Der Standard-Kommentar zum StGB: Lackner/Kühl
Patrick Mensel
Der Lackner/Kühl ist schon immer einer der Standard-Kommentare für das StGB gewesen – vor allem für Studenten. 2011 kommt er in überarbeiteter 27. Auflage auf den Markt. Seit der 25. Auflage kommentiert Kühl alleine. Unter den StGB-Kommentaren stehen u. a. Fischer, Kindhäuser oder Joecks schon seit langem in Konkurrenz zueinander; Kaufinteressierte haben eine große Auswahl, bei der Lackner/Kühl seit langem einen Spitzenplatz einnimmt.
Die Vorteile des Lackner/Kühl treten besonders deutlich bei der Einarbeitung und Systematisierung von aktuellen Problemen zu Tage. Anders als in vielen Werken werden neu aufgeworfene Fragestellungen nicht losgelöst betrachtet, sondern systematisch in den Norm-Kontext integriert. Dies ist für Studenten, die auf der Suche nach umfassenden Darstellungen höchstrichterlicher Entscheidungen sind, unbedingt zu empfehlen. Die Neuauflage musste Platz für 17 Gesetzesänderungen schaffen; darunter das 41. StÄG zu §§ 202 a-c, 303 a, b, das 43. StÄG zu der allgemeinen Kronzeugenregelung des § 46 b und das sog. Terrorcamp-Gesetz zu §§ 89 a, b, 91. Auch die geänderten Regelungen das Sanktionensystem bei der Führungsaufsicht und der Unterbringung betreffend (§§ 67, 68-68 g) wurden in der Neuauflage berücksichtigt. Neben den Urteilen der Strafgerichte mussten in der neuen Auflage immer mehr Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes eingefügt werden, von dem Kühl in seinem Vorwort „den Eindruck eines obersten Strafgerichts“ bekomme. Auch widmet sich der Verfasser den Reformvorhaben (u.a. zur Sicherungsverwahrung).
Die Kommentierungen sind auf höchstem Niveau und bei vielen Delikten erhält der Leser eine sauber abgeleitete, dogmatische Erklärung, die es unter didaktischem Aspekt mit den Ausführungen mancher Standard-Lehrbücher aufnehmen kann. So sorgen die Lektüre der Beleidigungstatbestände, der Abgrenzung zu Raub und Erpressung, der Waffenbegriff und der des gefährlichen Werkzeugs in §§ 250, 244, 224 vor allem bei Studenten für angenehme Lernerfahrungen. Die Erläuterungen zum Raub sind präzise und genau. So wird auch auf das unmittelbare Ansetzen zum § 249 detailliert eingegangen. Der Versuchsbeginn von mehrgliedrigen Tatbeständen sorgt bei Studenten regelmäßig für Probleme, die nach Abschluss der jeweiligen Stellen nicht mehr bestehen sollten.
Vom Layout her wären einige Verbesserungen sicher sinnvoll. So bestehen bei einigen Stellen krasse Missverhältnisse zwischen den reinen Textpassagen und den angeführten Literatur- und Rechtssprechungsverweisen zulasten ersterer. Dies führt oftmals zu einer etwas mühseligen, weil holprigen Lektüre. Zwar wird durch gezielten Fettdruck eine Orientierung geboten, die aber bei einigen Stellen nicht mehr konsequent durchgeführt wird.
Alles in allem ist der Kommentar ein gelungenes Werk und völlig zurecht ein Standard-Kommentar im dogmatischen Dschungel der StGB-Normen. Er ist nicht zuletzt wegen seiner Größe auch Studenten und Referendaren zu empfehlen, die auf anspruchsvolle und zugleich fruchtende Weise ihre Kenntnisse vervielfältigen wollen.
Kristian Kühl
Strafgesetzbuch. Kommentar
C.H. Beck Verlag
2011, 27. Auflage, München, 1661, 52,00 €
ISBN 978-3-406-60993-0