger verunglimpft, denn sie würden doch schließlich nur nach Recht und Gesetz handeln.
Und was sagt Ihr dazu, liebe Leserinnen und Leser? Sollte man auch weiterhin mit aller Strenge gegen das Raubkopieren vorgehen? Oder wären andere Lösungen praktikabler und gerechter? Und sollte man beim anstehenden NPD-Verbot die Piraten nicht gleich mit verbieten oder würdet Ihr sie lieber in der nächsten Bundesregierung sehen? Eure Meinung ist gefragt.
Die Redaktion
Es ist wirklich kein Ruhmesblatt für unseren Berufsstand, dass manche Kollegen nichts anderes mit sich anzufangen wissen, als Tag und Nacht im Internet zu surfen, um in Blockwart-Manier nach irgendwelchen Urheberrechtsverstößen zu suchen, deren Verantwortliche sie dann mit exorbitanten Summen abmahnen. Schämt euch!
Wir befinden uns längst in einem neuen digitalen Zeitalter. Früher oder später wird sich das Urheberrecht in seiner heutigen Form von selbst auflösen, ob es einem gefällt oder nicht. Es ist gut, dass sich die Piratenpartei dafür einsetzt, dass die normalen Internetnutzer nicht länger kriminalisiert werden. Die Künstler und Autoren müssen neue Wege finden, wie sie Geld verdienen können. Es gibt kein Zurück in die alten Strukturen, außer jemand will einen Polizeistaat.
Strenge nützt ohnehin niemandem etwas außer den Anwälten. Ein neues Konzept muss her und das sehr bald. Die Streitereien, die jetzt vorherrschen nützen jedenfalls wenig.
Ich kann mich der Meinung des im Beitrag erwähnten „Sängers und Schriftstellers“ nur anschließen, dass ein zu freizügiges Urheberrecht ein Schlag ins Gesicht eines jeden Künstlers wäre. Die Nutzer sollten nicht grundsätzlich kriminalisiert werden, okay, aber dennoch finde ich die Piraten etwas zu offenherzig, wenn jeder mit geistigem Eigentum tun und lassen kann was er will. Allerdings schränken auch die Piraten ein, dass es sich um „nichtkommerzielles“ Speichern geht – wie sie das kontrollieren wollen, bleibt dabei offen. Das Urheberrecht ist von jeher ein hohes Gut in Deutschland und sollte nicht mit Füßen getreten werden. Eine Diskussion über die zukünftige Nutzung und, „dem Digitalen Wandel“ Rechnung zu tragen, ist grundsätzlich wünschenswert, dennoch: Vergesst bitte nicht die Urheber, denn die Qualität der geistigen Werke kann nicht erhalten bleiben, wenn alles umsonst ist…
Von den Piraten halte ich wirklich nicht sehr viel und schon gar nichts von ihrem naiven Glauben an den Segen von mehr Transparenz und einer stärkeren Bürgerbeteiligung. Lässt man die Leute über alles mit abstimmen, werden sie dabei immer nur ihre jeweiligen egoistischen Interessen verfolgen. In einer repräsentativen Demokratie sind die Abgeordneten in erster Linie dem Gemeinwohl verpflichtet. Dieses Prinzip wird aber, je mehr man auf direkte Demokratie setzt, desto stärker verwässert.
Ich muss mich Mimi P. anschließen – das ganze System der Musikbranche hat sich einfach grundlegend verändert. Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit den Konsequenzen leben! Und die sind in diesem Fall nun mal sinkender Umsatz. Ich denke daher auch, dass eine rabiate Verfolgung von Downloads weniger bringt als eine Umstellung der Musikindustrie (weg von CDs, hin zu Internet-Verfügbarkeiten).
In der Diskussion hört man nie wirklich konkrete Verbesserungsvorschläge. Die einen klammern sich an alte Zeiten und wollen jeden Rechtsverstoß teuer abmahnen. Die anderen wollen mehr freigeben und fordern neue Strukturen. Und wie sollen die aussehen? Wenn es ein Album kostenlos im Internet als Raubkopie gibt, warum sollten potentielle Kunden alle ausnahmslos auf die neuen Vertreibswege der Musikindustrie umschwenken? Wenn es etwas kostenlos gibt, dann wird es auch genutzt. Mein Vorschlag: Man sollte den Zugang zum Internet teurer machen und mit diesen Mehrkosten ein Vergütungssystem für die Künstler entwickeln. Dann braucht die Industrie sich auch nicht mehr über jede Raubkopie aufzuregen. Abstellen kann man diesen Raubkopien-Markt ohnehin nicht.